Werk zu befähigen, ist keine intellektuelle Ziehung irgend einer Art nöthig; sie haben wenig Gelegenheit für Geschick und noch weniger für Urtheil; ihr Lohn, obgleich gewissermassen hoch für Jungen, wächst nicht verhält- mässig, wie sie selbst heranwachsen und die grosse Mehrzahl hat keine Aussicht auf den einträglicheren und verantwortlicheren Posten des Ma- schinenaufsehers, weil auf jede Maschine nur ein Aufseher und oft 4 Jungen kommen"303). Sobald sie zu alt für ihre kindische Arbeit werden, also wenigstens im 17. Jahr, entlässt man sie aus der Druckerei. Sie werden zu Rekruten des Verbrechens. Einige Versuche ihnen anderswo Beschäf- tigung zu verschaffen, scheiterten an ihrer Unwissenheit, Rohheit, körper- lichen und geistigen Verkommenheit.
Was von der manufakturmässigen Theilung der Arbeit im Innern der Werkstatt, gilt von der Theilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft. So lange Handwerk und Manufaktur die allgemeine Grund- lage der gesellschaftlichen Produktion bilden, ist die Subsumtion des Produ- centen unter einen ausschliesslichen Produktionszweig, die Zerreissung der ursprünglichen Mannigfaltigkeit seiner Beschäftigungen304), ein nothwendiges Entwicklungsmoment. Auf jener Grundlage findet jeder besondre Produk- tionszweig empirisch die ihm entsprechende technologische Gestalt, vervoll- kommnet sie langsam und krystallisirt sie rasch, sobald ein gewisser Reifegrad erlangt ist. Was hier und da Wechsel hervorruft, ist ausser neuem Arbeits- stoff, den der Handel liefert, die allmälige Aenderung des Arbeitsinstru- ments. Die erfahrungsmässig entsprechende Form einmal gewonnen, ver- knöchert auch es, wie sein oft jahrtausendlanger Uebergang aus der Hand einer Generation in die der andern beweist. Es ist charakteristisch, dass bis ins
303) l. c. p. 7, n. 59, 60.
304) "In einigen Theilen von Hochschottland ... erschienen viele Schaf- hirten und cotters mit Frau und Kind, nach dem Statistical Account, in Schuhen, die sie selbst gemacht aus Leder, das sie selbst gegerbt, in Kleidern, die keine Hand ausser ihrer eignen angetastet, deren Material sie selbst von den Schafen geschoren oder wofür sie den Flachs selbst gebaut hatten. In die Zu- bereitung der Kleider ging kaum irgend ein gekaufter Artikel ein, mit Ausnahme von Pfrieme, Nadel, Fingerhut und sehr wenigen Theilen des im Weben ange- wandten Eisenwerks. Die Farben wurden von den Weibern selbst von Bäumen, Gesträuchen und Kräutern gewonnen u. s. w." (Dugald Stewart l. c. p. 327.)
Werk zu befähigen, ist keine intellektuelle Ziehung irgend einer Art nöthig; sie haben wenig Gelegenheit für Geschick und noch weniger für Urtheil; ihr Lohn, obgleich gewissermassen hoch für Jungen, wächst nicht verhält- mässig, wie sie selbst heranwachsen und die grosse Mehrzahl hat keine Aussicht auf den einträglicheren und verantwortlicheren Posten des Ma- schinenaufsehers, weil auf jede Maschine nur ein Aufseher und oft 4 Jungen kommen“303). Sobald sie zu alt für ihre kindische Arbeit werden, also wenigstens im 17. Jahr, entlässt man sie aus der Druckerei. Sie werden zu Rekruten des Verbrechens. Einige Versuche ihnen anderswo Beschäf- tigung zu verschaffen, scheiterten an ihrer Unwissenheit, Rohheit, körper- lichen und geistigen Verkommenheit.
Was von der manufakturmässigen Theilung der Arbeit im Innern der Werkstatt, gilt von der Theilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft. So lange Handwerk und Manufaktur die allgemeine Grund- lage der gesellschaftlichen Produktion bilden, ist die Subsumtion des Produ- centen unter einen ausschliesslichen Produktionszweig, die Zerreissung der ursprünglichen Mannigfaltigkeit seiner Beschäftigungen304), ein nothwendiges Entwicklungsmoment. Auf jener Grundlage findet jeder besondre Produk- tionszweig empirisch die ihm entsprechende technologische Gestalt, vervoll- kommnet sie langsam und krystallisirt sie rasch, sobald ein gewisser Reifegrad erlangt ist. Was hier und da Wechsel hervorruft, ist ausser neuem Arbeits- stoff, den der Handel liefert, die allmälige Aenderung des Arbeitsinstru- ments. Die erfahrungsmässig entsprechende Form einmal gewonnen, ver- knöchert auch es, wie sein oft jahrtausendlanger Uebergang aus der Hand einer Generation in die der andern beweist. Es ist charakteristisch, dass bis ins
303) l. c. p. 7, n. 59, 60.
304) „In einigen Theilen von Hochschottland … erschienen viele Schaf- hirten und cotters mit Frau und Kind, nach dem Statistical Account, in Schuhen, die sie selbst gemacht aus Leder, das sie selbst gegerbt, in Kleidern, die keine Hand ausser ihrer eignen angetastet, deren Material sie selbst von den Schafen geschoren oder wofür sie den Flachs selbst gebaut hatten. In die Zu- bereitung der Kleider ging kaum irgend ein gekaufter Artikel ein, mit Ausnahme von Pfrieme, Nadel, Fingerhut und sehr wenigen Theilen des im Weben ange- wandten Eisenwerks. Die Farben wurden von den Weibern selbst von Bäumen, Gesträuchen und Kräutern gewonnen u. s. w.“ (Dugald Stewart l. c. p. 327.)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0497"n="478"/>
Werk zu befähigen, ist keine intellektuelle Ziehung irgend einer Art nöthig;<lb/>
sie haben wenig Gelegenheit für Geschick und noch weniger für Urtheil;<lb/>
ihr Lohn, obgleich gewissermassen hoch für Jungen, wächst nicht verhält-<lb/>
mässig, wie sie selbst heranwachsen und die grosse Mehrzahl hat keine<lb/>
Aussicht auf den einträglicheren und verantwortlicheren Posten des Ma-<lb/>
schinenaufsehers, weil auf jede Maschine nur ein Aufseher und oft 4 Jungen<lb/>
kommen“<noteplace="foot"n="303)">l. c. p. 7, n. 59, 60.</note>. Sobald sie zu alt für ihre kindische Arbeit werden, also<lb/>
wenigstens im 17. Jahr, entlässt man sie aus der Druckerei. Sie werden<lb/>
zu Rekruten des Verbrechens. Einige Versuche ihnen anderswo Beschäf-<lb/>
tigung zu verschaffen, scheiterten an ihrer Unwissenheit, Rohheit, körper-<lb/>
lichen und geistigen Verkommenheit.</p><lb/><p>Was von der <hirendition="#g">manufakturmässigen Theilung der Arbeit</hi> im<lb/>
Innern der Werkstatt, gilt von der <hirendition="#g">Theilung der Arbeit im Innern der<lb/>
Gesellschaft</hi>. So lange Handwerk und Manufaktur die allgemeine Grund-<lb/>
lage der gesellschaftlichen Produktion bilden, ist die Subsumtion des Produ-<lb/>
centen unter einen ausschliesslichen Produktionszweig, die Zerreissung der<lb/>
ursprünglichen Mannigfaltigkeit seiner Beschäftigungen<noteplace="foot"n="304)">„In einigen Theilen von Hochschottland … erschienen viele Schaf-<lb/>
hirten und cotters mit Frau und Kind, nach dem <hirendition="#g">Statistical Account</hi>, in<lb/>
Schuhen, die sie selbst gemacht aus Leder, das sie selbst gegerbt, in Kleidern, die<lb/>
keine Hand ausser ihrer eignen angetastet, deren Material sie selbst von den<lb/>
Schafen geschoren oder wofür sie den Flachs selbst gebaut hatten. In die Zu-<lb/>
bereitung der Kleider ging kaum irgend ein gekaufter Artikel ein, mit Ausnahme<lb/>
von Pfrieme, Nadel, Fingerhut und sehr wenigen Theilen des im Weben ange-<lb/>
wandten Eisenwerks. Die Farben wurden von den Weibern selbst von Bäumen,<lb/>
Gesträuchen und Kräutern gewonnen u. s. w.“ (<hirendition="#g">Dugald Stewart</hi> l. c.<lb/>
p. 327.)</note>, ein nothwendiges<lb/>
Entwicklungsmoment. Auf jener Grundlage findet jeder besondre Produk-<lb/>
tionszweig empirisch die ihm entsprechende technologische Gestalt, vervoll-<lb/>
kommnet sie langsam und krystallisirt sie rasch, sobald ein gewisser Reifegrad<lb/>
erlangt ist. Was hier und da Wechsel hervorruft, ist ausser neuem Arbeits-<lb/>
stoff, den der Handel liefert, die allmälige Aenderung des Arbeitsinstru-<lb/>
ments. Die erfahrungsmässig entsprechende Form einmal gewonnen, ver-<lb/>
knöchert auch es, wie sein oft jahrtausendlanger Uebergang aus der Hand einer<lb/>
Generation in die der andern beweist. Es ist charakteristisch, dass bis ins<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[478/0497]
Werk zu befähigen, ist keine intellektuelle Ziehung irgend einer Art nöthig;
sie haben wenig Gelegenheit für Geschick und noch weniger für Urtheil;
ihr Lohn, obgleich gewissermassen hoch für Jungen, wächst nicht verhält-
mässig, wie sie selbst heranwachsen und die grosse Mehrzahl hat keine
Aussicht auf den einträglicheren und verantwortlicheren Posten des Ma-
schinenaufsehers, weil auf jede Maschine nur ein Aufseher und oft 4 Jungen
kommen“ 303). Sobald sie zu alt für ihre kindische Arbeit werden, also
wenigstens im 17. Jahr, entlässt man sie aus der Druckerei. Sie werden
zu Rekruten des Verbrechens. Einige Versuche ihnen anderswo Beschäf-
tigung zu verschaffen, scheiterten an ihrer Unwissenheit, Rohheit, körper-
lichen und geistigen Verkommenheit.
Was von der manufakturmässigen Theilung der Arbeit im
Innern der Werkstatt, gilt von der Theilung der Arbeit im Innern der
Gesellschaft. So lange Handwerk und Manufaktur die allgemeine Grund-
lage der gesellschaftlichen Produktion bilden, ist die Subsumtion des Produ-
centen unter einen ausschliesslichen Produktionszweig, die Zerreissung der
ursprünglichen Mannigfaltigkeit seiner Beschäftigungen 304), ein nothwendiges
Entwicklungsmoment. Auf jener Grundlage findet jeder besondre Produk-
tionszweig empirisch die ihm entsprechende technologische Gestalt, vervoll-
kommnet sie langsam und krystallisirt sie rasch, sobald ein gewisser Reifegrad
erlangt ist. Was hier und da Wechsel hervorruft, ist ausser neuem Arbeits-
stoff, den der Handel liefert, die allmälige Aenderung des Arbeitsinstru-
ments. Die erfahrungsmässig entsprechende Form einmal gewonnen, ver-
knöchert auch es, wie sein oft jahrtausendlanger Uebergang aus der Hand einer
Generation in die der andern beweist. Es ist charakteristisch, dass bis ins
303) l. c. p. 7, n. 59, 60.
304) „In einigen Theilen von Hochschottland … erschienen viele Schaf-
hirten und cotters mit Frau und Kind, nach dem Statistical Account, in
Schuhen, die sie selbst gemacht aus Leder, das sie selbst gegerbt, in Kleidern, die
keine Hand ausser ihrer eignen angetastet, deren Material sie selbst von den
Schafen geschoren oder wofür sie den Flachs selbst gebaut hatten. In die Zu-
bereitung der Kleider ging kaum irgend ein gekaufter Artikel ein, mit Ausnahme
von Pfrieme, Nadel, Fingerhut und sehr wenigen Theilen des im Weben ange-
wandten Eisenwerks. Die Farben wurden von den Weibern selbst von Bäumen,
Gesträuchen und Kräutern gewonnen u. s. w.“ (Dugald Stewart l. c.
p. 327.)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/497>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.