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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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bis auf QVINTILII VARI Niederlage.
das Vieh niedergemetzelt, wurden ietzt eben so unbarmhertzig hingerichtet. Vala
Numonius
3 suchte die Reuterey durch die Flucht zu retten, ward aber ebenfalls
unterwegens angegriffen, und aufs Haupt erleget. Einige wollten sich ergeben,
retteten aber auch dadurch nicht alle ihr Leben. Die Teutschen opfferten verschie-
dene der Vornehmsten ihren Göttern4, andere wurden auf andere Art hingerich-
tet, und die Bäume in selbiger Gegend5 mit ihren Köpffen, als Sieges-Zeichen
bestecket6, welche greßliche Ehren-Mahle stehen geblieben, bis nachmahls
Germanicus die Gebeine der Römer verscharren lassen. Und überhaupt unter-
blieb nichts, was den Muth der Teutschen kühlen konnte. Die Römer hatten
Vari Leichnam in der Eile verbrennen wollen, und da sie nicht Zeit dazu gehabt, ihn
halb verbrannt, begraben, damit er nicht den Feinden in die Hände gerathen
möchte. Die Teutschen gruben ihn aber aus, und trieben ihren Spott damit7.
Sein Kopff ward zum Zeichen ihres Sieges, dem Könige Maroboduo zugeschicket,
der die Höfflichkeit hatte, ihn nach Rom, in sein Erb-Begräbniß, zu befördern. Jn-
sonderheit haben es unter denen, die sich ergeben, oder gefangen worden, diejeni-
gen übel gehabt, die etwan wieder einen, oder andern Teutschen, bey Gericht bedienet
gewesen8. Die übrigen Gefangenen wurden getheilet, und mancher vornehmer
Römer, der schon einen Fuß im Rath zu haben dachte, muste sich damahls bequeh-
men bey einem Teutschen Landmann, Schäffer, oder Haus-Knecht zu werden9:
Einige sind hernach von ihren Anverwandten loß gekauffet worden, so aber, vermö-
ge der strengen Römischen Krieges-Zucht, nicht wieder nach Rom kommen dorff-
ten, sondern gar ausser Jtalien bleiben musten10.

XXVII. Aber die Teutschen machten sich den Sieg nicht so, als die Rö-Wie sich die
Teutschen ih-
ren Sieg zu
Nutzen ge-
macht.

mer fürchteten, zu Nutzen. Denn an statt über den Rhein zu gehen, wo allemahl
Lust, und Anlaß, zu einer Empöhrung war, hielten sie sich mit Zerstöhrung der
Schlösser auf, so die Römer diesseit des Rheins hatten, und was Drusus, und
Tiberius, an der Embs, Weser, und Saale, für Schantzen mochten angeleget ha-
ben, die geriethen damahls alle den Teutschen in die Hände. Das Schloß zu

Elsen
3 [Beginn Spaltensatz] Einige halten dafür, es sey dieses derienige Vala,
an den horativs seine funffzehende Epistel des I.
Buchs gerichtet.
Quae sit hiems Veliae, quod coelum Vala Salerni.
4 tacitvs l. c.
5 tacitvs l. c.
6 Selbige Gegend ist am wahrscheinlichsten nicht
weit von dem ietzigen Städtgen Horn, in der Pa-
derbornischen Diöcese, zu suchen, allwo, das so genannte
Winfeld, noch den Namen von diesem Siege haben soll.
Siehe, des berühmten Bischofs von Paderborn, fer-
dinandi a fvrstenberg
Monumenta
Paderbornensia p.
22. & 34.
7 florvs L. IV. c. 12. n. 38. Ipsius quoque
Consulis corpus, quod militum pietas humi semiustum
abdiderat, effossum.
velleivs patercvlvs:
Vari corpus, semiustum, hostilis lacerauerat feritas,
caput eius abscissum, latumque ad Maroboduum, & ab
[Spaltenumbruch] eo missum ad Caesarem, gentilitii tandem tumuli se-
pultura honoratum est.
tacitvs L.I.An.I.c.
71.
meldet vom Sesithaco, Segimeri Sohne, quod
corpus Vari illuserit.
8 florvs: L. IV. c. 12. Nihil insultatione
Barbarorum intolerabilius: praecipue tamen in cau-
sarum patronos: aliis oculos, aliis manus amputa-
bant. Vnius os sutum, recisa prius lingun, quam
in manu tenens barbarus: Tandem, inquit, uipera
sibilare desiste.
9 seneca ep. 47. Variana clade quam mul-
tos splendidissime natos, senatorium, per militiam
auspicantes gradum, fortuna depressit, alium ex
illis pastorem, alium custodem casulae fecit.
10 dio. l. c. p. 585. B. Postea temporis non-
nulli quoque captorum redempti sunt, concesso hoc
ipsorum necessariis, ea conditione, ut extra Italiam
manerent.

[Ende Spaltensatz]
§. XXVII.

bis auf QVINTILII VARI Niederlage.
das Vieh niedergemetzelt, wurden ietzt eben ſo unbarmhertzig hingerichtet. Vala
Numonius
3 ſuchte die Reuterey durch die Flucht zu retten, ward aber ebenfalls
unterwegens angegriffen, und aufs Haupt erleget. Einige wollten ſich ergeben,
retteten aber auch dadurch nicht alle ihr Leben. Die Teutſchen opfferten verſchie-
dene der Vornehmſten ihren Goͤttern4, andere wurden auf andere Art hingerich-
tet, und die Baͤume in ſelbiger Gegend5 mit ihren Koͤpffen, als Sieges-Zeichen
beſtecket6, welche greßliche Ehren-Mahle ſtehen geblieben, bis nachmahls
Germanicus die Gebeine der Roͤmer verſcharren laſſen. Und uͤberhaupt unter-
blieb nichts, was den Muth der Teutſchen kuͤhlen konnte. Die Roͤmer hatten
Vari Leichnam in der Eile verbrennen wollen, und da ſie nicht Zeit dazu gehabt, ihn
halb verbrannt, begraben, damit er nicht den Feinden in die Haͤnde gerathen
moͤchte. Die Teutſchen gruben ihn aber aus, und trieben ihren Spott damit7.
Sein Kopff ward zum Zeichen ihres Sieges, dem Koͤnige Maroboduo zugeſchicket,
der die Hoͤfflichkeit hatte, ihn nach Rom, in ſein Erb-Begraͤbniß, zu befoͤrdern. Jn-
ſonderheit haben es unter denen, die ſich ergeben, oder gefangen worden, diejeni-
gen uͤbel gehabt, die etwan wieder einen, oder andern Teutſchen, bey Gericht bedienet
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Roͤmer, der ſchon einen Fuß im Rath zu haben dachte, muſte ſich damahls bequeh-
men bey einem Teutſchen Landmann, Schaͤffer, oder Haus-Knecht zu werden9:
Einige ſind hernach von ihren Anverwandten loß gekauffet worden, ſo aber, vermoͤ-
ge der ſtrengen Roͤmiſchen Krieges-Zucht, nicht wieder nach Rom kommen dorff-
ten, ſondern gar auſſer Jtalien bleiben muſten10.

XXVII. Aber die Teutſchen machten ſich den Sieg nicht ſo, als die Roͤ-Wie ſich die
Teutſchen ih-
ren Sieg zu
Nutzen ge-
macht.

mer fuͤrchteten, zu Nutzen. Denn an ſtatt uͤber den Rhein zu gehen, wo allemahl
Luſt, und Anlaß, zu einer Empoͤhrung war, hielten ſie ſich mit Zerſtoͤhrung der
Schloͤſſer auf, ſo die Roͤmer dieſſeit des Rheins hatten, und was Druſus, und
Tiberius, an der Embs, Weſer, und Saale, fuͤr Schantzen mochten angeleget ha-
ben, die geriethen damahls alle den Teutſchen in die Haͤnde. Das Schloß zu

Elſen
3 [Beginn Spaltensatz] Einige halten dafuͤr, es ſey dieſes derienige Vala,
an den horativs ſeine funffzehende Epiſtel des I.
Buchs gerichtet.
Quae ſit hiems Veliae, quod coelum Vala Salerni.
4 tacitvs l. c.
5 tacitvs l. c.
6 Selbige Gegend iſt am wahrſcheinlichſten nicht
weit von dem ietzigen Staͤdtgen Horn, in der Pa-
derborniſchen Dioͤceſe, zu ſuchen, allwo, das ſo genannte
Winfeld, noch den Namen von dieſem Siege haben ſoll.
Siehe, des beruͤhmten Biſchofs von Paderborn, fer-
dinandi a fvrstenberg
Monumenta
Paderbornenſia p.
22. & 34.
7 florvs L. IV. c. 12. n. 38. Ipſius quoque
Conſulis corpus, quod militum pietas humi ſemiuſtum
abdiderat, effoſſum.
velleivs patercvlvs:
Vari corpus, ſemiuſtum, hoſtilis lacerauerat feritas,
caput eius abſciſſum, latumque ad Maroboduum, & ab
[Spaltenumbruch] eo miſſum ad Caeſarem, gentilitii tandem tumuli ſe-
pultura honoratum eſt.
tacitvs L.I.An.I.c.
71.
meldet vom Seſithaco, Segimeri Sohne, quod
corpus Vari illuſerit.
8 florvs: L. IV. c. 12. Nihil inſultatione
Barbarorum intolerabilius: praecipue tamen in cau-
ſarum patronos: aliis oculos, aliis manus amputa-
bant. Vnius os ſutum, reciſa prius lingun, quam
in manu tenens barbarus: Tandem, inquit, uipera
ſibilare deſiſte.
9 seneca ep. 47. Variana clade quam mul-
tos ſplendidiſſime natos, ſenatorium, per militiam
auſpicantes gradum, fortuna depreſſit, alium ex
illis paſtorem, alium cuſtodem caſulae fecit.
10 dio. l. c. p. 585. B. Poſtea temporis non-
nulli quoque captorum redempti ſunt, conceſſo hoc
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[Ende Spaltensatz]
§. XXVII.
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[79/0113] bis auf QVINTILII VARI Niederlage. das Vieh niedergemetzelt, wurden ietzt eben ſo unbarmhertzig hingerichtet. Vala Numonius 3 ſuchte die Reuterey durch die Flucht zu retten, ward aber ebenfalls unterwegens angegriffen, und aufs Haupt erleget. Einige wollten ſich ergeben, retteten aber auch dadurch nicht alle ihr Leben. Die Teutſchen opfferten verſchie- dene der Vornehmſten ihren Goͤttern 4, andere wurden auf andere Art hingerich- tet, und die Baͤume in ſelbiger Gegend 5 mit ihren Koͤpffen, als Sieges-Zeichen beſtecket 6, welche greßliche Ehren-Mahle ſtehen geblieben, bis nachmahls Germanicus die Gebeine der Roͤmer verſcharren laſſen. Und uͤberhaupt unter- blieb nichts, was den Muth der Teutſchen kuͤhlen konnte. Die Roͤmer hatten Vari Leichnam in der Eile verbrennen wollen, und da ſie nicht Zeit dazu gehabt, ihn halb verbrannt, begraben, damit er nicht den Feinden in die Haͤnde gerathen moͤchte. Die Teutſchen gruben ihn aber aus, und trieben ihren Spott damit 7. Sein Kopff ward zum Zeichen ihres Sieges, dem Koͤnige Maroboduo zugeſchicket, der die Hoͤfflichkeit hatte, ihn nach Rom, in ſein Erb-Begraͤbniß, zu befoͤrdern. Jn- ſonderheit haben es unter denen, die ſich ergeben, oder gefangen worden, diejeni- gen uͤbel gehabt, die etwan wieder einen, oder andern Teutſchen, bey Gericht bedienet geweſen 8. Die uͤbrigen Gefangenen wurden getheilet, und mancher vornehmer Roͤmer, der ſchon einen Fuß im Rath zu haben dachte, muſte ſich damahls bequeh- men bey einem Teutſchen Landmann, Schaͤffer, oder Haus-Knecht zu werden 9: Einige ſind hernach von ihren Anverwandten loß gekauffet worden, ſo aber, vermoͤ- ge der ſtrengen Roͤmiſchen Krieges-Zucht, nicht wieder nach Rom kommen dorff- ten, ſondern gar auſſer Jtalien bleiben muſten 10. XXVII. Aber die Teutſchen machten ſich den Sieg nicht ſo, als die Roͤ- mer fuͤrchteten, zu Nutzen. Denn an ſtatt uͤber den Rhein zu gehen, wo allemahl Luſt, und Anlaß, zu einer Empoͤhrung war, hielten ſie ſich mit Zerſtoͤhrung der Schloͤſſer auf, ſo die Roͤmer dieſſeit des Rheins hatten, und was Druſus, und Tiberius, an der Embs, Weſer, und Saale, fuͤr Schantzen mochten angeleget ha- ben, die geriethen damahls alle den Teutſchen in die Haͤnde. Das Schloß zu Elſen Wie ſich die Teutſchen ih- ren Sieg zu Nutzen ge- macht. 3 Einige halten dafuͤr, es ſey dieſes derienige Vala, an den horativs ſeine funffzehende Epiſtel des I. Buchs gerichtet. Quae ſit hiems Veliae, quod coelum Vala Salerni. 4 tacitvs l. c. 5 tacitvs l. c. 6 Selbige Gegend iſt am wahrſcheinlichſten nicht weit von dem ietzigen Staͤdtgen Horn, in der Pa- derborniſchen Dioͤceſe, zu ſuchen, allwo, das ſo genannte Winfeld, noch den Namen von dieſem Siege haben ſoll. Siehe, des beruͤhmten Biſchofs von Paderborn, fer- dinandi a fvrstenberg Monumenta Paderbornenſia p. 22. & 34. 7 florvs L. IV. c. 12. n. 38. Ipſius quoque Conſulis corpus, quod militum pietas humi ſemiuſtum abdiderat, effoſſum. velleivs patercvlvs: Vari corpus, ſemiuſtum, hoſtilis lacerauerat feritas, caput eius abſciſſum, latumque ad Maroboduum, & ab eo miſſum ad Caeſarem, gentilitii tandem tumuli ſe- pultura honoratum eſt. tacitvs L.I.An.I.c. 71. meldet vom Seſithaco, Segimeri Sohne, quod corpus Vari illuſerit. 8 florvs: L. IV. c. 12. Nihil inſultatione Barbarorum intolerabilius: praecipue tamen in cau- ſarum patronos: aliis oculos, aliis manus amputa- bant. Vnius os ſutum, reciſa prius lingun, quam in manu tenens barbarus: Tandem, inquit, uipera ſibilare deſiſte. 9 seneca ep. 47. Variana clade quam mul- tos ſplendidiſſime natos, ſenatorium, per militiam auſpicantes gradum, fortuna depreſſit, alium ex illis paſtorem, alium cuſtodem caſulae fecit. 10 dio. l. c. p. 585. B. Poſtea temporis non- nulli quoque captorum redempti ſunt, conceſſo hoc ipſorum neceſſariis, ea conditione, ut extra Italiam manerent. §. XXVII.

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/113>, abgerufen am 24.11.2024.