unmittelbar, wenn auch in engen Grenzen, allgemeine oder gesellschaft- liche Aequivalentform. Diese allgemeine Aequivalentform entsteht und ver- geht mit dem augenblicklichen gesellschaftlichen Contakt, der sie ins Leben rief. Abwechselnd und flüchtig kommt sie dieser und jener Waare zu. Mit der Entwicklung des Waarenaustauschs heftet sie sich aber aus- schliesslich fest an besondere Waarenarten, oder krystallisirt zur Geldform. An welcher Waarenart sie kleben bleibt, ist zunächst zu- fällig. Jedoch entscheiden im Grossen und Ganzen zwei Umstände. Die Geldform heftet sich entweder an die wichtigsten Eintauschartikel aus der Fremde, welche in der That naturwüchsige Erscheinungsfor- men des Tauschwerths der einheimischen Produkte sind. Oder an den Gebrauchsgegenstand, welcher das Hauptelement des einheimischen ver- äusserlichen Besitzthums bildet, wie Vieh z. B. Nomadenvölker ent- wickeln zuerst die Geldform, weil all ihr Hab und Gut sich in beweg- licher, daher unmittelbar veräusserlicher Form befindet, und weil ihre Lebensweise sie beständig mit fremden Gemeinwesen in Contakt bringt, daher zum Produktenaustausch sollicitirt. Die Menschen haben oft den Menschen selbst in der Gestalt des Sklaven zum ursprünglichen Geldmate- rial gemacht, aber niemals den Grund und Boden. Solche Idee konnte nur in bereits ausgebildeter bürgerlicher Gesellschaft aufkommen. Sie datirt vom letzten Drittheil des 17. Jahrhunderts und ihre Ausfüh- rung, auf nationalem Massstab, wurde erst ein Jahrhundert später in der bürgerlichen Revolution der Franzosen versucht.
In demselben Verhältniss, worin der Waarenaustausch seine nur lokalen Bande sprengt, der Waarenwerth sich daher zur Materiatur menschlicher Arbeit überhaupt ausweitet, geht die Geldform auf Waaren über, die von Natur zur gesellschaftlichen Funktion eines all- gemeinen Aequivalents taugen, auf die edlen Metalle.
Dass nun, "obgleich Gold und Silber nicht von Natur Geld, Geld von Natur Gold und Silber ist"37), zeigt die Congruenz ihrer Natur- eigenschaften mit seinen Funktionen38). Bisher kennen wir aber nur
37)Karl Marx l. c. p. 135. "I metalli .... naturalmente mo- neta." (Galiani: "Della Moneta" in Custodi's Sammlung Parte Moderna, t. III, p. 72.)
38) Das Nähere darüber in meiner eben citirten Schrift, Abschnitt: "Die edlen Metalle ".
unmittelbar, wenn auch in engen Grenzen, allgemeine oder gesellschaft- liche Aequivalentform. Diese allgemeine Aequivalentform entsteht und ver- geht mit dem augenblicklichen gesellschaftlichen Contakt, der sie ins Leben rief. Abwechselnd und flüchtig kommt sie dieser und jener Waare zu. Mit der Entwicklung des Waarenaustauschs heftet sie sich aber aus- schliesslich fest an besondere Waarenarten, oder krystallisirt zur Geldform. An welcher Waarenart sie kleben bleibt, ist zunächst zu- fällig. Jedoch entscheiden im Grossen und Ganzen zwei Umstände. Die Geldform heftet sich entweder an die wichtigsten Eintauschartikel aus der Fremde, welche in der That naturwüchsige Erscheinungsfor- men des Tauschwerths der einheimischen Produkte sind. Oder an den Gebrauchsgegenstand, welcher das Hauptelement des einheimischen ver- äusserlichen Besitzthums bildet, wie Vieh z. B. Nomadenvölker ent- wickeln zuerst die Geldform, weil all ihr Hab und Gut sich in beweg- licher, daher unmittelbar veräusserlicher Form befindet, und weil ihre Lebensweise sie beständig mit fremden Gemeinwesen in Contakt bringt, daher zum Produktenaustausch sollicitirt. Die Menschen haben oft den Menschen selbst in der Gestalt des Sklaven zum ursprünglichen Geldmate- rial gemacht, aber niemals den Grund und Boden. Solche Idee konnte nur in bereits ausgebildeter bürgerlicher Gesellschaft aufkommen. Sie datirt vom letzten Drittheil des 17. Jahrhunderts und ihre Ausfüh- rung, auf nationalem Massstab, wurde erst ein Jahrhundert später in der bürgerlichen Revolution der Franzosen versucht.
In demselben Verhältniss, worin der Waarenaustausch seine nur lokalen Bande sprengt, der Waarenwerth sich daher zur Materiatur menschlicher Arbeit überhaupt ausweitet, geht die Geldform auf Waaren über, die von Natur zur gesellschaftlichen Funktion eines all- gemeinen Aequivalents taugen, auf die edlen Metalle.
Dass nun, „obgleich Gold und Silber nicht von Natur Geld, Geld von Natur Gold und Silber ist“37), zeigt die Congruenz ihrer Natur- eigenschaften mit seinen Funktionen38). Bisher kennen wir aber nur
37)Karl Marx l. c. p. 135. „I metalli .... naturalmente mo- neta.“ (Galiani: „Della Moneta“ in Custodi’s Sammlung Parte Moderna, t. III, p. 72.)
38) Das Nähere darüber in meiner eben citirten Schrift, Abschnitt: „Die edlen Metalle “.
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Leben rief. Abwechselnd und flüchtig kommt sie dieser und jener Waare
zu. Mit der Entwicklung des Waarenaustauschs heftet sie sich aber aus-
schliesslich fest an besondere Waarenarten, oder krystallisirt zur
Geldform. An welcher Waarenart sie kleben bleibt, ist zunächst zu-
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men des Tauschwerths der einheimischen Produkte sind. Oder an den
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äusserlichen Besitzthums bildet, wie Vieh z. B. Nomadenvölker ent-
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Lebensweise sie beständig mit fremden Gemeinwesen in Contakt bringt,
daher zum Produktenaustausch sollicitirt. Die Menschen haben oft den
Menschen selbst in der Gestalt des Sklaven zum ursprünglichen Geldmate-
rial gemacht, aber niemals den Grund und Boden. Solche Idee
konnte nur in bereits ausgebildeter bürgerlicher Gesellschaft aufkommen.
Sie datirt vom letzten Drittheil des 17. Jahrhunderts und ihre Ausfüh-
rung, auf nationalem Massstab, wurde erst ein Jahrhundert später in der
bürgerlichen Revolution der Franzosen versucht.
In demselben Verhältniss, worin der Waarenaustausch seine nur
lokalen Bande sprengt, der Waarenwerth sich daher zur Materiatur
menschlicher Arbeit überhaupt ausweitet, geht die Geldform
auf Waaren über, die von Natur zur gesellschaftlichen Funktion eines all-
gemeinen Aequivalents taugen, auf die edlen Metalle.
Dass nun, „obgleich Gold und Silber nicht von Natur Geld, Geld
von Natur Gold und Silber ist“ 37), zeigt die Congruenz ihrer Natur-
eigenschaften mit seinen Funktionen 38). Bisher kennen wir aber nur
37) Karl Marx l. c. p. 135. „I metalli .... naturalmente mo-
neta.“ (Galiani: „Della Moneta“ in Custodi’s Sammlung Parte
Moderna, t. III, p. 72.)
38) Das Nähere darüber in meiner eben citirten Schrift, Abschnitt: „Die
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/69>, abgerufen am 25.11.2024.
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