des Mehrwerths als latentes Geldkapital, das erst später, sobald es ge- wissen Umfang erreicht, als zuschüssiges aktives Kapital fungiren soll.
So stellt sich die Sache vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten dar. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion entwickelt sich jedoch gleichzeitig das Kreditsystem. Das Geldkapital, das der Kapitalist noch nicht in seinem eignen Geschäft anwenden kann, wird von Andren angewandt, von denen er Zinsen dafür erhält. Es fungirt für ihn als Geldkapital im specifischen Sinn, als eine vom produktiven Kapital unter- schiedne Sorte Kapital. Aber es wirkt als Kapital in andrer Hand. Es ist klar, dass mit der häufigeren Realisation des Mehrwerth und der stei- genden Stufenleiter, worauf er producirt wird, die Proportion wächst, worin neues Geldkapital oder Geld als Kapital auf den Geldmarkt geworfen und von hier aus wenigstens großentheils wieder für erweiterte Produktion absorbirt wird.
Die einfachste Form, worin sich dies zuschüssige latente Geldkapital darstellen kann, ist die des Schatzes. Es ist möglich, dass dieser Schatz zuschüssiges Gold oder Silber ist, erhalten direkt oder indirekt im Aus- tausch mit den edle Metalle producirenden Ländern. Und nur in dieser Weise wächst der Geldschatz innerhalb eines Landes absolut. Es ist andrerseits möglich -- und dies ist die Mehrzahl der Fälle, -- dass dieser Schatz nichts andres ist als der inländischen Cirkulation entzognes Geld, welches die Form des Schatzes in der Hand einzelner Kapitalisten angenommen hat. Es ist ferner möglich, dass dies latente Geldkapital bloss in Werthzeichen besteht -- wir sehn hier noch vom Kreditgeld ab -- oder auch in blossen, durch legale Dokumente konstatirten Ansprüchen (Rechtstiteln) der Kapitalisten auf dritte Personen. In allen diesen Fällen, welches immer die Daseinsform dieses zuschüssigen Geldkapitals, repräsen- tirt es, soweit es Kapital in spe ist, durchaus nichts als zuschüssige und in Reserve gehaltne Rechtstitel von Kapitalisten auf zukünftige, zu- schüssige jährliche Produktion der Gesellschaft.
"Die Masse des wirklich akkumulirten Reichthums, nach seiner Größe betrachtet, . . . . ist so durchaus unbedeutend im Vergleich mit den Pro- duktivkräften der Gesellschaft, der er angehört, was auch ihre Civilisations- stufe sei; oder auch nur im Vergleich zu der wirklichen Konsumtion dieser selben Gesellschaft während nur weniger Jahre; so unbedeutend, dass die Hauptaufmerksamkeit der Gesetzgeber und der politischen Oekonomen
des Mehrwerths als latentes Geldkapital, das erst später, sobald es ge- wissen Umfang erreicht, als zuschüssiges aktives Kapital fungiren soll.
So stellt sich die Sache vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten dar. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion entwickelt sich jedoch gleichzeitig das Kreditsystem. Das Geldkapital, das der Kapitalist noch nicht in seinem eignen Geschäft anwenden kann, wird von Andren angewandt, von denen er Zinsen dafür erhält. Es fungirt für ihn als Geldkapital im specifischen Sinn, als eine vom produktiven Kapital unter- schiedne Sorte Kapital. Aber es wirkt als Kapital in andrer Hand. Es ist klar, dass mit der häufigeren Realisation des Mehrwerth und der stei- genden Stufenleiter, worauf er producirt wird, die Proportion wächst, worin neues Geldkapital oder Geld als Kapital auf den Geldmarkt geworfen und von hier aus wenigstens großentheils wieder für erweiterte Produktion absorbirt wird.
Die einfachste Form, worin sich dies zuschüssige latente Geldkapital darstellen kann, ist die des Schatzes. Es ist möglich, dass dieser Schatz zuschüssiges Gold oder Silber ist, erhalten direkt oder indirekt im Aus- tausch mit den edle Metalle producirenden Ländern. Und nur in dieser Weise wächst der Geldschatz innerhalb eines Landes absolut. Es ist andrerseits möglich — und dies ist die Mehrzahl der Fälle, — dass dieser Schatz nichts andres ist als der inländischen Cirkulation entzognes Geld, welches die Form des Schatzes in der Hand einzelner Kapitalisten angenommen hat. Es ist ferner möglich, dass dies latente Geldkapital bloss in Werthzeichen besteht — wir sehn hier noch vom Kreditgeld ab — oder auch in blossen, durch legale Dokumente konstatirten Ansprüchen (Rechtstiteln) der Kapitalisten auf dritte Personen. In allen diesen Fällen, welches immer die Daseinsform dieses zuschüssigen Geldkapitals, repräsen- tirt es, soweit es Kapital in spe ist, durchaus nichts als zuschüssige und in Reserve gehaltne Rechtstitel von Kapitalisten auf zukünftige, zu- schüssige jährliche Produktion der Gesellschaft.
„Die Masse des wirklich akkumulirten Reichthums, nach seiner Größe betrachtet, . . . . ist so durchaus unbedeutend im Vergleich mit den Pro- duktivkräften der Gesellschaft, der er angehört, was auch ihre Civilisations- stufe sei; oder auch nur im Vergleich zu der wirklichen Konsumtion dieser selben Gesellschaft während nur weniger Jahre; so unbedeutend, dass die Hauptaufmerksamkeit der Gesetzgeber und der politischen Oekonomen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0343"n="309"/>
des Mehrwerths als latentes Geldkapital, das erst später, sobald es ge-<lb/>
wissen Umfang erreicht, als zuschüssiges aktives Kapital fungiren soll.</p><lb/><p>So stellt sich die Sache vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten<lb/>
dar. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion entwickelt sich<lb/>
jedoch gleichzeitig das Kreditsystem. Das Geldkapital, das der Kapitalist<lb/>
noch nicht in seinem eignen Geschäft anwenden kann, wird von Andren<lb/>
angewandt, von denen er Zinsen dafür erhält. Es fungirt für ihn als<lb/>
Geldkapital im specifischen Sinn, als eine vom produktiven Kapital unter-<lb/>
schiedne Sorte Kapital. Aber es wirkt als Kapital in andrer Hand. Es<lb/>
ist klar, dass mit der häufigeren Realisation des Mehrwerth und der stei-<lb/>
genden Stufenleiter, worauf er producirt wird, die Proportion wächst, worin<lb/>
neues Geldkapital oder Geld als Kapital auf den Geldmarkt geworfen und<lb/>
von hier aus wenigstens großentheils wieder für erweiterte Produktion<lb/>
absorbirt wird.</p><lb/><p>Die einfachste Form, worin sich dies zuschüssige latente Geldkapital<lb/>
darstellen kann, ist die des Schatzes. Es ist möglich, dass dieser Schatz<lb/>
zuschüssiges Gold oder Silber ist, erhalten direkt oder indirekt im Aus-<lb/>
tausch mit den edle Metalle producirenden Ländern. Und nur in dieser<lb/>
Weise wächst der Geldschatz innerhalb eines Landes absolut. Es ist<lb/>
andrerseits möglich — und dies ist die Mehrzahl der Fälle, — dass<lb/>
dieser Schatz nichts andres ist als der inländischen Cirkulation entzognes<lb/>
Geld, welches die Form des Schatzes in der Hand einzelner Kapitalisten<lb/>
angenommen hat. Es ist ferner möglich, dass dies latente Geldkapital<lb/>
bloss in Werthzeichen besteht — wir sehn hier noch vom Kreditgeld ab —<lb/>
oder auch in blossen, durch legale Dokumente konstatirten Ansprüchen<lb/>
(Rechtstiteln) der Kapitalisten auf dritte Personen. In allen diesen Fällen,<lb/>
welches immer die Daseinsform dieses zuschüssigen Geldkapitals, repräsen-<lb/>
tirt es, soweit es Kapital in spe ist, durchaus nichts als zuschüssige und<lb/>
in Reserve gehaltne Rechtstitel von Kapitalisten auf zukünftige, zu-<lb/>
schüssige jährliche Produktion der Gesellschaft.</p><lb/><p>„Die Masse des wirklich akkumulirten Reichthums, nach seiner Größe<lb/>
betrachtet, . . . . ist so durchaus unbedeutend im Vergleich mit den Pro-<lb/>
duktivkräften der Gesellschaft, der er angehört, was auch ihre Civilisations-<lb/>
stufe sei; oder auch nur im Vergleich zu der wirklichen Konsumtion<lb/>
dieser selben Gesellschaft während nur weniger Jahre; so unbedeutend, dass<lb/>
die Hauptaufmerksamkeit der Gesetzgeber und der politischen Oekonomen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[309/0343]
des Mehrwerths als latentes Geldkapital, das erst später, sobald es ge-
wissen Umfang erreicht, als zuschüssiges aktives Kapital fungiren soll.
So stellt sich die Sache vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten
dar. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion entwickelt sich
jedoch gleichzeitig das Kreditsystem. Das Geldkapital, das der Kapitalist
noch nicht in seinem eignen Geschäft anwenden kann, wird von Andren
angewandt, von denen er Zinsen dafür erhält. Es fungirt für ihn als
Geldkapital im specifischen Sinn, als eine vom produktiven Kapital unter-
schiedne Sorte Kapital. Aber es wirkt als Kapital in andrer Hand. Es
ist klar, dass mit der häufigeren Realisation des Mehrwerth und der stei-
genden Stufenleiter, worauf er producirt wird, die Proportion wächst, worin
neues Geldkapital oder Geld als Kapital auf den Geldmarkt geworfen und
von hier aus wenigstens großentheils wieder für erweiterte Produktion
absorbirt wird.
Die einfachste Form, worin sich dies zuschüssige latente Geldkapital
darstellen kann, ist die des Schatzes. Es ist möglich, dass dieser Schatz
zuschüssiges Gold oder Silber ist, erhalten direkt oder indirekt im Aus-
tausch mit den edle Metalle producirenden Ländern. Und nur in dieser
Weise wächst der Geldschatz innerhalb eines Landes absolut. Es ist
andrerseits möglich — und dies ist die Mehrzahl der Fälle, — dass
dieser Schatz nichts andres ist als der inländischen Cirkulation entzognes
Geld, welches die Form des Schatzes in der Hand einzelner Kapitalisten
angenommen hat. Es ist ferner möglich, dass dies latente Geldkapital
bloss in Werthzeichen besteht — wir sehn hier noch vom Kreditgeld ab —
oder auch in blossen, durch legale Dokumente konstatirten Ansprüchen
(Rechtstiteln) der Kapitalisten auf dritte Personen. In allen diesen Fällen,
welches immer die Daseinsform dieses zuschüssigen Geldkapitals, repräsen-
tirt es, soweit es Kapital in spe ist, durchaus nichts als zuschüssige und
in Reserve gehaltne Rechtstitel von Kapitalisten auf zukünftige, zu-
schüssige jährliche Produktion der Gesellschaft.
„Die Masse des wirklich akkumulirten Reichthums, nach seiner Größe
betrachtet, . . . . ist so durchaus unbedeutend im Vergleich mit den Pro-
duktivkräften der Gesellschaft, der er angehört, was auch ihre Civilisations-
stufe sei; oder auch nur im Vergleich zu der wirklichen Konsumtion
dieser selben Gesellschaft während nur weniger Jahre; so unbedeutend, dass
die Hauptaufmerksamkeit der Gesetzgeber und der politischen Oekonomen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/343>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.