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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Der Werth der Arbeitskraft kann ferner nicht fallen, also der Mehr-
werth nicht steigen, ohne dass die Produktivkraft der Arbeit
steigt
, z. B. im obigen Fall kann der Werth der Arbeitskraft nicht von
3 auf 2 sh. sinken, ohne dass erhöhte Produktivkraft der Arbeit erlaubt in
4 Stunden dieselbe Masse Lebensmittel zu produciren, die vorher 6 Stun-
den zu ihrer Produktion erheischten. Umgekehrt kann der Werth der Ar-
beitskraft nicht von 3 auf 4 sh. steigen, ohne dass die Produktivkraft der
Arbeit fällt, also 8 Stunden zur Produktion derselben Masse von Lebens-
mitteln erheischt sind, wozu früher 6 Stunden genügten. Dieselbe
Richtung im Wechsel der Produktivkraft der Arbeit, ihre Zunahme oder
Abnahme, wirkt in entgegengesetzter Richtung auf den gleichzei-
tigen Grössenwechsel von Werth der Arbeitskraft und Mehrwerth.

Bei Formulirung dieses Gesetzes übersah Ricardo einen Umstand:
Obgleich der Wechsel in der Grösse des Mehrwerths oder der Mehr-
arbeit einen umgekehrten Wechsel in der Grösse des Werths der Ar-
beitskraft oder der nothwendigen Arbeit bedingt, folgt keineswegs, dass
sie in demselben Verhältniss wechseln. Sie nehmen zu oder ab
um dieselbe Grösse. Das Verhältniss aber, worin jeder Theil
des Werthprodukts oder des Arbeitstags zu- oder abnimmt, hängt von der
ursprünglichen Theilung ab, die vor dem Wechsel in der Produktiv-
kraft der Arbeit stattfand. War der Weith der Arbeitskraft z. B. 4 sh.
oder die nothwendige Arbeitszeit gleich 8 Stunden, also der Mehrwerth
2 sh. oder die Mehrarbeit gleich 4 Stunden, und fällt, in Folge erhöhter
Produktivkraft der Arbeit, der Werth der Arbeitskraft auf 3 sh. oder die
nothwendige Arbeit auf 6 Stunden, so steigt der Mehrwerth auf 3 sh. oder
die Mehrarbeit auf 6 Stunden. Es ist dieselbe Grösse von zwei
Stunden oder 1 sh., die dort zugefügt, hier weggenommen wird. Aber
das Verhältniss des Grössenwechsels ist auf beiden Seiten
verschieden. Während der Werth der Arbeitskraft von 4 sh. auf 3,
also um 1/4 oder 25 % sinkt, steigt der Mehrwerth von 2 sh. auf 3, also
um 1/2 oder 50 %. Es folgt daher, dass die proportionelle Zu- oder
Abnahme des Mehrwerths, in Folge eines gegebnen Wechsels in der Pro-
duktivkraft der Arbeit, um so grösser, je kleiner, und um so kleiner, je
grösser ursprünglich der Theil des Arbeitstags war, der sich in Mehrwerth
darstellt.

Drittens: Zu- oder Abnahme des Mehrwerths ist stets

Der Werth der Arbeitskraft kann ferner nicht fallen, also der Mehr-
werth nicht steigen, ohne dass die Produktivkraft der Arbeit
steigt
, z. B. im obigen Fall kann der Werth der Arbeitskraft nicht von
3 auf 2 sh. sinken, ohne dass erhöhte Produktivkraft der Arbeit erlaubt in
4 Stunden dieselbe Masse Lebensmittel zu produciren, die vorher 6 Stun-
den zu ihrer Produktion erheischten. Umgekehrt kann der Werth der Ar-
beitskraft nicht von 3 auf 4 sh. steigen, ohne dass die Produktivkraft der
Arbeit fällt, also 8 Stunden zur Produktion derselben Masse von Lebens-
mitteln erheischt sind, wozu früher 6 Stunden genügten. Dieselbe
Richtung im Wechsel der Produktivkraft der Arbeit, ihre Zunahme oder
Abnahme, wirkt in entgegengesetzter Richtung auf den gleichzei-
tigen Grössenwechsel von Werth der Arbeitskraft und Mehrwerth.

Bei Formulirung dieses Gesetzes übersah Ricardo einen Umstand:
Obgleich der Wechsel in der Grösse des Mehrwerths oder der Mehr-
arbeit einen umgekehrten Wechsel in der Grösse des Werths der Ar-
beitskraft oder der nothwendigen Arbeit bedingt, folgt keineswegs, dass
sie in demselben Verhältniss wechseln. Sie nehmen zu oder ab
um dieselbe Grösse. Das Verhältniss aber, worin jeder Theil
des Werthprodukts oder des Arbeitstags zu- oder abnimmt, hängt von der
ursprünglichen Theilung ab, die vor dem Wechsel in der Produktiv-
kraft der Arbeit stattfand. War der Weith der Arbeitskraft z. B. 4 sh.
oder die nothwendige Arbeitszeit gleich 8 Stunden, also der Mehrwerth
2 sh. oder die Mehrarbeit gleich 4 Stunden, und fällt, in Folge erhöhter
Produktivkraft der Arbeit, der Werth der Arbeitskraft auf 3 sh. oder die
nothwendige Arbeit auf 6 Stunden, so steigt der Mehrwerth auf 3 sh. oder
die Mehrarbeit auf 6 Stunden. Es ist dieselbe Grösse von zwei
Stunden oder 1 sh., die dort zugefügt, hier weggenommen wird. Aber
das Verhältniss des Grössenwechsels ist auf beiden Seiten
verschieden. Während der Werth der Arbeitskraft von 4 sh. auf 3,
also um ¼ oder 25 % sinkt, steigt der Mehrwerth von 2 sh. auf 3, also
um ½ oder 50 %. Es folgt daher, dass die proportionelle Zu- oder
Abnahme des Mehrwerths, in Folge eines gegebnen Wechsels in der Pro-
duktivkraft der Arbeit, um so grösser, je kleiner, und um so kleiner, je
grösser ursprünglich der Theil des Arbeitstags war, der sich in Mehrwerth
darstellt.

Drittens: Zu- oder Abnahme des Mehrwerths ist stets

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[507/0526] Der Werth der Arbeitskraft kann ferner nicht fallen, also der Mehr- werth nicht steigen, ohne dass die Produktivkraft der Arbeit steigt, z. B. im obigen Fall kann der Werth der Arbeitskraft nicht von 3 auf 2 sh. sinken, ohne dass erhöhte Produktivkraft der Arbeit erlaubt in 4 Stunden dieselbe Masse Lebensmittel zu produciren, die vorher 6 Stun- den zu ihrer Produktion erheischten. Umgekehrt kann der Werth der Ar- beitskraft nicht von 3 auf 4 sh. steigen, ohne dass die Produktivkraft der Arbeit fällt, also 8 Stunden zur Produktion derselben Masse von Lebens- mitteln erheischt sind, wozu früher 6 Stunden genügten. Dieselbe Richtung im Wechsel der Produktivkraft der Arbeit, ihre Zunahme oder Abnahme, wirkt in entgegengesetzter Richtung auf den gleichzei- tigen Grössenwechsel von Werth der Arbeitskraft und Mehrwerth. Bei Formulirung dieses Gesetzes übersah Ricardo einen Umstand: Obgleich der Wechsel in der Grösse des Mehrwerths oder der Mehr- arbeit einen umgekehrten Wechsel in der Grösse des Werths der Ar- beitskraft oder der nothwendigen Arbeit bedingt, folgt keineswegs, dass sie in demselben Verhältniss wechseln. Sie nehmen zu oder ab um dieselbe Grösse. Das Verhältniss aber, worin jeder Theil des Werthprodukts oder des Arbeitstags zu- oder abnimmt, hängt von der ursprünglichen Theilung ab, die vor dem Wechsel in der Produktiv- kraft der Arbeit stattfand. War der Weith der Arbeitskraft z. B. 4 sh. oder die nothwendige Arbeitszeit gleich 8 Stunden, also der Mehrwerth 2 sh. oder die Mehrarbeit gleich 4 Stunden, und fällt, in Folge erhöhter Produktivkraft der Arbeit, der Werth der Arbeitskraft auf 3 sh. oder die nothwendige Arbeit auf 6 Stunden, so steigt der Mehrwerth auf 3 sh. oder die Mehrarbeit auf 6 Stunden. Es ist dieselbe Grösse von zwei Stunden oder 1 sh., die dort zugefügt, hier weggenommen wird. Aber das Verhältniss des Grössenwechsels ist auf beiden Seiten verschieden. Während der Werth der Arbeitskraft von 4 sh. auf 3, also um ¼ oder 25 % sinkt, steigt der Mehrwerth von 2 sh. auf 3, also um ½ oder 50 %. Es folgt daher, dass die proportionelle Zu- oder Abnahme des Mehrwerths, in Folge eines gegebnen Wechsels in der Pro- duktivkraft der Arbeit, um so grösser, je kleiner, und um so kleiner, je grösser ursprünglich der Theil des Arbeitstags war, der sich in Mehrwerth darstellt. Drittens: Zu- oder Abnahme des Mehrwerths ist stets

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/526>, abgerufen am 21.11.2024.