Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

vertheidigte Malthus, im Anfang der zwanziger Jahre dieses Jahrhun-
derts, eine Theilung der Arbeit, welche dem wirklich in der Produktion
begriffenen Kapitalisten das Geschäft der Accumulation, den andern Theil-
nehmern am Mehrwerth, der Landaristokratie, Staats-, Kirchenpfründnern
u. s. w. das Geschäft der Verschwendung zuweist. Es ist von der höch-
sten Wichtigkeit, sagt er, "die Leidenschaft für Ausgabe und die Leiden-
schaft für Accumulation ("the passion for expenditure and the passion for
accumulation") getrennt zu halten"38). Die Herrn Kapitalisten, seit lange
in Lebe- und Weltmänner verwandelt, schrieen auf. Was, rief einer ihrer
Wortführer, ein Ricardianer, Herr Malthus predigt hohe Grundrenten, hohe
Steuern u. s. w., um dem Industriellen einen fortwährenden Stachel durch
unproduktive Konsumenten aufzudrücken! Allerdings Produktion, Pro-
duktion auf stets erweiterter Stufenleiter, lautet das Schiboleth, aber "Pro-
duktion wird durch einen solchen Prozess weit mehr gehemmt als geför-
dert. Auch ist es nicht ganz billig (nor is it quite fair) eine
Anzahl Personen so im Müssiggang zu erhalten, nur um andre zu kneipen,
aus deren Charakter man schliessen darf, ("who are likely, from their
characters"), dass wenn ihr sie zu funktioniren zwingen könnt, sie mit
Erfolg funktioniren"39). So unbillig er es findet den industriellen Kapi-
talisten zur Accumulation zu stacheln, indem man ihm das Fett von der
Suppe wegschöpft, so nothwendig dünkt ihm den Arbeiter möglichst auf
den Minimallohn zu beschränken, "um ihn arbeitsam zu erhalten". Auch
verheimlicht er keinen Augenblick, dass Aneignung unbezahlter Arbeit das
Geheimniss der Plusmacherei ist. "Vermehrte Nachfrage von Seite der
Arbeiter meint durchaus nichts als ihre Geneigtheit weniger von ihrem
eignen Produkt für sich selbst zu nehmen und einen grössren
Theil davon ihren Anwendern zu überlassen
; und wenn man sagt,
dass diess, durch Verminderung der Konsumtion (auf Seiten der Arbeiter)
glut (Marktüberfüllung, Ueberproduktion) erzeugt, so kann ich nur ant-
worten, dass glut synonym mit hohem Profit ist"40).

Der gelehrte Zank, wie die dem Arbeiter ausgepumpte Beute för-

38) Malthus l. c. p. 319, 320.
39) "An Inquiry into those principles respecting the Nature
of Demand
etc.", p. 67.
40) l. c. p. 50.

vertheidigte Malthus, im Anfang der zwanziger Jahre dieses Jahrhun-
derts, eine Theilung der Arbeit, welche dem wirklich in der Produktion
begriffenen Kapitalisten das Geschäft der Accumulation, den andern Theil-
nehmern am Mehrwerth, der Landaristokratie, Staats-, Kirchenpfründnern
u. s. w. das Geschäft der Verschwendung zuweist. Es ist von der höch-
sten Wichtigkeit, sagt er, „die Leidenschaft für Ausgabe und die Leiden-
schaft für Accumulation („the passion for expenditure and the passion for
accumulation“) getrennt zu halten“38). Die Herrn Kapitalisten, seit lange
in Lebe- und Weltmänner verwandelt, schrieen auf. Was, rief einer ihrer
Wortführer, ein Ricardianer, Herr Malthus predigt hohe Grundrenten, hohe
Steuern u. s. w., um dem Industriellen einen fortwährenden Stachel durch
unproduktive Konsumenten aufzudrücken! Allerdings Produktion, Pro-
duktion auf stets erweiterter Stufenleiter, lautet das Schiboleth, aber „Pro-
duktion wird durch einen solchen Prozess weit mehr gehemmt als geför-
dert. Auch ist es nicht ganz billig (nor is it quite fair) eine
Anzahl Personen so im Müssiggang zu erhalten, nur um andre zu kneipen,
aus deren Charakter man schliessen darf, („who are likely, from their
characters“), dass wenn ihr sie zu funktioniren zwingen könnt, sie mit
Erfolg funktioniren“39). So unbillig er es findet den industriellen Kapi-
talisten zur Accumulation zu stacheln, indem man ihm das Fett von der
Suppe wegschöpft, so nothwendig dünkt ihm den Arbeiter möglichst auf
den Minimallohn zu beschränken, „um ihn arbeitsam zu erhalten“. Auch
verheimlicht er keinen Augenblick, dass Aneignung unbezahlter Arbeit das
Geheimniss der Plusmacherei ist. „Vermehrte Nachfrage von Seite der
Arbeiter meint durchaus nichts als ihre Geneigtheit weniger von ihrem
eignen Produkt für sich selbst zu nehmen und einen grössren
Theil davon ihren Anwendern zu überlassen
; und wenn man sagt,
dass diess, durch Verminderung der Konsumtion (auf Seiten der Arbeiter)
glut (Marktüberfüllung, Ueberproduktion) erzeugt, so kann ich nur ant-
worten, dass glut synonym mit hohem Profit ist“40).

Der gelehrte Zank, wie die dem Arbeiter ausgepumpte Beute för-

38) Malthus l. c. p. 319, 320.
39)An Inquiry into those principles respecting the Nature
of Demand
etc.“, p. 67.
40) l. c. p. 50.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0600" n="581"/>
vertheidigte <hi rendition="#g">Malthus</hi>, im Anfang der zwanziger Jahre dieses Jahrhun-<lb/>
derts, eine Theilung der Arbeit, welche dem wirklich in der Produktion<lb/>
begriffenen Kapitalisten das Geschäft der Accumulation, den andern Theil-<lb/>
nehmern am Mehrwerth, der Landaristokratie, Staats-, Kirchenpfründnern<lb/>
u. s. w. das Geschäft der Verschwendung zuweist. Es ist von der höch-<lb/>
sten Wichtigkeit, sagt er, &#x201E;die Leidenschaft für Ausgabe und die Leiden-<lb/>
schaft für Accumulation (&#x201E;the passion for expenditure and the passion for<lb/>
accumulation&#x201C;) getrennt zu halten&#x201C;<note place="foot" n="38)"><hi rendition="#g">Malthus</hi> l. c. p. 319, 320.</note>. Die Herrn Kapitalisten, seit lange<lb/>
in Lebe- und Weltmänner verwandelt, schrieen auf. Was, rief einer ihrer<lb/>
Wortführer, ein Ricardianer, Herr Malthus predigt hohe Grundrenten, hohe<lb/>
Steuern u. s. w., um dem Industriellen einen fortwährenden Stachel durch<lb/>
unproduktive Konsumenten aufzudrücken! Allerdings Produktion, Pro-<lb/>
duktion auf stets erweiterter Stufenleiter, lautet das Schiboleth, aber &#x201E;Pro-<lb/>
duktion wird durch einen solchen Prozess weit mehr gehemmt als geför-<lb/>
dert. <hi rendition="#g">Auch ist es nicht ganz billig</hi> (nor is it quite fair) eine<lb/>
Anzahl Personen so im Müssiggang zu erhalten, nur um andre zu kneipen,<lb/>
aus deren Charakter man schliessen darf, (&#x201E;who are likely, from their<lb/>
characters&#x201C;), dass wenn ihr sie zu funktioniren zwingen könnt, sie mit<lb/>
Erfolg funktioniren&#x201C;<note place="foot" n="39)">&#x201E;<hi rendition="#g">An Inquiry into those principles respecting the Nature<lb/>
of Demand</hi> etc.&#x201C;, p. 67.</note>. So unbillig er es findet den industriellen Kapi-<lb/>
talisten zur Accumulation zu stacheln, indem man ihm das Fett von der<lb/>
Suppe wegschöpft, so nothwendig dünkt ihm den Arbeiter möglichst auf<lb/>
den Minimallohn zu beschränken, &#x201E;um ihn arbeitsam zu erhalten&#x201C;. Auch<lb/>
verheimlicht er keinen Augenblick, dass Aneignung unbezahlter Arbeit das<lb/>
Geheimniss der Plusmacherei ist. &#x201E;Vermehrte Nachfrage von Seite der<lb/>
Arbeiter meint durchaus nichts als ihre Geneigtheit <hi rendition="#g">weniger von ihrem<lb/>
eignen Produkt für sich selbst zu nehmen und einen grössren<lb/>
Theil davon ihren Anwendern zu überlassen</hi>; und wenn man sagt,<lb/>
dass diess, durch Verminderung der Konsumtion (auf Seiten der Arbeiter)<lb/><hi rendition="#g">glut</hi> (Marktüberfüllung, Ueberproduktion) erzeugt, so kann ich nur ant-<lb/>
worten, dass <hi rendition="#g">glut synonym mit hohem Profit</hi> ist&#x201C;<note place="foot" n="40)">l. c. p. 50.</note>.</p><lb/>
              <p>Der gelehrte Zank, wie die dem Arbeiter ausgepumpte Beute för-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[581/0600] vertheidigte Malthus, im Anfang der zwanziger Jahre dieses Jahrhun- derts, eine Theilung der Arbeit, welche dem wirklich in der Produktion begriffenen Kapitalisten das Geschäft der Accumulation, den andern Theil- nehmern am Mehrwerth, der Landaristokratie, Staats-, Kirchenpfründnern u. s. w. das Geschäft der Verschwendung zuweist. Es ist von der höch- sten Wichtigkeit, sagt er, „die Leidenschaft für Ausgabe und die Leiden- schaft für Accumulation („the passion for expenditure and the passion for accumulation“) getrennt zu halten“ 38). Die Herrn Kapitalisten, seit lange in Lebe- und Weltmänner verwandelt, schrieen auf. Was, rief einer ihrer Wortführer, ein Ricardianer, Herr Malthus predigt hohe Grundrenten, hohe Steuern u. s. w., um dem Industriellen einen fortwährenden Stachel durch unproduktive Konsumenten aufzudrücken! Allerdings Produktion, Pro- duktion auf stets erweiterter Stufenleiter, lautet das Schiboleth, aber „Pro- duktion wird durch einen solchen Prozess weit mehr gehemmt als geför- dert. Auch ist es nicht ganz billig (nor is it quite fair) eine Anzahl Personen so im Müssiggang zu erhalten, nur um andre zu kneipen, aus deren Charakter man schliessen darf, („who are likely, from their characters“), dass wenn ihr sie zu funktioniren zwingen könnt, sie mit Erfolg funktioniren“ 39). So unbillig er es findet den industriellen Kapi- talisten zur Accumulation zu stacheln, indem man ihm das Fett von der Suppe wegschöpft, so nothwendig dünkt ihm den Arbeiter möglichst auf den Minimallohn zu beschränken, „um ihn arbeitsam zu erhalten“. Auch verheimlicht er keinen Augenblick, dass Aneignung unbezahlter Arbeit das Geheimniss der Plusmacherei ist. „Vermehrte Nachfrage von Seite der Arbeiter meint durchaus nichts als ihre Geneigtheit weniger von ihrem eignen Produkt für sich selbst zu nehmen und einen grössren Theil davon ihren Anwendern zu überlassen; und wenn man sagt, dass diess, durch Verminderung der Konsumtion (auf Seiten der Arbeiter) glut (Marktüberfüllung, Ueberproduktion) erzeugt, so kann ich nur ant- worten, dass glut synonym mit hohem Profit ist“ 40). Der gelehrte Zank, wie die dem Arbeiter ausgepumpte Beute för- 38) Malthus l. c. p. 319, 320. 39) „An Inquiry into those principles respecting the Nature of Demand etc.“, p. 67. 40) l. c. p. 50.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/600
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/600>, abgerufen am 15.06.2024.