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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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Bankier, die aber nie im Depositum existiren. Soweit sie zum
Girogeschäft dienen, fungiren sie als Kapital für die Bankiers,
nachdem diese sie ausgeliehen haben. Sie zahlen sich unter ein-
ander die wechselseitigen Anweisungen auf die nichtexistirenden
Depositen durch Abrechnung dieser Guthaben gegen einander.

A Smith sagt mit Bezug auf die Rolle, die das Kapital im
Geldverleihen spielt: "Selbst im Geldgeschäft ist jedoch das Geld
gleichsam nur die Anweisung, die die Kapitale, für die ihre Eigen-
thümer keine Verwendung haben, aus einer Hand in die andre
überträgt. Diese Kapitale können fast beliebig grösser sein als
der Geldbetrag, der als Werkzeug ihrer Uebertragung dient; die-
selben Geldstücke dienen nach einander bei vielen verschiednen
Anleihen, ebensogut wie bei vielen verschiednen Einkäufen. Z. B.
A leiht an W 1000 £, womit W sofort von B für 1000 £ Waaren
kauft. Da B. selbst keine Verwendung für das Geld hat, leiht er
die identischen Geldstücke an X, womit X sogleich von C wieder
für 1000 £ Waaren kauft. In derselben Weise und aus dem-
selben Grund verleiht C das Geld an Y, der wieder Waaren damit
von D kauft. So können dieselben Stücke Gold oder Papier im
Lauf weniger Tage zur Vermittlung von drei verschiednen Anleihen
und von drei verschiednen Einkäufen dienen, deren jeder dem
Werth nach gleich ist dem ganzen Betrag dieser Stücke. Was
die drei Geldleute A, B und C den drei Borgern W, X und Y
überwiesen haben, ist die Macht, diese Einkäufe zu machen. In
dieser Macht besteht sowohl der Werth wie der Nutzen dieser
Anleihen. Das von den drei Geldleuten geliehene Kapital ist
gleich dem Werth der Waaren, die damit gekauft werden können,
und ist dreimal grösser als der Werth des Geldes, womit die
Käufe gemacht werden. Trotzdem können alle diese Anleihen
vollkommen sicher sein, da die damit von den verschiednen Schuldnern
gekauften Waaren so angewandt werden, dass sie ihrer Zeit einen
gleichen Werth von Gold- oder Papiergeld, sammt einem Profit, heim-
bringen. Und wie dieselben Geldstücke zur Vermittlung verschiedner
Anleihen bis zu ihrem dreifachen, oder selbst ihrem dreissigfachen
Werth dienen können, ebenso gut können sie nach einander wieder
als Mittel der Rückzahlung dienen." (Book II, chap. IV.)

Da dasselbe Geldstück verschiedne Einkäufe, je nach der Ge-
schwindigkeit seiner Cirkulation, verrichten kann, so kann es eben-
sogut verschiedne Anleihen vollziehn, denn die Einkäufe bringen
es aus einer Hand in die andre, und die Anleihe ist nur eine
Uebertragung von einer Hand in die andre, die durch keinen Kauf

Bankier, die aber nie im Depositum existiren. Soweit sie zum
Girogeschäft dienen, fungiren sie als Kapital für die Bankiers,
nachdem diese sie ausgeliehen haben. Sie zahlen sich unter ein-
ander die wechselseitigen Anweisungen auf die nichtexistirenden
Depositen durch Abrechnung dieser Guthaben gegen einander.

A Smith sagt mit Bezug auf die Rolle, die das Kapital im
Geldverleihen spielt: „Selbst im Geldgeschäft ist jedoch das Geld
gleichsam nur die Anweisung, die die Kapitale, für die ihre Eigen-
thümer keine Verwendung haben, aus einer Hand in die andre
überträgt. Diese Kapitale können fast beliebig grösser sein als
der Geldbetrag, der als Werkzeug ihrer Uebertragung dient; die-
selben Geldstücke dienen nach einander bei vielen verschiednen
Anleihen, ebensogut wie bei vielen verschiednen Einkäufen. Z. B.
A leiht an W 1000 £, womit W sofort von B für 1000 £ Waaren
kauft. Da B. selbst keine Verwendung für das Geld hat, leiht er
die identischen Geldstücke an X, womit X sogleich von C wieder
für 1000 £ Waaren kauft. In derselben Weise und aus dem-
selben Grund verleiht C das Geld an Y, der wieder Waaren damit
von D kauft. So können dieselben Stücke Gold oder Papier im
Lauf weniger Tage zur Vermittlung von drei verschiednen Anleihen
und von drei verschiednen Einkäufen dienen, deren jeder dem
Werth nach gleich ist dem ganzen Betrag dieser Stücke. Was
die drei Geldleute A, B und C den drei Borgern W, X und Y
überwiesen haben, ist die Macht, diese Einkäufe zu machen. In
dieser Macht besteht sowohl der Werth wie der Nutzen dieser
Anleihen. Das von den drei Geldleuten geliehene Kapital ist
gleich dem Werth der Waaren, die damit gekauft werden können,
und ist dreimal grösser als der Werth des Geldes, womit die
Käufe gemacht werden. Trotzdem können alle diese Anleihen
vollkommen sicher sein, da die damit von den verschiednen Schuldnern
gekauften Waaren so angewandt werden, dass sie ihrer Zeit einen
gleichen Werth von Gold- oder Papiergeld, sammt einem Profit, heim-
bringen. Und wie dieselben Geldstücke zur Vermittlung verschiedner
Anleihen bis zu ihrem dreifachen, oder selbst ihrem dreissigfachen
Werth dienen können, ebenso gut können sie nach einander wieder
als Mittel der Rückzahlung dienen.“ (Book II, chap. IV.)

Da dasselbe Geldstück verschiedne Einkäufe, je nach der Ge-
schwindigkeit seiner Cirkulation, verrichten kann, so kann es eben-
sogut verschiedne Anleihen vollziehn, denn die Einkäufe bringen
es aus einer Hand in die andre, und die Anleihe ist nur eine
Uebertragung von einer Hand in die andre, die durch keinen Kauf

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[9/0018] Bankier, die aber nie im Depositum existiren. Soweit sie zum Girogeschäft dienen, fungiren sie als Kapital für die Bankiers, nachdem diese sie ausgeliehen haben. Sie zahlen sich unter ein- ander die wechselseitigen Anweisungen auf die nichtexistirenden Depositen durch Abrechnung dieser Guthaben gegen einander. A Smith sagt mit Bezug auf die Rolle, die das Kapital im Geldverleihen spielt: „Selbst im Geldgeschäft ist jedoch das Geld gleichsam nur die Anweisung, die die Kapitale, für die ihre Eigen- thümer keine Verwendung haben, aus einer Hand in die andre überträgt. Diese Kapitale können fast beliebig grösser sein als der Geldbetrag, der als Werkzeug ihrer Uebertragung dient; die- selben Geldstücke dienen nach einander bei vielen verschiednen Anleihen, ebensogut wie bei vielen verschiednen Einkäufen. Z. B. A leiht an W 1000 £, womit W sofort von B für 1000 £ Waaren kauft. Da B. selbst keine Verwendung für das Geld hat, leiht er die identischen Geldstücke an X, womit X sogleich von C wieder für 1000 £ Waaren kauft. In derselben Weise und aus dem- selben Grund verleiht C das Geld an Y, der wieder Waaren damit von D kauft. So können dieselben Stücke Gold oder Papier im Lauf weniger Tage zur Vermittlung von drei verschiednen Anleihen und von drei verschiednen Einkäufen dienen, deren jeder dem Werth nach gleich ist dem ganzen Betrag dieser Stücke. Was die drei Geldleute A, B und C den drei Borgern W, X und Y überwiesen haben, ist die Macht, diese Einkäufe zu machen. In dieser Macht besteht sowohl der Werth wie der Nutzen dieser Anleihen. Das von den drei Geldleuten geliehene Kapital ist gleich dem Werth der Waaren, die damit gekauft werden können, und ist dreimal grösser als der Werth des Geldes, womit die Käufe gemacht werden. Trotzdem können alle diese Anleihen vollkommen sicher sein, da die damit von den verschiednen Schuldnern gekauften Waaren so angewandt werden, dass sie ihrer Zeit einen gleichen Werth von Gold- oder Papiergeld, sammt einem Profit, heim- bringen. Und wie dieselben Geldstücke zur Vermittlung verschiedner Anleihen bis zu ihrem dreifachen, oder selbst ihrem dreissigfachen Werth dienen können, ebenso gut können sie nach einander wieder als Mittel der Rückzahlung dienen.“ (Book II, chap. IV.) Da dasselbe Geldstück verschiedne Einkäufe, je nach der Ge- schwindigkeit seiner Cirkulation, verrichten kann, so kann es eben- sogut verschiedne Anleihen vollziehn, denn die Einkäufe bringen es aus einer Hand in die andre, und die Anleihe ist nur eine Uebertragung von einer Hand in die andre, die durch keinen Kauf

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/18>, abgerufen am 24.04.2024.