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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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darum so viel grosse Werke angelegt werden konnten"3).
Indess sind die grossen Bauwerke des alten Aegyptens dem Umfang seiner
Bevölkerung weniger geschuldet als der grossen Proportion, worin sie dis-
ponibel war. Wie der individuelle Arbeiter um so mehr Mehrarbeit liefern
kann, je geringer seine nothwendige Arbeitszeit, so, je geringer der zur
Produktion der nothwendigen Lebensmittel erheischte Theil der Arbeiter-
bevölkerung, desto grösser der für andres Werk disponible Theil.

Die kapitalistische Produktion einmal vorausgesetzt, wird, unter sonst
gleichbleibenden Umständen und bei gegebner Länge des Arbeitstags, die
Grösse der Mehrarbeit mit den Naturbedingungen der Arbeit, namentlich
auch der Bodenfruchtbarkeit, variiren. Es folgt aber keineswegs umge-
kehrt, dass der fruchtbarste Boden der geeignetste zum Wachsthum der
kapitalistischen Produktionsweise. Sie unterstellt Herrschaft des Men-
schen über die Natur. Eine zu verschwenderische Natur "hält ihn an ihrer
Hand wie ein Kind am Gängelband". Sie macht seine eigne Entwicklung
nicht zu einer Naturnothwendigkeit4). Nicht das tropische Klima mit
seiner überwuchernden Vegetation, sondern die gemässigte Zone ist das
Mutterland des Kapitals. Es ist nicht die absolute Fruchtbarkeit des
Bodens, sondern seine Differenzirung, die Mannigfaltigkeit seiner natür-
lichen Produkte, welche die Naturgrundlage der gesellschaftlichen Theilung
der Arbeit bildet, und den Menschen durch den Wechsel der Naturum-
stände, innerhalb deren er haust, zur Vermannigfachung seiner eignen Be-

3) Diodor l. c. l. I, c. 80.
4) "The first (natural wealth), as it is most noble and advantageous, so
doth it make the people careless, proud, and given to all excesses; whereas the
second enforceth vigilancy, literature, arts and policy." ("England's Trea-
sure by Foreign Trade. Or the Balance of our Foreign Trade is
the Rule of our Treasure. Written by Thomas Mun, of London,
Merchant, and now published for the common good by his son
John Mun. Lond
. 1669", p. 181, 182.) "Nor can I conceive a greater
course upon a body of people, than to be thrown upon a spot of land, where the
productions for subsistence and food
were, in great measure, spon-
taneous
, and the climate required or admitted little care for raiment and covering
. . . . there may be an extreme on the other side. A soil incapable of produce
by labour is quite as bad as a soil that produces plentifully without any labour."
("An Inquiry into the Present High Price of Provisions. Lond.
1767", p. 10.)

darum so viel grosse Werke angelegt werden konnten3).
Indess sind die grossen Bauwerke des alten Aegyptens dem Umfang seiner
Bevölkerung weniger geschuldet als der grossen Proportion, worin sie dis-
ponibel war. Wie der individuelle Arbeiter um so mehr Mehrarbeit liefern
kann, je geringer seine nothwendige Arbeitszeit, so, je geringer der zur
Produktion der nothwendigen Lebensmittel erheischte Theil der Arbeiter-
bevölkerung, desto grösser der für andres Werk disponible Theil.

Die kapitalistische Produktion einmal vorausgesetzt, wird, unter sonst
gleichbleibenden Umständen und bei gegebner Länge des Arbeitstags, die
Grösse der Mehrarbeit mit den Naturbedingungen der Arbeit, namentlich
auch der Bodenfruchtbarkeit, variiren. Es folgt aber keineswegs umge-
kehrt, dass der fruchtbarste Boden der geeignetste zum Wachsthum der
kapitalistischen Produktionsweise. Sie unterstellt Herrschaft des Men-
schen über die Natur. Eine zu verschwenderische Natur „hält ihn an ihrer
Hand wie ein Kind am Gängelband“. Sie macht seine eigne Entwicklung
nicht zu einer Naturnothwendigkeit4). Nicht das tropische Klima mit
seiner überwuchernden Vegetation, sondern die gemässigte Zone ist das
Mutterland des Kapitals. Es ist nicht die absolute Fruchtbarkeit des
Bodens, sondern seine Differenzirung, die Mannigfaltigkeit seiner natür-
lichen Produkte, welche die Naturgrundlage der gesellschaftlichen Theilung
der Arbeit bildet, und den Menschen durch den Wechsel der Naturum-
stände, innerhalb deren er haust, zur Vermannigfachung seiner eignen Be-

3) Diodor l. c. l. I, c. 80.
4) „The first (natural wealth), as it is most noble and advantageous, so
doth it make the people careless, proud, and given to all excesses; whereas the
second enforceth vigilancy, literature, arts and policy.“ („England’s Trea-
sure by Foreign Trade. Or the Balance of our Foreign Trade is
the Rule of our Treasure. Written by Thomas Mun, of London,
Merchant, and now published for the common good by his son
John Mun. Lond
. 1669“, p. 181, 182.) „Nor can I conceive a greater
course upon a body of people, than to be thrown upon a spot of land, where the
productions for subsistence and food
were, in great measure, spon-
taneous
, and the climate required or admitted little care for raiment and covering
. . . . there may be an extreme on the other side. A soil incapable of produce
by labour is quite as bad as a soil that produces plentifully without any labour.“
(„An Inquiry into the Present High Price of Provisions. Lond.
1767“, p. 10.)
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[502/0521] darum so viel grosse Werke angelegt werden konnten“ 3). Indess sind die grossen Bauwerke des alten Aegyptens dem Umfang seiner Bevölkerung weniger geschuldet als der grossen Proportion, worin sie dis- ponibel war. Wie der individuelle Arbeiter um so mehr Mehrarbeit liefern kann, je geringer seine nothwendige Arbeitszeit, so, je geringer der zur Produktion der nothwendigen Lebensmittel erheischte Theil der Arbeiter- bevölkerung, desto grösser der für andres Werk disponible Theil. Die kapitalistische Produktion einmal vorausgesetzt, wird, unter sonst gleichbleibenden Umständen und bei gegebner Länge des Arbeitstags, die Grösse der Mehrarbeit mit den Naturbedingungen der Arbeit, namentlich auch der Bodenfruchtbarkeit, variiren. Es folgt aber keineswegs umge- kehrt, dass der fruchtbarste Boden der geeignetste zum Wachsthum der kapitalistischen Produktionsweise. Sie unterstellt Herrschaft des Men- schen über die Natur. Eine zu verschwenderische Natur „hält ihn an ihrer Hand wie ein Kind am Gängelband“. Sie macht seine eigne Entwicklung nicht zu einer Naturnothwendigkeit 4). Nicht das tropische Klima mit seiner überwuchernden Vegetation, sondern die gemässigte Zone ist das Mutterland des Kapitals. Es ist nicht die absolute Fruchtbarkeit des Bodens, sondern seine Differenzirung, die Mannigfaltigkeit seiner natür- lichen Produkte, welche die Naturgrundlage der gesellschaftlichen Theilung der Arbeit bildet, und den Menschen durch den Wechsel der Naturum- stände, innerhalb deren er haust, zur Vermannigfachung seiner eignen Be- 3) Diodor l. c. l. I, c. 80. 4) „The first (natural wealth), as it is most noble and advantageous, so doth it make the people careless, proud, and given to all excesses; whereas the second enforceth vigilancy, literature, arts and policy.“ („England’s Trea- sure by Foreign Trade. Or the Balance of our Foreign Trade is the Rule of our Treasure. Written by Thomas Mun, of London, Merchant, and now published for the common good by his son John Mun. Lond. 1669“, p. 181, 182.) „Nor can I conceive a greater course upon a body of people, than to be thrown upon a spot of land, where the productions for subsistence and food were, in great measure, spon- taneous, and the climate required or admitted little care for raiment and covering . . . . there may be an extreme on the other side. A soil incapable of produce by labour is quite as bad as a soil that produces plentifully without any labour.“ („An Inquiry into the Present High Price of Provisions. Lond. 1767“, p. 10.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/521>, abgerufen am 22.11.2024.