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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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dige Arbeit29). Nothwendig für den Arbeiter, weil unabhängig von
der gesellschaftlichen Form seiner Arbeit. Nothwendig für das Kapital
und seine Welt, weil das beständige Dasein des Arbeiters ihre Basis.

Die zweite Periode des Arbeitsprozesses, die der Arbeiter über die
Grenzen der nothwendigen Arbeit hinausschanzt, kostet ihm zwar Arbeit,
Verausgabung von Arbeitskraft, bildet aber keinen Werth für ihn. Sie
bildet Mehrwerth, der den Kapitalisten mit allem Reiz einer Schöpfung
aus Nichts anlacht. Diesen Theil des Arbeitstags nenne ich Surplus-
arbeitszeit
, und die in ihr verausgabte Arbeit: Mehrarbeit (surplus
labour). So entscheidend es für die Erkenntniss des Werths überhaupt,
ihn als blosse Gerinnung von Arbeitszeit, als bloss vergegenständ-
lichte Arbeit, so entscheidend für die Erkenntniss des Mehrwerths,
ihn als blosse Gerinnung von Surplusarbeitszeit, als bloss
vergegenständlichte Mehrarbeit zu begreifen. Nur die Form,
worin diese Mehrarbeit dem unmittelbaren Produzenten, dem Arbeiter, ab-
gepresst wird, unterscheidet die ökonomischen Gesellschaftsformationen,
z. B. die Gesellschaft der Sklaverei von der der Lohnarbeit30).

Da der Werth des variablen Kapitals = Werth der von ihm gekauf-

29) Wir haben bisher in dieser Schrift das Wort "nothwendige Arbeits-
zeit
" angewandt für die zur Produktion einer Waare überhaupt gesellschaftlich
nothwendige Arbeitszeit. Wir brauchen es von jetzt ab auch für die zur Produk-
tion der spezifischen Waare Arbeitskraft nothwendige Arbeitszeit. Der
Gebrauch derselben termini technici in verschiednem Sinn ist misslich, aber in
keiner Wissenschaft ganz zu vermeiden. Man vergleiche z. B. die höheren und
niederen Theile der Mathematik.
30) Mit wahrhaft Gottsched'scher Genialität entdeckt Herr Wilhelm
Thucydides Roscher
, dass wenn die Bildung von Mehrwerth oder
Mehrprodukt, und die damit verbundene Accumulation, heurigen Tags der
"Sparsamkeit" des Kapitalisten geschuldet, der dafür "z. B. Zins verlangt",
dagegen "auf den niedrigsten Kulturstufen ... die Schwächeren von den Stär-
keren zur Sparsamkeit gezwungen werden." (l. c. p. 78.) Zur Ersparung von
Arbeit
? oder nicht vorhandner überschüssiger Produkte? Neben
wirklicher Ignoranz ist es apologetische Scheu vor gewissenhafter Analyse des
Werths und Mehrwerths, und etwa verfänglich-polizeiwidrigem Resultat, die einen
Roscher und Cons. zwingt, die mehr oder minder plausiblen Rechtfertigungs-
gründe
des Kapitalisten für seine Aneignung vorhandner Mehrwerthe
zum Entstehungsgrund des Mehrwerths selbst zu stempeln.

dige Arbeit29). Nothwendig für den Arbeiter, weil unabhängig von
der gesellschaftlichen Form seiner Arbeit. Nothwendig für das Kapital
und seine Welt, weil das beständige Dasein des Arbeiters ihre Basis.

Die zweite Periode des Arbeitsprozesses, die der Arbeiter über die
Grenzen der nothwendigen Arbeit hinausschanzt, kostet ihm zwar Arbeit,
Verausgabung von Arbeitskraft, bildet aber keinen Werth für ihn. Sie
bildet Mehrwerth, der den Kapitalisten mit allem Reiz einer Schöpfung
aus Nichts anlacht. Diesen Theil des Arbeitstags nenne ich Surplus-
arbeitszeit
, und die in ihr verausgabte Arbeit: Mehrarbeit (surplus
labour). So entscheidend es für die Erkenntniss des Werths überhaupt,
ihn als blosse Gerinnung von Arbeitszeit, als bloss vergegenständ-
lichte Arbeit, so entscheidend für die Erkenntniss des Mehrwerths,
ihn als blosse Gerinnung von Surplusarbeitszeit, als bloss
vergegenständlichte Mehrarbeit zu begreifen. Nur die Form,
worin diese Mehrarbeit dem unmittelbaren Produzenten, dem Arbeiter, ab-
gepresst wird, unterscheidet die ökonomischen Gesellschaftsformationen,
z. B. die Gesellschaft der Sklaverei von der der Lohnarbeit30).

Da der Werth des variablen Kapitals = Werth der von ihm gekauf-

29) Wir haben bisher in dieser Schrift das Wort „nothwendige Arbeits-
zeit
“ angewandt für die zur Produktion einer Waare überhaupt gesellschaftlich
nothwendige Arbeitszeit. Wir brauchen es von jetzt ab auch für die zur Produk-
tion der spezifischen Waare Arbeitskraft nothwendige Arbeitszeit. Der
Gebrauch derselben termini technici in verschiednem Sinn ist misslich, aber in
keiner Wissenschaft ganz zu vermeiden. Man vergleiche z. B. die höheren und
niederen Theile der Mathematik.
30) Mit wahrhaft Gottsched’scher Genialität entdeckt Herr Wilhelm
Thucydides Roscher
, dass wenn die Bildung von Mehrwerth oder
Mehrprodukt, und die damit verbundene Accumulation, heurigen Tags der
Sparsamkeit“ des Kapitalisten geschuldet, der dafür „z. B. Zins verlangt“,
dagegen „auf den niedrigsten Kulturstufen … die Schwächeren von den Stär-
keren zur Sparsamkeit gezwungen werden.“ (l. c. p. 78.) Zur Ersparung von
Arbeit
? oder nicht vorhandner überschüssiger Produkte? Neben
wirklicher Ignoranz ist es apologetische Scheu vor gewissenhafter Analyse des
Werths und Mehrwerths, und etwa verfänglich-polizeiwidrigem Resultat, die einen
Roscher und Cons. zwingt, die mehr oder minder plausiblen Rechtfertigungs-
gründe
des Kapitalisten für seine Aneignung vorhandner Mehrwerthe
zum Entstehungsgrund des Mehrwerths selbst zu stempeln.
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[184/0203] dige Arbeit 29). Nothwendig für den Arbeiter, weil unabhängig von der gesellschaftlichen Form seiner Arbeit. Nothwendig für das Kapital und seine Welt, weil das beständige Dasein des Arbeiters ihre Basis. Die zweite Periode des Arbeitsprozesses, die der Arbeiter über die Grenzen der nothwendigen Arbeit hinausschanzt, kostet ihm zwar Arbeit, Verausgabung von Arbeitskraft, bildet aber keinen Werth für ihn. Sie bildet Mehrwerth, der den Kapitalisten mit allem Reiz einer Schöpfung aus Nichts anlacht. Diesen Theil des Arbeitstags nenne ich Surplus- arbeitszeit, und die in ihr verausgabte Arbeit: Mehrarbeit (surplus labour). So entscheidend es für die Erkenntniss des Werths überhaupt, ihn als blosse Gerinnung von Arbeitszeit, als bloss vergegenständ- lichte Arbeit, so entscheidend für die Erkenntniss des Mehrwerths, ihn als blosse Gerinnung von Surplusarbeitszeit, als bloss vergegenständlichte Mehrarbeit zu begreifen. Nur die Form, worin diese Mehrarbeit dem unmittelbaren Produzenten, dem Arbeiter, ab- gepresst wird, unterscheidet die ökonomischen Gesellschaftsformationen, z. B. die Gesellschaft der Sklaverei von der der Lohnarbeit 30). Da der Werth des variablen Kapitals = Werth der von ihm gekauf- 29) Wir haben bisher in dieser Schrift das Wort „nothwendige Arbeits- zeit“ angewandt für die zur Produktion einer Waare überhaupt gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit. Wir brauchen es von jetzt ab auch für die zur Produk- tion der spezifischen Waare Arbeitskraft nothwendige Arbeitszeit. Der Gebrauch derselben termini technici in verschiednem Sinn ist misslich, aber in keiner Wissenschaft ganz zu vermeiden. Man vergleiche z. B. die höheren und niederen Theile der Mathematik. 30) Mit wahrhaft Gottsched’scher Genialität entdeckt Herr Wilhelm Thucydides Roscher, dass wenn die Bildung von Mehrwerth oder Mehrprodukt, und die damit verbundene Accumulation, heurigen Tags der „Sparsamkeit“ des Kapitalisten geschuldet, der dafür „z. B. Zins verlangt“, dagegen „auf den niedrigsten Kulturstufen … die Schwächeren von den Stär- keren zur Sparsamkeit gezwungen werden.“ (l. c. p. 78.) Zur Ersparung von Arbeit? oder nicht vorhandner überschüssiger Produkte? Neben wirklicher Ignoranz ist es apologetische Scheu vor gewissenhafter Analyse des Werths und Mehrwerths, und etwa verfänglich-polizeiwidrigem Resultat, die einen Roscher und Cons. zwingt, die mehr oder minder plausiblen Rechtfertigungs- gründe des Kapitalisten für seine Aneignung vorhandner Mehrwerthe zum Entstehungsgrund des Mehrwerths selbst zu stempeln.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/203>, abgerufen am 24.11.2024.