Diess bezieht sich auf den ganzen Industriezweig und war natürlich sehr modificirt in den einzelnen Distrikten. Nur sehr wenige Fabriken arbei- teten volle Zeit (60 Stunden per Woche), die übrigen mit Unterbrechungen. Selbst für die wenigen Arbeiter, die volle Zeit und zu dem gewohn- ten Stücklohn beschäftigt, schmälerte sich nothwendig der Wochen- lohn in Folge der Ersetzung besserer Baumwolle durch schlechtere, der South Sea Island durch ägyptische (in Feinspinnereien), amerikanischer und ägyptischer durch Surat (ostindisch), und reiner Baumwolle durch Mischungen von Baumwollabfall mit Surat. Die kürzere Fiber der Surat- baumwolle, ihre schmutzige Beschaffenheit, die grössere Brüchigkeit der Fäden, der Ersatz des Mehls durch alle Art schwerer Ingredienzen beim Schlichten des Kettengarns u. s. w. verminderten die Geschwindigkeit der Maschinerie oder die Zahl der Webstühle, die ein Weber überwachen konnte, vermehrten die Arbeit mit den Irrthümern der Maschine und beschränkten mit der Produktenmasse den Stücklohn. Beim Gebrauch von Surat und mit voller Beschäftigung belief sich der Verlust des Arbeiters auf 20, 30 und mehr Procent. Die Mehrzahl der Fabrikanten setzte aber auch die Rate des Stücklohns um 5, 71/2 und 10 Procent herab. Man begreift daher die Lage der nur 3, 31/2, 4 Tage wöchentlich oder nur 6 Stunden per Tag Beschäftigten. Nachdem schon eine rela- tive Verbesserung eingetreten war, 1863, für Weber, Spinner u. s. w. Wochenlöhne von 3 sh. 4 d., 3 sh. 10 d., 4 sh. 6 d., 5 sh. 1 d. u. s. w.238). Selbst unter diesen qualvollen Zuständen stand der Erfindungs- geist des Fabrikanten in Lohnabzügen nicht still. Diese wurden zum Theil verhängt als Strafe für die seiner schlechten Baumwolle, unpas- senden Maschinerie u. s. w. geschuldeten Fehler des Machwerks. Wo der Fabrikant aber Eigenthümer der cottages der Arbeiter, vergütete er sich selbst für Hausrente durch Abzüge vom nominellen Arbeitslohn. Fabrik- inspektor Redgrave erzählt von self-acting minders (sie über- wachen ein paar self-acting mules), die "am Ende vierzehntägi- ger voller Arbeit 8 sh. 11 d. verdienten und von dieser Summe wurde die Hausrente abgezogen, wovon der Fabrikant jedoch die Hälfte als Geschenk zurückgab, so dass die minders volle 6 sh. 11 d. nach Hause trugen. Der Wochenlohn der Weber rangirte von 2 sh. 6 d. auf-
238) "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1863", p. 41, 51.
Diess bezieht sich auf den ganzen Industriezweig und war natürlich sehr modificirt in den einzelnen Distrikten. Nur sehr wenige Fabriken arbei- teten volle Zeit (60 Stunden per Woche), die übrigen mit Unterbrechungen. Selbst für die wenigen Arbeiter, die volle Zeit und zu dem gewohn- ten Stücklohn beschäftigt, schmälerte sich nothwendig der Wochen- lohn in Folge der Ersetzung besserer Baumwolle durch schlechtere, der South Sea Island durch ägyptische (in Feinspinnereien), amerikanischer und ägyptischer durch Surat (ostindisch), und reiner Baumwolle durch Mischungen von Baumwollabfall mit Surat. Die kürzere Fiber der Surat- baumwolle, ihre schmutzige Beschaffenheit, die grössere Brüchigkeit der Fäden, der Ersatz des Mehls durch alle Art schwerer Ingredienzen beim Schlichten des Kettengarns u. s. w. verminderten die Geschwindigkeit der Maschinerie oder die Zahl der Webstühle, die ein Weber überwachen konnte, vermehrten die Arbeit mit den Irrthümern der Maschine und beschränkten mit der Produktenmasse den Stücklohn. Beim Gebrauch von Surat und mit voller Beschäftigung belief sich der Verlust des Arbeiters auf 20, 30 und mehr Procent. Die Mehrzahl der Fabrikanten setzte aber auch die Rate des Stücklohns um 5, 7½ und 10 Procent herab. Man begreift daher die Lage der nur 3, 3½, 4 Tage wöchentlich oder nur 6 Stunden per Tag Beschäftigten. Nachdem schon eine rela- tive Verbesserung eingetreten war, 1863, für Weber, Spinner u. s. w. Wochenlöhne von 3 sh. 4 d., 3 sh. 10 d., 4 sh. 6 d., 5 sh. 1 d. u. s. w.238). Selbst unter diesen qualvollen Zuständen stand der Erfindungs- geist des Fabrikanten in Lohnabzügen nicht still. Diese wurden zum Theil verhängt als Strafe für die seiner schlechten Baumwolle, unpas- senden Maschinerie u. s. w. geschuldeten Fehler des Machwerks. Wo der Fabrikant aber Eigenthümer der cottages der Arbeiter, vergütete er sich selbst für Hausrente durch Abzüge vom nominellen Arbeitslohn. Fabrik- inspektor Redgrave erzählt von self-acting minders (sie über- wachen ein paar self-acting mules), die „am Ende vierzehntägi- ger voller Arbeit 8 sh. 11 d. verdienten und von dieser Summe wurde die Hausrente abgezogen, wovon der Fabrikant jedoch die Hälfte als Geschenk zurückgab, so dass die minders volle 6 sh. 11 d. nach Hause trugen. Der Wochenlohn der Weber rangirte von 2 sh. 6 d. auf-
238) „Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1863“, p. 41, 51.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0466"n="447"/>
Diess bezieht sich auf den ganzen Industriezweig und war natürlich sehr<lb/>
modificirt in den einzelnen Distrikten. Nur sehr wenige Fabriken arbei-<lb/>
teten volle Zeit (60 Stunden per Woche), die übrigen mit Unterbrechungen.<lb/>
Selbst für die wenigen Arbeiter, die <hirendition="#g">volle Zeit</hi> und zu dem <hirendition="#g">gewohn-<lb/>
ten Stücklohn</hi> beschäftigt, schmälerte sich nothwendig der <hirendition="#g">Wochen-<lb/>
lohn</hi> in Folge der Ersetzung besserer Baumwolle durch schlechtere, der<lb/>
South Sea Island durch ägyptische (in Feinspinnereien), amerikanischer<lb/>
und ägyptischer durch Surat (ostindisch), und reiner Baumwolle durch<lb/>
Mischungen von Baumwollabfall mit Surat. Die kürzere Fiber der Surat-<lb/>
baumwolle, ihre schmutzige Beschaffenheit, die grössere Brüchigkeit der<lb/>
Fäden, der Ersatz des Mehls durch alle Art schwerer Ingredienzen beim<lb/>
Schlichten des Kettengarns u. s. w. verminderten die Geschwindigkeit der<lb/>
Maschinerie oder die Zahl der Webstühle, die ein Weber überwachen konnte,<lb/>
vermehrten die Arbeit mit den Irrthümern der Maschine und beschränkten<lb/>
mit der Produktenmasse den Stücklohn. Beim Gebrauch von Surat und<lb/>
mit <hirendition="#g">voller Beschäftigung</hi> belief sich der Verlust des Arbeiters auf<lb/>
20, 30 und mehr Procent. Die Mehrzahl der Fabrikanten setzte aber<lb/>
auch die <hirendition="#g">Rate des Stücklohns</hi> um 5, 7½ und 10 Procent herab.<lb/>
Man begreift daher die Lage der nur 3, 3½, 4 Tage wöchentlich<lb/>
oder nur 6 Stunden per Tag Beschäftigten. Nachdem schon eine rela-<lb/>
tive Verbesserung eingetreten war, <hirendition="#g">1863</hi>, für Weber, Spinner u. s. w.<lb/>
Wochenlöhne von 3 sh. 4 d., 3 sh. 10 d., 4 sh. 6 d., 5 sh. 1 d. u. s. w.<noteplace="foot"n="238)">„<hirendition="#g">Reports of Insp. of Fact. for</hi> 31<hirendition="#g">st Oct</hi>. 1863“, p. 41, 51.</note>.<lb/>
Selbst unter diesen qualvollen Zuständen stand der <hirendition="#g">Erfindungs-<lb/>
geist</hi> des Fabrikanten in <hirendition="#g">Lohnabzügen</hi> nicht still. Diese wurden<lb/>
zum Theil verhängt als Strafe für die seiner schlechten Baumwolle, unpas-<lb/>
senden Maschinerie u. s. w. geschuldeten Fehler des Machwerks. Wo der<lb/>
Fabrikant aber Eigenthümer der cottages der Arbeiter, vergütete er sich<lb/>
selbst für Hausrente durch Abzüge vom nominellen Arbeitslohn. Fabrik-<lb/>
inspektor <hirendition="#g">Redgrave</hi> erzählt von <hirendition="#g">self-acting minders</hi> (sie über-<lb/>
wachen ein paar self-acting mules), die „<hirendition="#g">am Ende vierzehntägi-<lb/>
ger voller Arbeit</hi> 8 sh. 11 d. verdienten und von dieser Summe<lb/>
wurde die Hausrente abgezogen, wovon der Fabrikant jedoch die Hälfte<lb/><hirendition="#g">als Geschenk</hi> zurückgab, so dass die minders volle 6 sh. 11 d. nach<lb/>
Hause trugen. Der Wochenlohn der Weber rangirte von 2 sh. 6 d. auf-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[447/0466]
Diess bezieht sich auf den ganzen Industriezweig und war natürlich sehr
modificirt in den einzelnen Distrikten. Nur sehr wenige Fabriken arbei-
teten volle Zeit (60 Stunden per Woche), die übrigen mit Unterbrechungen.
Selbst für die wenigen Arbeiter, die volle Zeit und zu dem gewohn-
ten Stücklohn beschäftigt, schmälerte sich nothwendig der Wochen-
lohn in Folge der Ersetzung besserer Baumwolle durch schlechtere, der
South Sea Island durch ägyptische (in Feinspinnereien), amerikanischer
und ägyptischer durch Surat (ostindisch), und reiner Baumwolle durch
Mischungen von Baumwollabfall mit Surat. Die kürzere Fiber der Surat-
baumwolle, ihre schmutzige Beschaffenheit, die grössere Brüchigkeit der
Fäden, der Ersatz des Mehls durch alle Art schwerer Ingredienzen beim
Schlichten des Kettengarns u. s. w. verminderten die Geschwindigkeit der
Maschinerie oder die Zahl der Webstühle, die ein Weber überwachen konnte,
vermehrten die Arbeit mit den Irrthümern der Maschine und beschränkten
mit der Produktenmasse den Stücklohn. Beim Gebrauch von Surat und
mit voller Beschäftigung belief sich der Verlust des Arbeiters auf
20, 30 und mehr Procent. Die Mehrzahl der Fabrikanten setzte aber
auch die Rate des Stücklohns um 5, 7½ und 10 Procent herab.
Man begreift daher die Lage der nur 3, 3½, 4 Tage wöchentlich
oder nur 6 Stunden per Tag Beschäftigten. Nachdem schon eine rela-
tive Verbesserung eingetreten war, 1863, für Weber, Spinner u. s. w.
Wochenlöhne von 3 sh. 4 d., 3 sh. 10 d., 4 sh. 6 d., 5 sh. 1 d. u. s. w. 238).
Selbst unter diesen qualvollen Zuständen stand der Erfindungs-
geist des Fabrikanten in Lohnabzügen nicht still. Diese wurden
zum Theil verhängt als Strafe für die seiner schlechten Baumwolle, unpas-
senden Maschinerie u. s. w. geschuldeten Fehler des Machwerks. Wo der
Fabrikant aber Eigenthümer der cottages der Arbeiter, vergütete er sich
selbst für Hausrente durch Abzüge vom nominellen Arbeitslohn. Fabrik-
inspektor Redgrave erzählt von self-acting minders (sie über-
wachen ein paar self-acting mules), die „am Ende vierzehntägi-
ger voller Arbeit 8 sh. 11 d. verdienten und von dieser Summe
wurde die Hausrente abgezogen, wovon der Fabrikant jedoch die Hälfte
als Geschenk zurückgab, so dass die minders volle 6 sh. 11 d. nach
Hause trugen. Der Wochenlohn der Weber rangirte von 2 sh. 6 d. auf-
238) „Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1863“, p. 41, 51.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/466>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.