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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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der des Bauern. Nur beutet er mehr Lohnarbeit aus. Er wird bald Metair,
Halbpächter. Er stellt einen Theil des Ackerbaukapitals, der Landlord
den andern. Beide theilen das Gesammtprodukt in kontraktlich be-
stimmter Proportion. Diese Form verschwindet in England rasch, um
der des eigentlichen Pächters Platz zu machen, welcher sein eignes Ka-
pital durch Anwendung von Lohnarbeitern verwerthet und einen Theil des
Surplusprodukts, in Geld oder in natura, dem Landlord als Grundrente
zahlt. So lange, während des 15. Jahrhunderts, der unabhängige Bauer
und der neben dem Lohndienst zugleich selbstwirthschaftende Ackerknecht
sich selbst durch ihre Arbeit bereichern, bleiben die Umstände des Päch-
ters und sein Produktionsfeld gleich mittelmässig. Die Agrikulturrevolu-
tion im letzten Drittheil des 15. Jahrhunderts, die fast während des
ganzen 16. Jahrhunderts (jedoch mit Ausnahme seiner letzten Decennien)
fortwährt, bereichert ihn eben so rasch als sie das Landvolk verarmt228).
Die Usurpation von Gemeindeweiden u. s. w. erlaubt ihm grosse Vermeh-
rung seines Viehstands fast ohne Kosten, während ihm das Vieh reich-
lichere Düngungsmittel zur Bestellung des Bodens liefert. Im 16. Jahrh.
kommt ein entscheidend wichtiges Moment hinzu. Damals waren die Pacht-
kontrakte lang, oft für 99 Jahre laufend. Die kontinuirliche Depreciation
der edlen Metalle und daher des Geldes trug dem Pächter goldne Früchte.
Von allen andren, früher erörterten Umständen abgesehn, senkte sie den
Arbeitslohn. Ein Bruchstück desselben wurde dem Pacht-
profit annexirt
. Das fortwährende Steigen der Preise von Korn,
Wolle, Fleisch, kurz sämmtlicher Agrikulturprodukte, schwellte das Geld-
kapital des Pächters ohne sein Zuthun, während die Grundrente, die er zu
zahlen hatte, im veralteten Geldwerth kontrahirt war. So berei-
cherte er sich gleichzeitig auf Kosten seiner Lohnarbeiter und seines Land-
lords. Kein Wunder also, wenn England Ende des 16. Jahrhunderts eine
Klasse für die damaligen Verhältnisse reicher "Kapitalpächter" besass229).


228) "Pächter", sagt Harrison in seiner "Description of England",
"denen es früher schwer ward 4 Pfd. St. Rente zu zahlen, zahlen jetzt 40, 50,
100 Pfd. St. und glauben doch ein schlechtes Geschäft gemacht zu haben, wenn
sie nach Ablauf ihres Pachtkontrakts nicht 6--7 Jahre Rente zurücklegen."
229) In Frankreich wird der Regisseur, der Verwalter und Eintreiber der
Leistungen an den Feudalherrn während des früheren Mittelalters, bald ein

der des Bauern. Nur beutet er mehr Lohnarbeit aus. Er wird bald Metair,
Halbpächter. Er stellt einen Theil des Ackerbaukapitals, der Landlord
den andern. Beide theilen das Gesammtprodukt in kontraktlich be-
stimmter Proportion. Diese Form verschwindet in England rasch, um
der des eigentlichen Pächters Platz zu machen, welcher sein eignes Ka-
pital durch Anwendung von Lohnarbeitern verwerthet und einen Theil des
Surplusprodukts, in Geld oder in natura, dem Landlord als Grundrente
zahlt. So lange, während des 15. Jahrhunderts, der unabhängige Bauer
und der neben dem Lohndienst zugleich selbstwirthschaftende Ackerknecht
sich selbst durch ihre Arbeit bereichern, bleiben die Umstände des Päch-
ters und sein Produktionsfeld gleich mittelmässig. Die Agrikulturrevolu-
tion im letzten Drittheil des 15. Jahrhunderts, die fast während des
ganzen 16. Jahrhunderts (jedoch mit Ausnahme seiner letzten Decennien)
fortwährt, bereichert ihn eben so rasch als sie das Landvolk verarmt228).
Die Usurpation von Gemeindeweiden u. s. w. erlaubt ihm grosse Vermeh-
rung seines Viehstands fast ohne Kosten, während ihm das Vieh reich-
lichere Düngungsmittel zur Bestellung des Bodens liefert. Im 16. Jahrh.
kommt ein entscheidend wichtiges Moment hinzu. Damals waren die Pacht-
kontrakte lang, oft für 99 Jahre laufend. Die kontinuirliche Depreciation
der edlen Metalle und daher des Geldes trug dem Pächter goldne Früchte.
Von allen andren, früher erörterten Umständen abgesehn, senkte sie den
Arbeitslohn. Ein Bruchstück desselben wurde dem Pacht-
profit annexirt
. Das fortwährende Steigen der Preise von Korn,
Wolle, Fleisch, kurz sämmtlicher Agrikulturprodukte, schwellte das Geld-
kapital des Pächters ohne sein Zuthun, während die Grundrente, die er zu
zahlen hatte, im veralteten Geldwerth kontrahirt war. So berei-
cherte er sich gleichzeitig auf Kosten seiner Lohnarbeiter und seines Land-
lords. Kein Wunder also, wenn England Ende des 16. Jahrhunderts eine
Klasse für die damaligen Verhältnisse reicher „Kapitalpächter“ besass229).


228) „Pächter“, sagt Harrison in seiner „Description of England“,
„denen es früher schwer ward 4 Pfd. St. Rente zu zahlen, zahlen jetzt 40, 50,
100 Pfd. St. und glauben doch ein schlechtes Geschäft gemacht zu haben, wenn
sie nach Ablauf ihres Pachtkontrakts nicht 6—7 Jahre Rente zurücklegen.“
229) In Frankreich wird der Régisseur, der Verwalter und Eintreiber der
Leistungen an den Feudalherrn während des früheren Mittelalters, bald ein
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[727/0746] der des Bauern. Nur beutet er mehr Lohnarbeit aus. Er wird bald Metair, Halbpächter. Er stellt einen Theil des Ackerbaukapitals, der Landlord den andern. Beide theilen das Gesammtprodukt in kontraktlich be- stimmter Proportion. Diese Form verschwindet in England rasch, um der des eigentlichen Pächters Platz zu machen, welcher sein eignes Ka- pital durch Anwendung von Lohnarbeitern verwerthet und einen Theil des Surplusprodukts, in Geld oder in natura, dem Landlord als Grundrente zahlt. So lange, während des 15. Jahrhunderts, der unabhängige Bauer und der neben dem Lohndienst zugleich selbstwirthschaftende Ackerknecht sich selbst durch ihre Arbeit bereichern, bleiben die Umstände des Päch- ters und sein Produktionsfeld gleich mittelmässig. Die Agrikulturrevolu- tion im letzten Drittheil des 15. Jahrhunderts, die fast während des ganzen 16. Jahrhunderts (jedoch mit Ausnahme seiner letzten Decennien) fortwährt, bereichert ihn eben so rasch als sie das Landvolk verarmt 228). Die Usurpation von Gemeindeweiden u. s. w. erlaubt ihm grosse Vermeh- rung seines Viehstands fast ohne Kosten, während ihm das Vieh reich- lichere Düngungsmittel zur Bestellung des Bodens liefert. Im 16. Jahrh. kommt ein entscheidend wichtiges Moment hinzu. Damals waren die Pacht- kontrakte lang, oft für 99 Jahre laufend. Die kontinuirliche Depreciation der edlen Metalle und daher des Geldes trug dem Pächter goldne Früchte. Von allen andren, früher erörterten Umständen abgesehn, senkte sie den Arbeitslohn. Ein Bruchstück desselben wurde dem Pacht- profit annexirt. Das fortwährende Steigen der Preise von Korn, Wolle, Fleisch, kurz sämmtlicher Agrikulturprodukte, schwellte das Geld- kapital des Pächters ohne sein Zuthun, während die Grundrente, die er zu zahlen hatte, im veralteten Geldwerth kontrahirt war. So berei- cherte er sich gleichzeitig auf Kosten seiner Lohnarbeiter und seines Land- lords. Kein Wunder also, wenn England Ende des 16. Jahrhunderts eine Klasse für die damaligen Verhältnisse reicher „Kapitalpächter“ besass 229). 228) „Pächter“, sagt Harrison in seiner „Description of England“, „denen es früher schwer ward 4 Pfd. St. Rente zu zahlen, zahlen jetzt 40, 50, 100 Pfd. St. und glauben doch ein schlechtes Geschäft gemacht zu haben, wenn sie nach Ablauf ihres Pachtkontrakts nicht 6—7 Jahre Rente zurücklegen.“ 229) In Frankreich wird der Régisseur, der Verwalter und Eintreiber der Leistungen an den Feudalherrn während des früheren Mittelalters, bald ein

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 727. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/746>, abgerufen am 25.11.2024.