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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Gnadenwahl Kapitalist oder Landlord oder Sinekurist, dazu be-
rufen ist, sein Brod im Schweisse seines Angesichts zu essen, aber er
wusste nicht, dass er in seinem Brode täglich ein gewisses Quantum
Menschenschweiss essen muss, getränkt mit Eiterbeulenauslee-
rung, Spinnweb, schwarzen Käfer-Leichnamen und fauler deutscher Hefe,
abgesehn von Alaun, Sandstein und sonstigen angenehmen mineralischen
Ingredienzen. Ohne alle Rücksicht auf Seine Heiligkeit, den "Free-
trade", wurde daher die anhero "freie" Bäckerei der Aufsicht von Staats-
inspektoren unterworfen (Ende der Parlamentssitzung 1863) und durch
denselben Parlamentsakt die Arbeitszeit von 9 Uhr Abends bis 5 Uhr Mor-
gens für Bäckergesellen unter 18 Jahren verboten. Die letztere Klausel
spricht Bände über die Ueberarbeitung in diesem uns so altväterisch an-
heimelnden Geschäftszweig.

"Die Arbeit eines Londoner Bäckergesellen beginnt in der Regel
um 11 Uhr Nachts. Zu dieser Stunde macht er den Teig, ein sehr müh-
samer Prozess, der 1/2 bis 3/4 Stunden währt, je nach der Grösse des Ge-
bäcks und seiner Feinheit. Er legt sich dann nieder auf das Kneetbrett,
das zugleich als Deckel des Trogs dient, worin der Teig gemacht wird,
und schläft ein paar Stunden mit einem Mehlsack unter dem Kopf und
einem andern Mehlsack auf dem Leib. Dann beginnt eine rasche und un-
unterbrochene Arbeit von 4 Stunden, Werfen, Wägen, Formen, in den
Ofen schieben, aus dem Ofen holen u. s. w. des Teiges. Die Temperatur
eines Backhauses beträgt von 75 bis 90 Grad und in den kleinen Back-
häusern eher mehr als weniger. Wenn das Geschäft Brod, Wecken u. s. w.
zu machen vollbracht ist, beginnt die Vertheilung des Brods; und ein be-
trächtlicher Theil der Taglöhner, nachdem er die beschriebene harte Nacht-
arbeit vollbracht, trägt während des Tags das Brod in Körben, oder
schiebt es in Karren, von Haus zu Haus und operirt dazwischen auch manch-
mal im Backhaus. Je nach der Jahreszeit und dem Umfang des Geschäfts
endet die Arbeit zwischen 1 und 6 Uhr Nachmittags, während ein andrer
Theil der Gesellen bis spät um Mitternacht im Backhaus beschäftigt ist78)".
"Während der Londoner Saison beginnen die Gesellen der Bäcker zu
"vollen" Brodpreisen im Westend regelmässig um 11 Uhr Nachts, und
sind mit dem Brodbacken, unterbrochen durch einen oder zwei oft sehr

78) l. c. First Report etc. p. XL.

Gnadenwahl Kapitalist oder Landlord oder Sinekurist, dazu be-
rufen ist, sein Brod im Schweisse seines Angesichts zu essen, aber er
wusste nicht, dass er in seinem Brode täglich ein gewisses Quantum
Menschenschweiss essen muss, getränkt mit Eiterbeulenauslee-
rung, Spinnweb, schwarzen Käfer-Leichnamen und fauler deutscher Hefe,
abgesehn von Alaun, Sandstein und sonstigen angenehmen mineralischen
Ingredienzen. Ohne alle Rücksicht auf Seine Heiligkeit, den „Free-
trade“, wurde daher die anhero „freie“ Bäckerei der Aufsicht von Staats-
inspektoren unterworfen (Ende der Parlamentssitzung 1863) und durch
denselben Parlamentsakt die Arbeitszeit von 9 Uhr Abends bis 5 Uhr Mor-
gens für Bäckergesellen unter 18 Jahren verboten. Die letztere Klausel
spricht Bände über die Ueberarbeitung in diesem uns so altväterisch an-
heimelnden Geschäftszweig.

„Die Arbeit eines Londoner Bäckergesellen beginnt in der Regel
um 11 Uhr Nachts. Zu dieser Stunde macht er den Teig, ein sehr müh-
samer Prozess, der ½ bis ¾ Stunden währt, je nach der Grösse des Ge-
bäcks und seiner Feinheit. Er legt sich dann nieder auf das Kneetbrett,
das zugleich als Deckel des Trogs dient, worin der Teig gemacht wird,
und schläft ein paar Stunden mit einem Mehlsack unter dem Kopf und
einem andern Mehlsack auf dem Leib. Dann beginnt eine rasche und un-
unterbrochene Arbeit von 4 Stunden, Werfen, Wägen, Formen, in den
Ofen schieben, aus dem Ofen holen u. s. w. des Teiges. Die Temperatur
eines Backhauses beträgt von 75 bis 90 Grad und in den kleinen Back-
häusern eher mehr als weniger. Wenn das Geschäft Brod, Wecken u. s. w.
zu machen vollbracht ist, beginnt die Vertheilung des Brods; und ein be-
trächtlicher Theil der Taglöhner, nachdem er die beschriebene harte Nacht-
arbeit vollbracht, trägt während des Tags das Brod in Körben, oder
schiebt es in Karren, von Haus zu Haus und operirt dazwischen auch manch-
mal im Backhaus. Je nach der Jahreszeit und dem Umfang des Geschäfts
endet die Arbeit zwischen 1 und 6 Uhr Nachmittags, während ein andrer
Theil der Gesellen bis spät um Mitternacht im Backhaus beschäftigt ist78)“.
„Während der Londoner Saison beginnen die Gesellen der Bäcker zu
„vollen“ Brodpreisen im Westend regelmässig um 11 Uhr Nachts, und
sind mit dem Brodbacken, unterbrochen durch einen oder zwei oft sehr

78) l. c. First Report etc. p. XL.
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[219/0238] Gnadenwahl Kapitalist oder Landlord oder Sinekurist, dazu be- rufen ist, sein Brod im Schweisse seines Angesichts zu essen, aber er wusste nicht, dass er in seinem Brode täglich ein gewisses Quantum Menschenschweiss essen muss, getränkt mit Eiterbeulenauslee- rung, Spinnweb, schwarzen Käfer-Leichnamen und fauler deutscher Hefe, abgesehn von Alaun, Sandstein und sonstigen angenehmen mineralischen Ingredienzen. Ohne alle Rücksicht auf Seine Heiligkeit, den „Free- trade“, wurde daher die anhero „freie“ Bäckerei der Aufsicht von Staats- inspektoren unterworfen (Ende der Parlamentssitzung 1863) und durch denselben Parlamentsakt die Arbeitszeit von 9 Uhr Abends bis 5 Uhr Mor- gens für Bäckergesellen unter 18 Jahren verboten. Die letztere Klausel spricht Bände über die Ueberarbeitung in diesem uns so altväterisch an- heimelnden Geschäftszweig. „Die Arbeit eines Londoner Bäckergesellen beginnt in der Regel um 11 Uhr Nachts. Zu dieser Stunde macht er den Teig, ein sehr müh- samer Prozess, der ½ bis ¾ Stunden währt, je nach der Grösse des Ge- bäcks und seiner Feinheit. Er legt sich dann nieder auf das Kneetbrett, das zugleich als Deckel des Trogs dient, worin der Teig gemacht wird, und schläft ein paar Stunden mit einem Mehlsack unter dem Kopf und einem andern Mehlsack auf dem Leib. Dann beginnt eine rasche und un- unterbrochene Arbeit von 4 Stunden, Werfen, Wägen, Formen, in den Ofen schieben, aus dem Ofen holen u. s. w. des Teiges. Die Temperatur eines Backhauses beträgt von 75 bis 90 Grad und in den kleinen Back- häusern eher mehr als weniger. Wenn das Geschäft Brod, Wecken u. s. w. zu machen vollbracht ist, beginnt die Vertheilung des Brods; und ein be- trächtlicher Theil der Taglöhner, nachdem er die beschriebene harte Nacht- arbeit vollbracht, trägt während des Tags das Brod in Körben, oder schiebt es in Karren, von Haus zu Haus und operirt dazwischen auch manch- mal im Backhaus. Je nach der Jahreszeit und dem Umfang des Geschäfts endet die Arbeit zwischen 1 und 6 Uhr Nachmittags, während ein andrer Theil der Gesellen bis spät um Mitternacht im Backhaus beschäftigt ist 78)“. „Während der Londoner Saison beginnen die Gesellen der Bäcker zu „vollen“ Brodpreisen im Westend regelmässig um 11 Uhr Nachts, und sind mit dem Brodbacken, unterbrochen durch einen oder zwei oft sehr 78) l. c. First Report etc. p. XL.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/238>, abgerufen am 24.11.2024.