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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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bis zu Ende des Batavischen Krieges.
Rom selbst genähert, und Vitellium in solch Schrecken gesetzet, daß er mit Ve-Die Gallier
schlagen sich
nach Vitellii
Tode zu Ci-
vili.

spasiani Bruder, Sabino, von Aufgabe des Reichs handelte. Aber die Teutschen
Krieges-Völcker, so Vitellius beständig in Diensten behalten, brachten ihn auf
andere Gedancken. Sabinus flüchtete, bey so unvermutheter Veränderung, mit
seinem Anhange ins Capitolium. Vitellii Soldaten belagerten ihn daselbst, und
zündeten dieses Heiligthum des Römischen Reichs an*. So bald aber An-
tonius Primus
und Petilius Cerialis in Rom eingerücket, wendeten sich die
Sachen zum andernmahl. Vitellius ward auf die schmählichste Art hingerich-
tet, und von seinem gantzen Anhange, hatte sich nur ein einiger Teutscher Soldat
gefunden, der etwas zu seiner Befreyung zu unternehmen, gewaget hätte2. Rom
begonnte schon wieder ruhig zu werden: aber diesseit der Alpen verdoppelte sich
die Wuth des Krieges. Ausser daß Civilis bereits offenbar wieder die Römer
agirte, brachen numehro auch unter den Galliern die Anschläge aus, die er, ihnen
beyzubringen, so lange gearbeitet hatte. Die Treviri, und Lingones, waren
die vornehmsten unter denen, die den Schluß faßten, Gallien von den Römern zu
entledigen. Classicus, der aus dem Königlichen Geschlechte der Trevirer ent-
sprossen, und das Commando über eine Alam Trevirorum hatte, warff sich
zum Haupte auf: und nächst ihm Iulius Tutor, und Iulius Sabinus, ein vorneh-
mer Lingo. Es waren auch einige Ubier, und Tungren, von der Partie. Aus-
ser den Verwirrungen, darein das Römische Reich verfallen, und die täglich durch
erdichtete Zeitungen, noch grösser gemacht wurden, hat nichts so sehr die Gallier
angefrischet, als daß in Rom das Capitolium abgebrannt, welches ihnen die Drui-
den, als eine gewisse Vorbedeutung vom Untergange des Römischen Reichs, ange-
priesen3. Sie betrachteten nicht mehr die Grösse ihres Unternehmens, da sie sich
versichert hielten, daß die Götter selbst es so beschlossen. Das erste Complot ward
zu Cöln in einem privat-Hause gemacht, und der Schluß gefasset, bey gegenwärti-
ger Zerrüttung des Römischen Reichs, Gallien zu befreyen, und die Römischen
Generale sicher zu machen, bis sich Gelegenheit zeige, sie umzubringen, da es ein
leichtes seyn würde, den gemeinen Soldaten selbst, der sich wenig gutes zu Vespa-

siano
[Beginn Spaltensatz] armis Germanicarum cohortium, affertur. Man
siehet ferner aus dem dione p. 741. C. daß die-
selben Truppen an der Zerstöhrung des Capitolii den
grösten Theil gehabt. Sed quum incidissent in Germa-
nos custodes Vitellii, misere afflicti discedunt, atque
in Capitolium perfugiunt. Eodem Domitianum,
Vespasiani silium, propinquosque eius, accersunt,
praesidiisque muniunt. Postridie eius diei Vitellia-
ni contra eos irruere: hi impetum illorum propulsa-
uere aliquamdiu: sed quum incensis iis, quae cir-
cum Capitolium erant, igni impedirentur, Vitellia-
ni ascendunt in Capitolium, magnumque numerum
eorum concidunt, direptisque omnibus, quae in Ca-
pitolio reposita erant, ac praeter alia loca, magno
tamplo Iouis Opt. Max. incenso, Sabinum & Atti-
cum, captos, ad Vitellium mittunt.
* tacitvs Hist. L. IV. c. 69-74.
2 [Spaltenumbruch] tacitvs Hist. L. III. c. 85. Vinctae pone
tergum manus: laniata ueste, foedum spectaculum
ducebatur, multis increpantibus, nullo illacryman-
te. Deformitas exitus misericordiam abstulerat.
Obuius e Germanicis militibus Vitellium infesto ictu,
per iram, uel, quo maturius ludibriis eximeret, an
tribunum appetierit, in incerto suit: aurem tribu-
ni amputauit, ac statim confossus est.
3 idem Hist. L. IV. c. 54. Sed nihil aeque,
quam incendium Capitolii, ut finem imperii adesse
crederent, impulerat. Captam olim a Gallis urbem:
sed, integra Iouis sede, mansisse imperium. Fatali
nunc igne signum coelestis irae datum, & possessio-
nem rerum humanarum Transalpinis gentibus por-
tendi, superstitione uana Druidae canebant.

[Ende Spaltensatz]
4. taci-
Q 3

bis zu Ende des Bataviſchen Krieges.
Rom ſelbſt genaͤhert, und Vitellium in ſolch Schrecken geſetzet, daß er mit Ve-Die Gallier
ſchlagen ſich
nach Vitellii
Tode zu Ci-
vili.

ſpaſiani Bruder, Sabino, von Aufgabe des Reichs handelte. Aber die Teutſchen
Krieges-Voͤlcker, ſo Vitellius beſtaͤndig in Dienſten behalten, brachten ihn auf
andere Gedancken. Sabinus fluͤchtete, bey ſo unvermutheter Veraͤnderung, mit
ſeinem Anhange ins Capitolium. Vitellii Soldaten belagerten ihn daſelbſt, und
zuͤndeten dieſes Heiligthum des Roͤmiſchen Reichs an*. So bald aber An-
tonius Primus
und Petilius Cerialis in Rom eingeruͤcket, wendeten ſich die
Sachen zum andernmahl. Vitellius ward auf die ſchmaͤhlichſte Art hingerich-
tet, und von ſeinem gantzen Anhange, hatte ſich nur ein einiger Teutſcher Soldat
gefunden, der etwas zu ſeiner Befreyung zu unternehmen, gewaget haͤtte2. Rom
begonnte ſchon wieder ruhig zu werden: aber dieſſeit der Alpen verdoppelte ſich
die Wuth des Krieges. Auſſer daß Civilis bereits offenbar wieder die Roͤmer
agirte, brachen numehro auch unter den Galliern die Anſchlaͤge aus, die er, ihnen
beyzubringen, ſo lange gearbeitet hatte. Die Treviri, und Lingones, waren
die vornehmſten unter denen, die den Schluß faßten, Gallien von den Roͤmern zu
entledigen. Claſſicus, der aus dem Koͤniglichen Geſchlechte der Trevirer ent-
ſproſſen, und das Commando uͤber eine Alam Trevirorum hatte, warff ſich
zum Haupte auf: und naͤchſt ihm Iulius Tutor, und Iulius Sabinus, ein vorneh-
mer Lingo. Es waren auch einige Ubier, und Tungren, von der Partie. Auſ-
ſer den Verwirrungen, darein das Roͤmiſche Reich verfallen, und die taͤglich durch
erdichtete Zeitungen, noch groͤſſer gemacht wurden, hat nichts ſo ſehr die Gallier
angefriſchet, als daß in Rom das Capitolium abgebrannt, welches ihnen die Drui-
den, als eine gewiſſe Vorbedeutung vom Untergange des Roͤmiſchen Reichs, ange-
prieſen3. Sie betrachteten nicht mehr die Groͤſſe ihres Unternehmens, da ſie ſich
verſichert hielten, daß die Goͤtter ſelbſt es ſo beſchloſſen. Das erſte Complot ward
zu Coͤln in einem privat-Hauſe gemacht, und der Schluß gefaſſet, bey gegenwaͤrti-
ger Zerruͤttung des Roͤmiſchen Reichs, Gallien zu befreyen, und die Roͤmiſchen
Generale ſicher zu machen, bis ſich Gelegenheit zeige, ſie umzubringen, da es ein
leichtes ſeyn wuͤrde, den gemeinen Soldaten ſelbſt, der ſich wenig gutes zu Veſpa-

ſiano
[Beginn Spaltensatz] armis Germanicarum cohortium, affertur. Man
ſiehet ferner aus dem dione p. 741. C. daß die-
ſelben Truppen an der Zerſtoͤhrung des Capitolii den
groͤſten Theil gehabt. Sed quum incidiſſent in Germa-
nos cuſtodes Vitellii, miſere afflicti diſcedunt, atque
in Capitolium perfugiunt. Eodem Domitianum,
Veſpaſiani ſilium, propinquosque eius, accerſunt,
praeſidiisque muniunt. Poſtridie eius diei Vitellia-
ni contra eos irruere: hi impetum illorum propulſa-
uere aliquamdiu: ſed quum incenſis iis, quae cir-
cum Capitolium erant, igni impedirentur, Vitellia-
ni aſcendunt in Capitolium, magnumque numerum
eorum concidunt, direptisque omnibus, quae in Ca-
pitolio repoſita erant, ac praeter alia loca, magno
tamplo Iouis Opt. Max. incenſo, Sabinum & Atti-
cum, captos, ad Vitellium mittunt.
* tacitvs Hiſt. L. IV. c. 69-74.
2 [Spaltenumbruch] tacitvs Hiſt. L. III. c. 85. Vinctae pone
tergum manus: laniata ueſte, foedum ſpectaculum
ducebatur, multis increpantibus, nullo illacryman-
te. Deformitas exitus miſericordiam abſtulerat.
Obuius e Germanicis militibus Vitellium infeſto ictu,
per iram, uel, quo maturius ludibriis eximeret, an
tribunum appetierit, in incerto ſuit: aurem tribu-
ni amputauit, ac ſtatim confoſſus eſt.
3 idem Hiſt. L. IV. c. 54. Sed nihil aeque,
quam incendium Capitolii, ut finem imperii adeſſe
crederent, impulerat. Captam olim a Gallis urbem:
ſed, integra Iouis ſede, manſiſſe imperium. Fatali
nunc igne ſignum coeleſtis irae datum, & poſſeſſio-
nem rerum humanarum Transalpinis gentibus por-
tendi, ſuperſtitione uana Druidae canebant.

[Ende Spaltensatz]
4. taci-
Q 3
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[125/0159] bis zu Ende des Bataviſchen Krieges. Rom ſelbſt genaͤhert, und Vitellium in ſolch Schrecken geſetzet, daß er mit Ve- ſpaſiani Bruder, Sabino, von Aufgabe des Reichs handelte. Aber die Teutſchen Krieges-Voͤlcker, ſo Vitellius beſtaͤndig in Dienſten behalten 1, brachten ihn auf andere Gedancken. Sabinus fluͤchtete, bey ſo unvermutheter Veraͤnderung, mit ſeinem Anhange ins Capitolium. Vitellii Soldaten belagerten ihn daſelbſt, und zuͤndeten dieſes Heiligthum des Roͤmiſchen Reichs an *. So bald aber An- tonius Primus und Petilius Cerialis in Rom eingeruͤcket, wendeten ſich die Sachen zum andernmahl. Vitellius ward auf die ſchmaͤhlichſte Art hingerich- tet, und von ſeinem gantzen Anhange, hatte ſich nur ein einiger Teutſcher Soldat gefunden, der etwas zu ſeiner Befreyung zu unternehmen, gewaget haͤtte 2. Rom begonnte ſchon wieder ruhig zu werden: aber dieſſeit der Alpen verdoppelte ſich die Wuth des Krieges. Auſſer daß Civilis bereits offenbar wieder die Roͤmer agirte, brachen numehro auch unter den Galliern die Anſchlaͤge aus, die er, ihnen beyzubringen, ſo lange gearbeitet hatte. Die Treviri, und Lingones, waren die vornehmſten unter denen, die den Schluß faßten, Gallien von den Roͤmern zu entledigen. Claſſicus, der aus dem Koͤniglichen Geſchlechte der Trevirer ent- ſproſſen, und das Commando uͤber eine Alam Trevirorum hatte, warff ſich zum Haupte auf: und naͤchſt ihm Iulius Tutor, und Iulius Sabinus, ein vorneh- mer Lingo. Es waren auch einige Ubier, und Tungren, von der Partie. Auſ- ſer den Verwirrungen, darein das Roͤmiſche Reich verfallen, und die taͤglich durch erdichtete Zeitungen, noch groͤſſer gemacht wurden, hat nichts ſo ſehr die Gallier angefriſchet, als daß in Rom das Capitolium abgebrannt, welches ihnen die Drui- den, als eine gewiſſe Vorbedeutung vom Untergange des Roͤmiſchen Reichs, ange- prieſen 3. Sie betrachteten nicht mehr die Groͤſſe ihres Unternehmens, da ſie ſich verſichert hielten, daß die Goͤtter ſelbſt es ſo beſchloſſen. Das erſte Complot ward zu Coͤln in einem privat-Hauſe gemacht, und der Schluß gefaſſet, bey gegenwaͤrti- ger Zerruͤttung des Roͤmiſchen Reichs, Gallien zu befreyen, und die Roͤmiſchen Generale ſicher zu machen, bis ſich Gelegenheit zeige, ſie umzubringen, da es ein leichtes ſeyn wuͤrde, den gemeinen Soldaten ſelbſt, der ſich wenig gutes zu Veſpa- ſiano Die Gallier ſchlagen ſich nach Vitellii Tode zu Ci- vili. 1 armis Germanicarum cohortium, affertur. Man ſiehet ferner aus dem dione p. 741. C. daß die- ſelben Truppen an der Zerſtoͤhrung des Capitolii den groͤſten Theil gehabt. Sed quum incidiſſent in Germa- nos cuſtodes Vitellii, miſere afflicti diſcedunt, atque in Capitolium perfugiunt. Eodem Domitianum, Veſpaſiani ſilium, propinquosque eius, accerſunt, praeſidiisque muniunt. Poſtridie eius diei Vitellia- ni contra eos irruere: hi impetum illorum propulſa- uere aliquamdiu: ſed quum incenſis iis, quae cir- cum Capitolium erant, igni impedirentur, Vitellia- ni aſcendunt in Capitolium, magnumque numerum eorum concidunt, direptisque omnibus, quae in Ca- pitolio repoſita erant, ac praeter alia loca, magno tamplo Iouis Opt. Max. incenſo, Sabinum & Atti- cum, captos, ad Vitellium mittunt. * tacitvs Hiſt. L. IV. c. 69-74. 2 tacitvs Hiſt. L. III. c. 85. Vinctae pone tergum manus: laniata ueſte, foedum ſpectaculum ducebatur, multis increpantibus, nullo illacryman- te. Deformitas exitus miſericordiam abſtulerat. Obuius e Germanicis militibus Vitellium infeſto ictu, per iram, uel, quo maturius ludibriis eximeret, an tribunum appetierit, in incerto ſuit: aurem tribu- ni amputauit, ac ſtatim confoſſus eſt. 3 idem Hiſt. L. IV. c. 54. Sed nihil aeque, quam incendium Capitolii, ut finem imperii adeſſe crederent, impulerat. Captam olim a Gallis urbem: ſed, integra Iouis ſede, manſiſſe imperium. Fatali nunc igne ſignum coeleſtis irae datum, & poſſeſſio- nem rerum humanarum Transalpinis gentibus por- tendi, ſuperſtitione uana Druidae canebant. 4. taci- Q 3

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/159>, abgerufen am 22.11.2024.