Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.ermächtigt, gewisse Löhne festzusetzen und nach Jahreszeiten und Waaren- 224) Aus einer Klausel des Statuts 2, Jakob I., c. 6 ersieht man, dass gewisse
Tuchmacher sich herausnahmen, als Friedensrichter die Löhne in ihren eigenen Werkstätten zu octroyiren. -- In Deutschland waren namentlich nach dem dreissigjährigen Krieg Statuten zur Niederhaltung des Arbeitslohns häufig. "Sehr lästig war den Gutsherrn in dem menschenleeren Boden der Mangel an Dienst- boten und Arbeitern. Allen Dorfsassen wurde verboten, Kammern an ledige Männer und Frauen zu vermiethen, alle solche Inlieger sollten der Obrigkeit an- gezeigt und ins Gefängniss gesteckt werden, falls sie nicht Dienstboten werden wollten, auch wenn sie sich von andrer Thätigkeit erhielten, den Bauern um Taglohn säeten oder gar mit Geld und Getreide handelten. (Kaiserliche Privilegien und Sanctiones für Schlesien I, 125.) Durch ein ganzes Jahrhundert wird in den Verordnungen der Landesherrn immer wieder bittere Klage geführt über das boshafte und muthwillige Gesindel, das sich in die harten Bedingungen nicht fügen, mit dem gesetzlichen Lohn nicht zufrieden sein will; dem einzelnen Gutsherrn wird verboten, mehr zu geben als die Landschaft in einer Taxe festgesetzt hat. Und doch sind die Be- dingungen des Dienstes nach dem Krieg zuweilen noch besser, als sie 100 Jahre später waren; noch erhielt das Gesinde 1652 in Schlesien zweimal in der Woche Fleisch, noch in unsrem Jahrhundert hat es eben dort Kreise gegeben, wo sie es nur dreimal im Jahr erhielten. Auch der Tagelohn war nach dem Kriege höher als in den folgenden Jahrhunderten." (G. Freitag.) ermächtigt, gewisse Löhne festzusetzen und nach Jahreszeiten und Waaren- 224) Aus einer Klausel des Statuts 2, Jakob I., c. 6 ersieht man, dass gewisse
Tuchmacher sich herausnahmen, als Friedensrichter die Löhne in ihren eigenen Werkstätten zu octroyiren. — In Deutschland waren namentlich nach dem dreissigjährigen Krieg Statuten zur Niederhaltung des Arbeitslohns häufig. „Sehr lästig war den Gutsherrn in dem menschenleeren Boden der Mangel an Dienst- boten und Arbeitern. Allen Dorfsassen wurde verboten, Kammern an ledige Männer und Frauen zu vermiethen, alle solche Inlieger sollten der Obrigkeit an- gezeigt und ins Gefängniss gesteckt werden, falls sie nicht Dienstboten werden wollten, auch wenn sie sich von andrer Thätigkeit erhielten, den Bauern um Taglohn säeten oder gar mit Geld und Getreide handelten. (Kaiserliche Privilegien und Sanctiones für Schlesien I, 125.) Durch ein ganzes Jahrhundert wird in den Verordnungen der Landesherrn immer wieder bittere Klage geführt über das boshafte und muthwillige Gesindel, das sich in die harten Bedingungen nicht fügen, mit dem gesetzlichen Lohn nicht zufrieden sein will; dem einzelnen Gutsherrn wird verboten, mehr zu geben als die Landschaft in einer Taxe festgesetzt hat. Und doch sind die Be- dingungen des Dienstes nach dem Krieg zuweilen noch besser, als sie 100 Jahre später waren; noch erhielt das Gesinde 1652 in Schlesien zweimal in der Woche Fleisch, noch in unsrem Jahrhundert hat es eben dort Kreise gegeben, wo sie es nur dreimal im Jahr erhielten. Auch der Tagelohn war nach dem Kriege höher als in den folgenden Jahrhunderten.“ (G. Freitag.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0743" n="724"/> ermächtigt, gewisse Löhne festzusetzen und nach Jahreszeiten und Waaren-<lb/> preisen zu modificiren. <hi rendition="#g">Jakob</hi> I. dehnte diese Arbeitsregulation auch auf<lb/> Weber, Spinner und alle möglichen Arbeiterkategorieen aus<note place="foot" n="224)">Aus einer Klausel des Statuts 2, Jakob I., c. 6 ersieht man, dass gewisse<lb/> Tuchmacher sich herausnahmen, <hi rendition="#g">als Friedensrichter</hi> die Löhne in ihren<lb/> eigenen Werkstätten zu octroyiren. — In Deutschland waren namentlich nach dem<lb/> dreissigjährigen Krieg Statuten zur Niederhaltung des Arbeitslohns häufig. „Sehr<lb/> lästig war den Gutsherrn in dem menschenleeren Boden der Mangel an Dienst-<lb/> boten und Arbeitern. Allen Dorfsassen wurde verboten, Kammern an ledige<lb/> Männer und Frauen zu vermiethen, alle solche Inlieger sollten der Obrigkeit an-<lb/> gezeigt und ins Gefängniss gesteckt werden, falls sie <hi rendition="#g">nicht Dienstboten</hi><lb/> werden wollten, auch wenn sie sich von andrer Thätigkeit erhielten, den Bauern<lb/> um Taglohn säeten oder gar mit Geld und Getreide handelten. (<hi rendition="#g">Kaiserliche<lb/> Privilegien und Sanctiones für Schlesien</hi> I, 125.) Durch ein ganzes<lb/> Jahrhundert wird in den Verordnungen der Landesherrn immer wieder bittere<lb/> Klage geführt über <hi rendition="#g">das boshafte und muthwillige Gesindel, das sich<lb/> in die harten Bedingungen</hi> nicht fügen, mit dem <hi rendition="#g">gesetzlichen Lohn</hi><lb/> nicht zufrieden sein will; dem einzelnen Gutsherrn wird <hi rendition="#g">verboten</hi>, mehr zu<lb/> geben als die Landschaft in einer Taxe festgesetzt hat. Und doch sind die Be-<lb/> dingungen des Dienstes nach dem Krieg zuweilen <hi rendition="#g">noch besser</hi>, als sie 100 <hi rendition="#g">Jahre<lb/> später</hi> waren; noch erhielt das Gesinde 1652 in Schlesien zweimal in der Woche<lb/> Fleisch, noch in unsrem Jahrhundert hat es eben dort Kreise gegeben, wo sie es<lb/> nur dreimal im Jahr erhielten. Auch der <hi rendition="#g">Tagelohn</hi> war nach dem Kriege höher<lb/> als in den folgenden Jahrhunderten.“ (G. <hi rendition="#g">Freitag</hi>.)</note>, <hi rendition="#g">Georg</hi> II.<lb/> die Gesetze gegen Arbeiterkoalition auf alle Manufakturen. In der eigent-<lb/> lichen Manufakturperiode war die kapitalistische Produktionsweise hin-<lb/> reichend erstarkt, um alle gesetzliche Regulation des Arbeitslohns eben so<lb/> unausführbar als überflüssig zu machen, aber man liebte für den Nothfall<lb/> das alte Arsenal offen zu halten. Noch 8 <hi rendition="#g">George</hi> II. verbot für Schnei-<lb/> dergesellen in London und Umgegend mehr als 2 sh. 7½ d. Taglohn,<lb/> ausser in Fällen allgemeiner Trauer, noch 13 <hi rendition="#g">George</hi> III. c. 68 überwies<lb/> die Reglung des Arbeitslohns der Seidenwirker den Friedensrichtern, noch<lb/> 1796 bedurfte es zweier Urtheile der höheren Gerichtshöfe zur Entschei-<lb/> dung, ob friedensrichterliche Befehle über Arbeitslohn <hi rendition="#g">auch für Nicht-<lb/> Agrikulturarbeiter</hi> gültig seien, noch 1799 bestätigte ein Parlamentsakt,<lb/> dass der Lohn der Grubenarbeiter von Schottland durch ein Statut der<lb/> Elisabeth und zwei schottische Akte von 1661 und 1671 regulirt sei.<lb/> Wie sehr unterdess die Verhältnisse revolutionirt waren, bewies ein im<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [724/0743]
ermächtigt, gewisse Löhne festzusetzen und nach Jahreszeiten und Waaren-
preisen zu modificiren. Jakob I. dehnte diese Arbeitsregulation auch auf
Weber, Spinner und alle möglichen Arbeiterkategorieen aus 224), Georg II.
die Gesetze gegen Arbeiterkoalition auf alle Manufakturen. In der eigent-
lichen Manufakturperiode war die kapitalistische Produktionsweise hin-
reichend erstarkt, um alle gesetzliche Regulation des Arbeitslohns eben so
unausführbar als überflüssig zu machen, aber man liebte für den Nothfall
das alte Arsenal offen zu halten. Noch 8 George II. verbot für Schnei-
dergesellen in London und Umgegend mehr als 2 sh. 7½ d. Taglohn,
ausser in Fällen allgemeiner Trauer, noch 13 George III. c. 68 überwies
die Reglung des Arbeitslohns der Seidenwirker den Friedensrichtern, noch
1796 bedurfte es zweier Urtheile der höheren Gerichtshöfe zur Entschei-
dung, ob friedensrichterliche Befehle über Arbeitslohn auch für Nicht-
Agrikulturarbeiter gültig seien, noch 1799 bestätigte ein Parlamentsakt,
dass der Lohn der Grubenarbeiter von Schottland durch ein Statut der
Elisabeth und zwei schottische Akte von 1661 und 1671 regulirt sei.
Wie sehr unterdess die Verhältnisse revolutionirt waren, bewies ein im
224) Aus einer Klausel des Statuts 2, Jakob I., c. 6 ersieht man, dass gewisse
Tuchmacher sich herausnahmen, als Friedensrichter die Löhne in ihren
eigenen Werkstätten zu octroyiren. — In Deutschland waren namentlich nach dem
dreissigjährigen Krieg Statuten zur Niederhaltung des Arbeitslohns häufig. „Sehr
lästig war den Gutsherrn in dem menschenleeren Boden der Mangel an Dienst-
boten und Arbeitern. Allen Dorfsassen wurde verboten, Kammern an ledige
Männer und Frauen zu vermiethen, alle solche Inlieger sollten der Obrigkeit an-
gezeigt und ins Gefängniss gesteckt werden, falls sie nicht Dienstboten
werden wollten, auch wenn sie sich von andrer Thätigkeit erhielten, den Bauern
um Taglohn säeten oder gar mit Geld und Getreide handelten. (Kaiserliche
Privilegien und Sanctiones für Schlesien I, 125.) Durch ein ganzes
Jahrhundert wird in den Verordnungen der Landesherrn immer wieder bittere
Klage geführt über das boshafte und muthwillige Gesindel, das sich
in die harten Bedingungen nicht fügen, mit dem gesetzlichen Lohn
nicht zufrieden sein will; dem einzelnen Gutsherrn wird verboten, mehr zu
geben als die Landschaft in einer Taxe festgesetzt hat. Und doch sind die Be-
dingungen des Dienstes nach dem Krieg zuweilen noch besser, als sie 100 Jahre
später waren; noch erhielt das Gesinde 1652 in Schlesien zweimal in der Woche
Fleisch, noch in unsrem Jahrhundert hat es eben dort Kreise gegeben, wo sie es
nur dreimal im Jahr erhielten. Auch der Tagelohn war nach dem Kriege höher
als in den folgenden Jahrhunderten.“ (G. Freitag.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |