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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Neundtes Buch. Geschichte der Teutschen,
indem so gar gregorivs tvronensis selbst nicht gewiß ist, ob Me-
roveus
von Clodions Hause gewesen, oder nicht3. Jn einigen Teutschen
Chronicken wird von Meroveo erzehlet, daß er die Stadt Erfurt, oder doch
eine Burg in selbiger Gegend gebauet4, in andern, daß er die Stadt Nord-
hausen angeleget, und Merseburg an der Saale mit einer Mauer umgeben5.
Es ist aber dieses alles so beschaffen, daß es weiter keiner Wiederlegung brauchet.

XXX. Die Thüringische Chronicken enthalten, daß Attila auf diesem
Ob Attila in
das ietzige
Thüringen ge-
kommen? Ab-
stammung der
Thüringer.
Zuge gegen Gallien nach Thüringen gekommen. Sie machen viel Aufhebens
von einem grossen Hoflager, so er zu Eisenach gehalten: und geben vor ge-
wiß an, daß Erfurt bey dem allgemeinen Schrecken, so die Herannäherung
der Hunnen verursachet, mit einer Mauer umgeben worden. Ja man hat
vormals wohl wichtige, und Land und Leute betreffende Gerechtsamen mit
dergleichen Erzehlungen bestärcken wollen1. Jn alten Geschichtschreibern findet sich
aber nichts, als daß, nach sidonii Bericht, unter dem Krieges-Heer, so
Attila nach Gallien geführet, auch Thüringer mit gewesen 2: wobey man
nicht siehet, ob sie als Unterthanen, oder als Bundesgenossen gedienet. Fer-
ner ist auch nicht unwahrscheinlich, daß Attila, als er gegen den Rhein gezo-
gen, das Land berühret habe, so seit dem, unter dem Namen Thüringen,
in Teutschland berühmt worden. Da im übrigen noch nicht hat können aus-
gemacht werden, wenn eigentlich und woher die Thüringer in dieses Land gekom-
men, so wäre wohl am wahrscheinlichsten zu vermuthen, daß sie eben
die Thoringi, oder Theruingi, derer oben unter den Gothen so vielmal ge-
dacht worden3, sind: die bey der Zerstreuung der Gothischen Völcker von der
Donau sich entfernet4, und das Land der Hermundurer eingenommen, auch
5
6
7
8

von
3 [Beginn Spaltensatz] Siehe oben §. XXI. not. 4.
4 avtor de landgrauiis Thuringiae c. IV.
Merowygus, rex castrum construxit in monte, ubi
nunc est monasterium S. Petri in Erfordia.
5 Die scriptores hat sagittarivs ange-
führet in antiquitatibus regni Thuringici, L. II.
c.
4. und bereits zur Gnüge wiederleget.
1 §. XXX. 1. conf. caspari sagitta-
rii
antiquitates regni Thuringici L. II. c.
5.
2 Siehe oben §. XXV.
3 Siehe das VII. Buch §. XIII. XVI. & sequ.
4 Das Jahr ist eben nicht auszumachen. Wenn
aber ja die Thüringer, wie andre Gothische Völ-
cker, Attilae Hoheit erkennen müssen, so können sie
sich nach seinem Tod, sowohl als die andern Teut-
[Spaltenumbruch] schen, die mit ihnen gleiches Joch getragen, frey
gemacht haben.
5 Vid. cassiodori uariarum L. III. ep. 3.
welcher Brief ums Jahr 507. geschrieben ist. item
L. V. ep.
43.
6 sagittarivs l. c. L. I. c. 4. §. 8.
7 geographvs ravennas L. IV. c.
25. Per quam Thuringorum patriam transeunt
plurima fluuia, inter caetera, quae dicuntur
BAC, & RHEGANVM, quae in Danubio
merguntur.
Rheganus
ist die Regen. Was BAC
für ein Fluß sey, ist ungewiß. Herr von ECKARD
muthmasset, in opere de LL. Salicis p. 250. es
sey die Nab zu verstehen.
8 evgippivs erzehlet cap. 27. daß die Thü-
ringer Passau zerstöhret: Sed Batauinis genitale
solum relinquere dubitantibus, sic adiecit: qua-

[Ende Spaltensatz]
uis

Neundtes Buch. Geſchichte der Teutſchen,
indem ſo gar gregorivs tvronensis ſelbſt nicht gewiß iſt, ob Me-
roveus
von Clodions Hauſe geweſen, oder nicht3. Jn einigen Teutſchen
Chronicken wird von Meroveo erzehlet, daß er die Stadt Erfurt, oder doch
eine Burg in ſelbiger Gegend gebauet4, in andern, daß er die Stadt Nord-
hauſen angeleget, und Merſeburg an der Saale mit einer Mauer umgeben5.
Es iſt aber dieſes alles ſo beſchaffen, daß es weiter keiner Wiederlegung brauchet.

XXX. Die Thuͤringiſche Chronicken enthalten, daß Attila auf dieſem
Ob Attila in
das ietzige
Thuͤringen ge-
kommen? Ab-
ſtammung der
Thuͤringer.
Zuge gegen Gallien nach Thuͤringen gekommen. Sie machen viel Aufhebens
von einem groſſen Hoflager, ſo er zu Eiſenach gehalten: und geben vor ge-
wiß an, daß Erfurt bey dem allgemeinen Schrecken, ſo die Herannaͤherung
der Hunnen verurſachet, mit einer Mauer umgeben worden. Ja man hat
vormals wohl wichtige, und Land und Leute betreffende Gerechtſamen mit
dergleichen Erzehlungen beſtaͤrcken wollen1. Jn alten Geſchichtſchreibern findet ſich
aber nichts, als daß, nach sidonii Bericht, unter dem Krieges-Heer, ſo
Attila nach Gallien gefuͤhret, auch Thuͤringer mit geweſen 2: wobey man
nicht ſiehet, ob ſie als Unterthanen, oder als Bundesgenoſſen gedienet. Fer-
ner iſt auch nicht unwahrſcheinlich, daß Attila, als er gegen den Rhein gezo-
gen, das Land beruͤhret habe, ſo ſeit dem, unter dem Namen Thuͤringen,
in Teutſchland beruͤhmt worden. Da im uͤbrigen noch nicht hat koͤnnen aus-
gemacht werden, wenn eigentlich und woher die Thuͤringer in dieſes Land gekom-
men, ſo waͤre wohl am wahrſcheinlichſten zu vermuthen, daß ſie eben
die Thoringi, oder Theruingi, derer oben unter den Gothen ſo vielmal ge-
dacht worden3, ſind: die bey der Zerſtreuung der Gothiſchen Voͤlcker von der
Donau ſich entfernet4, und das Land der Hermundurer eingenommen, auch
5
6
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8

von
3 [Beginn Spaltensatz] Siehe oben §. XXI. not. 4.
4 avtor de landgrauiis Thuringiae c. IV.
Merowygus, rex caſtrum conſtruxit in monte, ubi
nunc eſt monaſterium S. Petri in Erfordia.
5 Die ſcriptores hat sagittarivs ange-
fuͤhret in antiquitatibus regni Thuringici, L. II.
c.
4. und bereits zur Gnuͤge wiederleget.
1 §. XXX. 1. conf. caspari sagitta-
rii
antiquitates regni Thuringici L. II. c.
5.
2 Siehe oben §. XXV.
3 Siehe das VII. Buch §. XIII. XVI. & ſequ.
4 Das Jahr iſt eben nicht auszumachen. Wenn
aber ja die Thuͤringer, wie andre Gothiſche Voͤl-
cker, Attilae Hoheit erkennen muͤſſen, ſo koͤnnen ſie
ſich nach ſeinem Tod, ſowohl als die andern Teut-
[Spaltenumbruch] ſchen, die mit ihnen gleiches Joch getragen, frey
gemacht haben.
5 Vid. cassiodori uariarum L. III. ep. 3.
welcher Brief ums Jahr 507. geſchrieben iſt. item
L. V. ep.
43.
6 sagittarivs l. c. L. I. c. 4. §. 8.
7 geographvs ravennas L. IV. c.
25. Per quam Thuringorum patriam tranſeunt
plurima fluuia, inter caetera, quae dicuntur
BAC, & RHEGANVM, quae in Danubio
merguntur.
Rheganus
iſt die Regen. Was BAC
fuͤr ein Fluß ſey, iſt ungewiß. Herr von ECKARD
muthmaſſet, in opere de LL. Salicis p. 250. es
ſey die Nab zu verſtehen.
8 evgippivs erzehlet cap. 27. daß die Thuͤ-
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ſolum relinquere dubitantibus, ſic adiecit: qua-

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[436/0470] Neundtes Buch. Geſchichte der Teutſchen, indem ſo gar gregorivs tvronensis ſelbſt nicht gewiß iſt, ob Me- roveus von Clodions Hauſe geweſen, oder nicht 3. Jn einigen Teutſchen Chronicken wird von Meroveo erzehlet, daß er die Stadt Erfurt, oder doch eine Burg in ſelbiger Gegend gebauet 4, in andern, daß er die Stadt Nord- hauſen angeleget, und Merſeburg an der Saale mit einer Mauer umgeben 5. Es iſt aber dieſes alles ſo beſchaffen, daß es weiter keiner Wiederlegung brauchet. XXX. Die Thuͤringiſche Chronicken enthalten, daß Attila auf dieſem Zuge gegen Gallien nach Thuͤringen gekommen. Sie machen viel Aufhebens von einem groſſen Hoflager, ſo er zu Eiſenach gehalten: und geben vor ge- wiß an, daß Erfurt bey dem allgemeinen Schrecken, ſo die Herannaͤherung der Hunnen verurſachet, mit einer Mauer umgeben worden. Ja man hat vormals wohl wichtige, und Land und Leute betreffende Gerechtſamen mit dergleichen Erzehlungen beſtaͤrcken wollen 1. Jn alten Geſchichtſchreibern findet ſich aber nichts, als daß, nach sidonii Bericht, unter dem Krieges-Heer, ſo Attila nach Gallien gefuͤhret, auch Thuͤringer mit geweſen 2: wobey man nicht ſiehet, ob ſie als Unterthanen, oder als Bundesgenoſſen gedienet. Fer- ner iſt auch nicht unwahrſcheinlich, daß Attila, als er gegen den Rhein gezo- gen, das Land beruͤhret habe, ſo ſeit dem, unter dem Namen Thuͤringen, in Teutſchland beruͤhmt worden. Da im uͤbrigen noch nicht hat koͤnnen aus- gemacht werden, wenn eigentlich und woher die Thuͤringer in dieſes Land gekom- men, ſo waͤre wohl am wahrſcheinlichſten zu vermuthen, daß ſie eben die Thoringi, oder Theruingi, derer oben unter den Gothen ſo vielmal ge- dacht worden 3, ſind: die bey der Zerſtreuung der Gothiſchen Voͤlcker von der Donau ſich entfernet 4, und das Land der Hermundurer eingenommen, auch von 5 6 7 8 Ob Attila in das ietzige Thuͤringen ge- kommen? Ab- ſtammung der Thuͤringer. 3 Siehe oben §. XXI. not. 4. 4 avtor de landgrauiis Thuringiae c. IV. Merowygus, rex caſtrum conſtruxit in monte, ubi nunc eſt monaſterium S. Petri in Erfordia. 5 Die ſcriptores hat sagittarivs ange- fuͤhret in antiquitatibus regni Thuringici, L. II. c. 4. und bereits zur Gnuͤge wiederleget. 1 §. XXX. 1. conf. caspari sagitta- rii antiquitates regni Thuringici L. II. c. 5. 2 Siehe oben §. XXV. 3 Siehe das VII. Buch §. XIII. XVI. & ſequ. 4 Das Jahr iſt eben nicht auszumachen. Wenn aber ja die Thuͤringer, wie andre Gothiſche Voͤl- cker, Attilae Hoheit erkennen muͤſſen, ſo koͤnnen ſie ſich nach ſeinem Tod, ſowohl als die andern Teut- ſchen, die mit ihnen gleiches Joch getragen, frey gemacht haben. 5 Vid. cassiodori uariarum L. III. ep. 3. welcher Brief ums Jahr 507. geſchrieben iſt. item L. V. ep. 43. 6 sagittarivs l. c. L. I. c. 4. §. 8. 7 geographvs ravennas L. IV. c. 25. Per quam Thuringorum patriam tranſeunt plurima fluuia, inter caetera, quae dicuntur BAC, & RHEGANVM, quae in Danubio merguntur. Rheganus iſt die Regen. Was BAC fuͤr ein Fluß ſey, iſt ungewiß. Herr von ECKARD muthmaſſet, in opere de LL. Salicis p. 250. es ſey die Nab zu verſtehen. 8 evgippivs erzehlet cap. 27. daß die Thuͤ- ringer Paſſau zerſtoͤhret: Sed Batauinis genitale ſolum relinquere dubitantibus, ſic adiecit: qua- uis

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/470>, abgerufen am 22.11.2024.