kammern ähnliche Räume, ohne Feuerplatz ... Die Ueberfüllung dieser Löcher und die dadurch producirte Luftverpestung sind oft extrem. Dazu kömmt die schädliche Wirkung von Gerinnen, Kloaken, verwesenden Stoffen und anderem Unrath, gewöhnlich in den Zugängen zu kleineren cottages." Mit Bezug auf den Raum: "In einer Spitzenschule 18 Mädchen und Mei- sterin, 35 Kubikfuss für jede Person; in einer andern, wo unerträglicher Gestank, 18 Personen, per Kopf 241/2 Kubikfuss. Man findet in dieser Industrie Kinder von 2 und 21/2 Jahren verwandt"261).
Wo das Spitzenklöppeln in den ländlichen Grafschaften von Buckingham und Bedford aufhört, beginnt die Strohflechterei. Sie erstreckt sich über grossen Theil von Hertfordshire und die westlichen und nördlichen Theile von Essex. Es waren 1861 beschäftigt im Strohflechten und Stroh- hutmachen 40,043 Personen, 3815 davon männlichen Geschlechts aller Altersstufen, die andern weiblichen Geschlechts, und zwar 14,913 unter 20 Jahren, davon an 7000 Kinder. An die Stelle der Spitzenschulen treten hier die "straw plait schools" (Strohflechtschulen). Die Kinder beginnen hier den Unterricht im Strohflechten gewöhnlich vom 4., manchmal zwischen dem 3. und 4. Jahr Erziehung erhalten sie natürlich keine. Die Kinder selbst nennen die Elementarschulen "natural schools" (natürliche Schulen) im Unterschied zu diesen Blutaussau- gungsanstalten, worin sie einfach an der Arbeit gehalten werden, um das von ihren halbverhungerten Müttern vorgeschriebne Machwerk, meist 30 Yards per Tag, zu verfertigen. Diese Mütter lassen sie dann oft noch zu Haus bis 10, 11, 12 Uhr Nachts arbeiten. Das Stroh schneidet ihnen Finger und Mund, durch den sie es beständig anfeuchten. Nach der von Dr. Ballard resumirten Gesammtansicht der medizinischen Beamten Londons bilden 300 Kubikfuss den Minimalraum für jede Person in einem Schlaf- oder Arbeitszimmer. In den Strohflechtschulen ist der Raum aber noch spärlicher zugemessen als in den Spitzenschulen, "12 2/3 , 17, 181/2 und unter 22 Kubikfuss für jede Person." Die kleineren dieser Zahlen, sagt Kommissair White, "repräsentiren weniger Raum als die Hälfte von dem, den ein Kind einnehmen würde, wenn verpackt in eine Schachtel von 3 Fuss nach allen Dimensionen." Diess der Lebensge- nuss der Kinder bis zum 12. oder 14. Jahr. Die elenden, verkommenen
261) l. c. p. XXIX, XXX.
kammern ähnliche Räume, ohne Feuerplatz … Die Ueberfüllung dieser Löcher und die dadurch producirte Luftverpestung sind oft extrem. Dazu kömmt die schädliche Wirkung von Gerinnen, Kloaken, verwesenden Stoffen und anderem Unrath, gewöhnlich in den Zugängen zu kleineren cottages.“ Mit Bezug auf den Raum: „In einer Spitzenschule 18 Mädchen und Mei- sterin, 35 Kubikfuss für jede Person; in einer andern, wo unerträglicher Gestank, 18 Personen, per Kopf 24½ Kubikfuss. Man findet in dieser Industrie Kinder von 2 und 2½ Jahren verwandt“261).
Wo das Spitzenklöppeln in den ländlichen Grafschaften von Buckingham und Bedford aufhört, beginnt die Strohflechterei. Sie erstreckt sich über grossen Theil von Hertfordshire und die westlichen und nördlichen Theile von Essex. Es waren 1861 beschäftigt im Strohflechten und Stroh- hutmachen 40,043 Personen, 3815 davon männlichen Geschlechts aller Altersstufen, die andern weiblichen Geschlechts, und zwar 14,913 unter 20 Jahren, davon an 7000 Kinder. An die Stelle der Spitzenschulen treten hier die „straw plait schools“ (Strohflechtschulen). Die Kinder beginnen hier den Unterricht im Strohflechten gewöhnlich vom 4., manchmal zwischen dem 3. und 4. Jahr Erziehung erhalten sie natürlich keine. Die Kinder selbst nennen die Elementarschulen „natural schools“ (natürliche Schulen) im Unterschied zu diesen Blutaussau- gungsanstalten, worin sie einfach an der Arbeit gehalten werden, um das von ihren halbverhungerten Müttern vorgeschriebne Machwerk, meist 30 Yards per Tag, zu verfertigen. Diese Mütter lassen sie dann oft noch zu Haus bis 10, 11, 12 Uhr Nachts arbeiten. Das Stroh schneidet ihnen Finger und Mund, durch den sie es beständig anfeuchten. Nach der von Dr. Ballard resumirten Gesammtansicht der medizinischen Beamten Londons bilden 300 Kubikfuss den Minimalraum für jede Person in einem Schlaf- oder Arbeitszimmer. In den Strohflechtschulen ist der Raum aber noch spärlicher zugemessen als in den Spitzenschulen, „12⅔, 17, 18½ und unter 22 Kubikfuss für jede Person.“ Die kleineren dieser Zahlen, sagt Kommissair White, „repräsentiren weniger Raum als die Hälfte von dem, den ein Kind einnehmen würde, wenn verpackt in eine Schachtel von 3 Fuss nach allen Dimensionen.“ Diess der Lebensge- nuss der Kinder bis zum 12. oder 14. Jahr. Die elenden, verkommenen
261) l. c. p. XXIX, XXX.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0479"n="460"/>
kammern ähnliche Räume, ohne Feuerplatz … Die Ueberfüllung dieser<lb/>
Löcher und die dadurch producirte Luftverpestung sind oft extrem. Dazu<lb/>
kömmt die schädliche Wirkung von Gerinnen, Kloaken, verwesenden Stoffen<lb/>
und anderem Unrath, gewöhnlich in den Zugängen zu kleineren cottages.“<lb/>
Mit Bezug auf den Raum: „In einer Spitzenschule 18 Mädchen und Mei-<lb/>
sterin, 35 Kubikfuss für jede Person; in einer andern, wo unerträglicher<lb/>
Gestank, 18 Personen, per Kopf 24½ Kubikfuss. Man findet in dieser<lb/>
Industrie Kinder von 2 und 2½ Jahren verwandt“<noteplace="foot"n="261)">l. c. p. XXIX, XXX.</note>.</p><lb/><p>Wo das Spitzenklöppeln in den ländlichen Grafschaften von Buckingham<lb/>
und Bedford aufhört, beginnt die <hirendition="#g">Strohflechterei</hi>. Sie erstreckt sich<lb/>
über grossen Theil von Hertfordshire und die westlichen und nördlichen<lb/>
Theile von Essex. Es waren 1861 beschäftigt im Strohflechten und Stroh-<lb/>
hutmachen 40,043 Personen, 3815 davon männlichen Geschlechts aller<lb/>
Altersstufen, die andern weiblichen Geschlechts, und zwar 14,913 <hirendition="#g">unter</hi><lb/>
20 Jahren, davon an 7000 Kinder. An die Stelle der Spitzenschulen<lb/>
treten hier die „<hirendition="#g">straw plait schools</hi>“ (Strohflechtschulen). Die<lb/>
Kinder beginnen hier den Unterricht im Strohflechten gewöhnlich vom 4.,<lb/>
manchmal zwischen dem 3. und 4. Jahr Erziehung erhalten sie natürlich<lb/>
keine. Die Kinder selbst nennen die <hirendition="#g">Elementarschulen</hi>„<hirendition="#g">natural<lb/>
schools</hi>“ (natürliche Schulen) im Unterschied zu diesen Blutaussau-<lb/>
gungsanstalten, worin sie einfach an der Arbeit gehalten werden, um das von<lb/>
ihren halbverhungerten Müttern vorgeschriebne Machwerk, meist 30 Yards<lb/>
per Tag, zu verfertigen. Diese Mütter lassen sie dann oft noch zu Haus<lb/>
bis 10, 11, 12 Uhr Nachts arbeiten. Das Stroh schneidet ihnen Finger<lb/>
und Mund, durch den sie es beständig anfeuchten. Nach der von<lb/><hirendition="#g">Dr. Ballard</hi> resumirten Gesammtansicht der medizinischen Beamten<lb/>
Londons bilden 300 Kubikfuss den <hirendition="#g">Minimalraum</hi> für jede Person in<lb/>
einem Schlaf- oder Arbeitszimmer. In den Strohflechtschulen ist der Raum<lb/>
aber noch spärlicher zugemessen als in den Spitzenschulen, „12⅔, 17,<lb/>
18½ und unter 22 Kubikfuss für jede Person.“ Die kleineren dieser<lb/>
Zahlen, sagt Kommissair <hirendition="#g">White</hi>, „repräsentiren weniger Raum als die<lb/>
Hälfte von dem, den ein Kind einnehmen würde, wenn verpackt in eine<lb/>
Schachtel von 3 Fuss nach allen Dimensionen.“ Diess der Lebensge-<lb/>
nuss der Kinder bis zum 12. oder 14. Jahr. Die elenden, verkommenen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[460/0479]
kammern ähnliche Räume, ohne Feuerplatz … Die Ueberfüllung dieser
Löcher und die dadurch producirte Luftverpestung sind oft extrem. Dazu
kömmt die schädliche Wirkung von Gerinnen, Kloaken, verwesenden Stoffen
und anderem Unrath, gewöhnlich in den Zugängen zu kleineren cottages.“
Mit Bezug auf den Raum: „In einer Spitzenschule 18 Mädchen und Mei-
sterin, 35 Kubikfuss für jede Person; in einer andern, wo unerträglicher
Gestank, 18 Personen, per Kopf 24½ Kubikfuss. Man findet in dieser
Industrie Kinder von 2 und 2½ Jahren verwandt“ 261).
Wo das Spitzenklöppeln in den ländlichen Grafschaften von Buckingham
und Bedford aufhört, beginnt die Strohflechterei. Sie erstreckt sich
über grossen Theil von Hertfordshire und die westlichen und nördlichen
Theile von Essex. Es waren 1861 beschäftigt im Strohflechten und Stroh-
hutmachen 40,043 Personen, 3815 davon männlichen Geschlechts aller
Altersstufen, die andern weiblichen Geschlechts, und zwar 14,913 unter
20 Jahren, davon an 7000 Kinder. An die Stelle der Spitzenschulen
treten hier die „straw plait schools“ (Strohflechtschulen). Die
Kinder beginnen hier den Unterricht im Strohflechten gewöhnlich vom 4.,
manchmal zwischen dem 3. und 4. Jahr Erziehung erhalten sie natürlich
keine. Die Kinder selbst nennen die Elementarschulen „natural
schools“ (natürliche Schulen) im Unterschied zu diesen Blutaussau-
gungsanstalten, worin sie einfach an der Arbeit gehalten werden, um das von
ihren halbverhungerten Müttern vorgeschriebne Machwerk, meist 30 Yards
per Tag, zu verfertigen. Diese Mütter lassen sie dann oft noch zu Haus
bis 10, 11, 12 Uhr Nachts arbeiten. Das Stroh schneidet ihnen Finger
und Mund, durch den sie es beständig anfeuchten. Nach der von
Dr. Ballard resumirten Gesammtansicht der medizinischen Beamten
Londons bilden 300 Kubikfuss den Minimalraum für jede Person in
einem Schlaf- oder Arbeitszimmer. In den Strohflechtschulen ist der Raum
aber noch spärlicher zugemessen als in den Spitzenschulen, „12⅔, 17,
18½ und unter 22 Kubikfuss für jede Person.“ Die kleineren dieser
Zahlen, sagt Kommissair White, „repräsentiren weniger Raum als die
Hälfte von dem, den ein Kind einnehmen würde, wenn verpackt in eine
Schachtel von 3 Fuss nach allen Dimensionen.“ Diess der Lebensge-
nuss der Kinder bis zum 12. oder 14. Jahr. Die elenden, verkommenen
261) l. c. p. XXIX, XXX.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/479>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.