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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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unmittelbar austauschbaren Gebrauchswerths oder Aequivalents erhält
eine Waare dagegen umgekehrt nur als das Material, worin der Werth
einer andern Waare ausgedrückt wird.

Diese Unterscheidung ist getrübt durch eine charakteristische Eigen-
thümlichkeit des relativen Werthausdrucks in seiner einfachen oder ersten
Form. Die Gleichung: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock, oder
20 Ellen Leinwand sind einen Rock werth, schliesst nämlich offenbar die
identische Gleichung ein: 1 Rock = 20 Ellen Leinwand, oder
1 Rock ist 20 Ellen Leinwand werth. Der relative Werthausdruck der
Leinwand, worin der Rock als Aequivalent figurirt, enthält also rück-
bezüglich
den relativen Werthausdruck des Rocks, worin die Leinwand
als Aequivalent figurirt.

Obgleich beide Bestimmungen der Werthform oder beide Dar-
stellungsweisen des Waarenwerths als Tauschwerth nur relativ
sind, scheinen beide nicht in demselben Grad relativ. Im relativen
Werth
der Leinwand: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock, ist der Tausch-
werth
der Leinwand ausdrücklich als ihre Beziehung auf eine andre
Waare
dargestellt. Der Rock seinerseits ist zwar auch nur Aequiva-
lent
, so weit sich die Leinwand auf ihn als Erscheinungsform ihres eig-
nen Werths und daher mit ihr unmittelbar Austauschbares bezieht. Nur
innerhalb dieser Beziehung ist er Aequivalent. Aber er verhält sich
passiv. Er ergreift keine Initiative. Er findet sich in Beziehung, weil
sich auf ihn bezogen wird. Der Charakter, der ihm aus dem Verhältniss
mit der Leinwand erwächst, erscheint daher nicht als Resultat seiner Be-
ziehung
, sondern ohne sein Zuthun vorhanden. Noch mehr. Die
bestimmte Art und Weise, wie sich die Leinwand auf ihn bezieht,
ist ganz dazu gemacht, es ihm "anzuthun", wäre er auch noch so beschei-
den und keineswegs das Produkt eines "tailor run mad with pride". Die
Leinwand bezieht sich nämlich auf den Rock als sinnlich existirende Ma-
teriatur der menschlichen Arbeit in abstracto und daher als vorhandnen
Werthkörper
. Er ist diess nur, weil und sofern sich die Leinwand in
dieser bestimmten Weise auf ihn bezieht. Sein Aequivalentsein
ist so zu sagen nur eine Reflexionsbestimmung der Leinwand.
Aber es scheint grade umgekehrt. Einerseits giebt er sich selbst nicht
die Mühe sich zu beziehn. Andrerseits bezieht sich die Leinwand auf ihn,
nicht um ihn zu etwas zu machen, sondern weil er ohne sie etwas ist.

unmittelbar austauschbaren Gebrauchswerths oder Aequivalents erhält
eine Waare dagegen umgekehrt nur als das Material, worin der Werth
einer andern Waare ausgedrückt wird.

Diese Unterscheidung ist getrübt durch eine charakteristische Eigen-
thümlichkeit des relativen Werthausdrucks in seiner einfachen oder ersten
Form. Die Gleichung: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock, oder
20 Ellen Leinwand sind einen Rock werth, schliesst nämlich offenbar die
identische Gleichung ein: 1 Rock = 20 Ellen Leinwand, oder
1 Rock ist 20 Ellen Leinwand werth. Der relative Werthausdruck der
Leinwand, worin der Rock als Aequivalent figurirt, enthält also rück-
bezüglich
den relativen Werthausdruck des Rocks, worin die Leinwand
als Aequivalent figurirt.

Obgleich beide Bestimmungen der Werthform oder beide Dar-
stellungsweisen des Waarenwerths als Tauschwerth nur relativ
sind, scheinen beide nicht in demselben Grad relativ. Im relativen
Werth
der Leinwand: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock, ist der Tausch-
werth
der Leinwand ausdrücklich als ihre Beziehung auf eine andre
Waare
dargestellt. Der Rock seinerseits ist zwar auch nur Aequiva-
lent
, so weit sich die Leinwand auf ihn als Erscheinungsform ihres eig-
nen Werths und daher mit ihr unmittelbar Austauschbares bezieht. Nur
innerhalb dieser Beziehung ist er Aequivalent. Aber er verhält sich
passiv. Er ergreift keine Initiative. Er findet sich in Beziehung, weil
sich auf ihn bezogen wird. Der Charakter, der ihm aus dem Verhältniss
mit der Leinwand erwächst, erscheint daher nicht als Resultat seiner Be-
ziehung
, sondern ohne sein Zuthun vorhanden. Noch mehr. Die
bestimmte Art und Weise, wie sich die Leinwand auf ihn bezieht,
ist ganz dazu gemacht, es ihm „anzuthun“, wäre er auch noch so beschei-
den und keineswegs das Produkt eines „tailor run mad with pride“. Die
Leinwand bezieht sich nämlich auf den Rock als sinnlich existirende Ma-
teriatur der menschlichen Arbeit in abstracto und daher als vorhandnen
Werthkörper
. Er ist diess nur, weil und sofern sich die Leinwand in
dieser bestimmten Weise auf ihn bezieht. Sein Aequivalentsein
ist so zu sagen nur eine Reflexionsbestimmung der Leinwand.
Aber es scheint grade umgekehrt. Einerseits giebt er sich selbst nicht
die Mühe sich zu beziehn. Andrerseits bezieht sich die Leinwand auf ihn,
nicht um ihn zu etwas zu machen, sondern weil er ohne sie etwas ist.

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[22/0041] unmittelbar austauschbaren Gebrauchswerths oder Aequivalents erhält eine Waare dagegen umgekehrt nur als das Material, worin der Werth einer andern Waare ausgedrückt wird. Diese Unterscheidung ist getrübt durch eine charakteristische Eigen- thümlichkeit des relativen Werthausdrucks in seiner einfachen oder ersten Form. Die Gleichung: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock, oder 20 Ellen Leinwand sind einen Rock werth, schliesst nämlich offenbar die identische Gleichung ein: 1 Rock = 20 Ellen Leinwand, oder 1 Rock ist 20 Ellen Leinwand werth. Der relative Werthausdruck der Leinwand, worin der Rock als Aequivalent figurirt, enthält also rück- bezüglich den relativen Werthausdruck des Rocks, worin die Leinwand als Aequivalent figurirt. Obgleich beide Bestimmungen der Werthform oder beide Dar- stellungsweisen des Waarenwerths als Tauschwerth nur relativ sind, scheinen beide nicht in demselben Grad relativ. Im relativen Werth der Leinwand: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock, ist der Tausch- werth der Leinwand ausdrücklich als ihre Beziehung auf eine andre Waare dargestellt. Der Rock seinerseits ist zwar auch nur Aequiva- lent, so weit sich die Leinwand auf ihn als Erscheinungsform ihres eig- nen Werths und daher mit ihr unmittelbar Austauschbares bezieht. Nur innerhalb dieser Beziehung ist er Aequivalent. Aber er verhält sich passiv. Er ergreift keine Initiative. Er findet sich in Beziehung, weil sich auf ihn bezogen wird. Der Charakter, der ihm aus dem Verhältniss mit der Leinwand erwächst, erscheint daher nicht als Resultat seiner Be- ziehung, sondern ohne sein Zuthun vorhanden. Noch mehr. Die bestimmte Art und Weise, wie sich die Leinwand auf ihn bezieht, ist ganz dazu gemacht, es ihm „anzuthun“, wäre er auch noch so beschei- den und keineswegs das Produkt eines „tailor run mad with pride“. Die Leinwand bezieht sich nämlich auf den Rock als sinnlich existirende Ma- teriatur der menschlichen Arbeit in abstracto und daher als vorhandnen Werthkörper. Er ist diess nur, weil und sofern sich die Leinwand in dieser bestimmten Weise auf ihn bezieht. Sein Aequivalentsein ist so zu sagen nur eine Reflexionsbestimmung der Leinwand. Aber es scheint grade umgekehrt. Einerseits giebt er sich selbst nicht die Mühe sich zu beziehn. Andrerseits bezieht sich die Leinwand auf ihn, nicht um ihn zu etwas zu machen, sondern weil er ohne sie etwas ist.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/41>, abgerufen am 19.04.2024.