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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Die Werthgrösse einer Waare bliebe daher constant, wäre die
zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit constant. Letztere wech-
selt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.
Die Produktivkraft der Arbeit ist durch mannigfache Umstände be-
stimmt, unter andern durch den Durchschnittsgrad des Geschickes der
Arbeiter, die Entwicklungsstufe der Wissenschaft und ihrer technolo-
gischen Anwendbarkeit, die gesellschaftliche Combination des Pro-
duktionsprozesses, den Umfang und die Wirkungsfähigkeit der Pro-
duktionsmittel, und durch Naturverhältnisse. Dasselbe Quantum
Arbeit stellt sich z. B. mit günstiger Jahreszeit in 8 Bushel Weizen
dar, mit ungünstiger in nur 4. Dasselbe Quantum Arbeit liefert mehr
Metalle in reichhaltigen, als in armen Minen u. s. w. Diamanten kommen
selten in der Erdrinde vor und ihre Findung kostet daher im Durch-
schnitt
viel Arbeitszeit. Folglich stellen sie in wenig Volumen viel Ar-
beit dar. Jacob bezweifelt, dass Gold jemals seinen vollen Werth be-
zahlt hat. Noch mehr gilt diess vom Diamant. Nach Eschwege
hatte 1823 die achtzigjährige Gesammtausbeute der brasilischen Diamant-
gruben noch nicht den Werth des 11/2jährigen Durchschnittsprodukts der
brasilischen Zucker- oder Kaffeepflanzungen erreicht. Mit reichhaltigeren
Gruben würde dasselbe Arbeitsquantum sich in mehr Diamanten darstel-
len und ihr Werth sinken. Gelingt es mit wenig Arbeit Kohle in Dia-
mant zu verwandeln, so kann sein Werth unter den von Ziegelsteinen fal-
len. Allgemein: Je grösser die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner
die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die
in ihm krystallisirte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Werth. Umgekehrt,
je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto grösser die zur Herstellung
eines Artikels nothwendige Arbeitszeit, desto grösser sein Werth. Die
Werthgrösse einer Waare wechselt also direkt wie das Quan-
tum
und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr ver-
wirklichenden Arbeit.

Wir kennen jetzt die Substanz des Werths. Es ist die Arbeit.
Wir kennen sein Grössenmass. Es ist die Arbeitszeit. Seine
Form, die den Werth eben zum Tausch-Werth stempelt, bleibt zu
analysiren. Vorher jedoch sind die bereits gefundenen Bestimmungen
etwas näher zu entwickeln.

Ein Ding kann Gebrauchswerth sein, ohne Tauschwerth

Die Werthgrösse einer Waare bliebe daher constant, wäre die
zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit constant. Letztere wech-
selt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.
Die Produktivkraft der Arbeit ist durch mannigfache Umstände be-
stimmt, unter andern durch den Durchschnittsgrad des Geschickes der
Arbeiter, die Entwicklungsstufe der Wissenschaft und ihrer technolo-
gischen Anwendbarkeit, die gesellschaftliche Combination des Pro-
duktionsprozesses, den Umfang und die Wirkungsfähigkeit der Pro-
duktionsmittel, und durch Naturverhältnisse. Dasselbe Quantum
Arbeit stellt sich z. B. mit günstiger Jahreszeit in 8 Bushel Weizen
dar, mit ungünstiger in nur 4. Dasselbe Quantum Arbeit liefert mehr
Metalle in reichhaltigen, als in armen Minen u. s. w. Diamanten kommen
selten in der Erdrinde vor und ihre Findung kostet daher im Durch-
schnitt
viel Arbeitszeit. Folglich stellen sie in wenig Volumen viel Ar-
beit dar. Jacob bezweifelt, dass Gold jemals seinen vollen Werth be-
zahlt hat. Noch mehr gilt diess vom Diamant. Nach Eschwege
hatte 1823 die achtzigjährige Gesammtausbeute der brasilischen Diamant-
gruben noch nicht den Werth des 1½jährigen Durchschnittsprodukts der
brasilischen Zucker- oder Kaffeepflanzungen erreicht. Mit reichhaltigeren
Gruben würde dasselbe Arbeitsquantum sich in mehr Diamanten darstel-
len und ihr Werth sinken. Gelingt es mit wenig Arbeit Kohle in Dia-
mant zu verwandeln, so kann sein Werth unter den von Ziegelsteinen fal-
len. Allgemein: Je grösser die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner
die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die
in ihm krystallisirte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Werth. Umgekehrt,
je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto grösser die zur Herstellung
eines Artikels nothwendige Arbeitszeit, desto grösser sein Werth. Die
Werthgrösse einer Waare wechselt also direkt wie das Quan-
tum
und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr ver-
wirklichenden Arbeit.

Wir kennen jetzt die Substanz des Werths. Es ist die Arbeit.
Wir kennen sein Grössenmass. Es ist die Arbeitszeit. Seine
Form, die den Werth eben zum Tausch-Werth stempelt, bleibt zu
analysiren. Vorher jedoch sind die bereits gefundenen Bestimmungen
etwas näher zu entwickeln.

Ein Ding kann Gebrauchswerth sein, ohne Tauschwerth

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[6/0025] Die Werthgrösse einer Waare bliebe daher constant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit constant. Letztere wech- selt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit. Die Produktivkraft der Arbeit ist durch mannigfache Umstände be- stimmt, unter andern durch den Durchschnittsgrad des Geschickes der Arbeiter, die Entwicklungsstufe der Wissenschaft und ihrer technolo- gischen Anwendbarkeit, die gesellschaftliche Combination des Pro- duktionsprozesses, den Umfang und die Wirkungsfähigkeit der Pro- duktionsmittel, und durch Naturverhältnisse. Dasselbe Quantum Arbeit stellt sich z. B. mit günstiger Jahreszeit in 8 Bushel Weizen dar, mit ungünstiger in nur 4. Dasselbe Quantum Arbeit liefert mehr Metalle in reichhaltigen, als in armen Minen u. s. w. Diamanten kommen selten in der Erdrinde vor und ihre Findung kostet daher im Durch- schnitt viel Arbeitszeit. Folglich stellen sie in wenig Volumen viel Ar- beit dar. Jacob bezweifelt, dass Gold jemals seinen vollen Werth be- zahlt hat. Noch mehr gilt diess vom Diamant. Nach Eschwege hatte 1823 die achtzigjährige Gesammtausbeute der brasilischen Diamant- gruben noch nicht den Werth des 1½jährigen Durchschnittsprodukts der brasilischen Zucker- oder Kaffeepflanzungen erreicht. Mit reichhaltigeren Gruben würde dasselbe Arbeitsquantum sich in mehr Diamanten darstel- len und ihr Werth sinken. Gelingt es mit wenig Arbeit Kohle in Dia- mant zu verwandeln, so kann sein Werth unter den von Ziegelsteinen fal- len. Allgemein: Je grösser die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm krystallisirte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Werth. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto grösser die zur Herstellung eines Artikels nothwendige Arbeitszeit, desto grösser sein Werth. Die Werthgrösse einer Waare wechselt also direkt wie das Quan- tum und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr ver- wirklichenden Arbeit. Wir kennen jetzt die Substanz des Werths. Es ist die Arbeit. Wir kennen sein Grössenmass. Es ist die Arbeitszeit. Seine Form, die den Werth eben zum Tausch-Werth stempelt, bleibt zu analysiren. Vorher jedoch sind die bereits gefundenen Bestimmungen etwas näher zu entwickeln. Ein Ding kann Gebrauchswerth sein, ohne Tauschwerth

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/25>, abgerufen am 24.04.2024.