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Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.

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zu konstatiren und auf einen geheimen Hinterhalt hinzudeuten, der nur durch
die Verhältnisse einstweilen verhindert werde, dem französischen Volke seine
verborgenen Schätze zu erschließen. So der Vorschlag, den Unteroffizieren
eine tägliche Zulage von vier Sous zu dekretiren. So der Vorschlag einer
Ehrenleihbank für die Arbeiter. Geld geschenkt und Geld gepumpt zu erhalten,
das war die Perspektive, womit er die Massen zu ködern hoffte. Schenken
und Pumpen, darauf beschränkt sich die Finanzwissenschaft des Lumpenprole¬
tariats, des vornehmen und des gemeinen. Darauf beschränkten sich die
Springfedern, die Bonaparte in Bewegung zu setzen wußte. Nie hat ein
Prätendent platter auf die Plattheit der Massen spekulirt.

Die Nationalversammlung brauste wiederholt auf bei diesen unverkenn¬
baren Versuchen auf ihre Kosten Popularität zu erwerben, bei der wachsenden
Gefahr, daß dieser Abenteurer, den die Schulden voranpeitschten und kein
erworbener Ruf zurückhielt, einen verzweifelten Streich wagen werde. Die
Verstimmung zwischen der Ordnungspartei und dem Präsidenten hatte einen
drohenden Charakter angenommen, als ein unerwartetes Ereigniß ihn reuig
in ihre Arme zurückwarf. Wir meinen die Nachwahlen vom 10.
März 1850. Diese Wahlen fanden statt, um die Repräsentantenstellen,
die nach dem 13. Juni durch das Gefängniß oder das Exil erledigt worden
waren, wieder zu besetzen. Paris wählte nur sozial-demokratische Kandidaten.
Es vereinte sogar die meisten Stimmen auf einen Insurgenten des Juni 1848,
auf Deflotte. So rächte sich das mit dem Proletariat alliirte Pariser Klein¬
bürgerthum für seine Niederlage am 13. Juni 1849. Es schien im Augen¬
blick der Gefahr nur vom Kampfplatz verschwunden zu sein, um ihn bei
günstiger Gelegenheit mit massenhafteren Streitkräften und mit einer kühnern
Kampfparole wieder zu betreten. Ein Umstand schien die Gefahr dieses
Wahlsieges zu erhöhen. Die Armee stimmte in Paris für den Juniinsurgen¬
ten gegen Lahitte, einen Minister Bonaparte's, und in den Departements
zum großen Theil für die Montagnards, die auch hier, zwar nicht so ent¬
schieden wie in Paris, das Uebergewicht über ihre Gegner behaupteten.

Bonaparte sah sich plötzlich wieder die Revolution gegenüber stehen.
Wie am 29. Januar 1849, wie am 13. Juni 1849, verschwand er, am
10. März 1850 hinter der Partei der Ordnung. Er beugte sich, er that
kleinmüthig Abbitte, er erbot sich auf Befehl der parlamentarischen Majori¬
tät jedes beliebige Ministerium zu ernennen, er flehte sogar die orleanistischen
und legitimistischen Parteiführer, die Thiers, die Berryer, die Broglio, die

zu konſtatiren und auf einen geheimen Hinterhalt hinzudeuten, der nur durch
die Verhältniſſe einſtweilen verhindert werde, dem franzöſiſchen Volke ſeine
verborgenen Schätze zu erſchließen. So der Vorſchlag, den Unteroffizieren
eine tägliche Zulage von vier Sous zu dekretiren. So der Vorſchlag einer
Ehrenleihbank für die Arbeiter. Geld geſchenkt und Geld gepumpt zu erhalten,
das war die Perſpektive, womit er die Maſſen zu ködern hoffte. Schenken
und Pumpen, darauf beſchränkt ſich die Finanzwiſſenſchaft des Lumpenprole¬
tariats, des vornehmen und des gemeinen. Darauf beſchränkten ſich die
Springfedern, die Bonaparte in Bewegung zu ſetzen wußte. Nie hat ein
Prätendent platter auf die Plattheit der Maſſen ſpekulirt.

Die Nationalverſammlung brauſte wiederholt auf bei dieſen unverkenn¬
baren Verſuchen auf ihre Koſten Popularität zu erwerben, bei der wachſenden
Gefahr, daß dieſer Abenteurer, den die Schulden voranpeitſchten und kein
erworbener Ruf zurückhielt, einen verzweifelten Streich wagen werde. Die
Verſtimmung zwiſchen der Ordnungspartei und dem Präſidenten hatte einen
drohenden Charakter angenommen, als ein unerwartetes Ereigniß ihn reuig
in ihre Arme zurückwarf. Wir meinen die Nachwahlen vom 10.
März 1850. Dieſe Wahlen fanden ſtatt, um die Repräſentantenſtellen,
die nach dem 13. Juni durch das Gefängniß oder das Exil erledigt worden
waren, wieder zu beſetzen. Paris wählte nur ſozial-demokratiſche Kandidaten.
Es vereinte ſogar die meiſten Stimmen auf einen Inſurgenten des Juni 1848,
auf Deflotte. So rächte ſich das mit dem Proletariat alliirte Pariſer Klein¬
bürgerthum für ſeine Niederlage am 13. Juni 1849. Es ſchien im Augen¬
blick der Gefahr nur vom Kampfplatz verſchwunden zu ſein, um ihn bei
günſtiger Gelegenheit mit maſſenhafteren Streitkräften und mit einer kühnern
Kampfparole wieder zu betreten. Ein Umſtand ſchien die Gefahr dieſes
Wahlſieges zu erhöhen. Die Armee ſtimmte in Paris für den Juniinſurgen¬
ten gegen Lahitte, einen Miniſter Bonaparte's, und in den Departements
zum großen Theil für die Montagnards, die auch hier, zwar nicht ſo ent¬
ſchieden wie in Paris, das Uebergewicht über ihre Gegner behaupteten.

Bonaparte ſah ſich plötzlich wieder die Revolution gegenüber ſtehen.
Wie am 29. Januar 1849, wie am 13. Juni 1849, verſchwand er, am
10. März 1850 hinter der Partei der Ordnung. Er beugte ſich, er that
kleinmüthig Abbitte, er erbot ſich auf Befehl der parlamentariſchen Majori¬
tät jedes beliebige Miniſterium zu ernennen, er flehte ſogar die orleaniſtiſchen
und legitimiſtiſchen Parteiführer, die Thiers, die Berryer, die Broglio, die

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[43/0055] zu konſtatiren und auf einen geheimen Hinterhalt hinzudeuten, der nur durch die Verhältniſſe einſtweilen verhindert werde, dem franzöſiſchen Volke ſeine verborgenen Schätze zu erſchließen. So der Vorſchlag, den Unteroffizieren eine tägliche Zulage von vier Sous zu dekretiren. So der Vorſchlag einer Ehrenleihbank für die Arbeiter. Geld geſchenkt und Geld gepumpt zu erhalten, das war die Perſpektive, womit er die Maſſen zu ködern hoffte. Schenken und Pumpen, darauf beſchränkt ſich die Finanzwiſſenſchaft des Lumpenprole¬ tariats, des vornehmen und des gemeinen. Darauf beſchränkten ſich die Springfedern, die Bonaparte in Bewegung zu ſetzen wußte. Nie hat ein Prätendent platter auf die Plattheit der Maſſen ſpekulirt. Die Nationalverſammlung brauſte wiederholt auf bei dieſen unverkenn¬ baren Verſuchen auf ihre Koſten Popularität zu erwerben, bei der wachſenden Gefahr, daß dieſer Abenteurer, den die Schulden voranpeitſchten und kein erworbener Ruf zurückhielt, einen verzweifelten Streich wagen werde. Die Verſtimmung zwiſchen der Ordnungspartei und dem Präſidenten hatte einen drohenden Charakter angenommen, als ein unerwartetes Ereigniß ihn reuig in ihre Arme zurückwarf. Wir meinen die Nachwahlen vom 10. März 1850. Dieſe Wahlen fanden ſtatt, um die Repräſentantenſtellen, die nach dem 13. Juni durch das Gefängniß oder das Exil erledigt worden waren, wieder zu beſetzen. Paris wählte nur ſozial-demokratiſche Kandidaten. Es vereinte ſogar die meiſten Stimmen auf einen Inſurgenten des Juni 1848, auf Deflotte. So rächte ſich das mit dem Proletariat alliirte Pariſer Klein¬ bürgerthum für ſeine Niederlage am 13. Juni 1849. Es ſchien im Augen¬ blick der Gefahr nur vom Kampfplatz verſchwunden zu ſein, um ihn bei günſtiger Gelegenheit mit maſſenhafteren Streitkräften und mit einer kühnern Kampfparole wieder zu betreten. Ein Umſtand ſchien die Gefahr dieſes Wahlſieges zu erhöhen. Die Armee ſtimmte in Paris für den Juniinſurgen¬ ten gegen Lahitte, einen Miniſter Bonaparte's, und in den Departements zum großen Theil für die Montagnards, die auch hier, zwar nicht ſo ent¬ ſchieden wie in Paris, das Uebergewicht über ihre Gegner behaupteten. Bonaparte ſah ſich plötzlich wieder die Revolution gegenüber ſtehen. Wie am 29. Januar 1849, wie am 13. Juni 1849, verſchwand er, am 10. März 1850 hinter der Partei der Ordnung. Er beugte ſich, er that kleinmüthig Abbitte, er erbot ſich auf Befehl der parlamentariſchen Majori¬ tät jedes beliebige Miniſterium zu ernennen, er flehte ſogar die orleaniſtiſchen und legitimiſtiſchen Parteiführer, die Thiers, die Berryer, die Broglio, die

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_bonaparte_1869/55>, abgerufen am 27.11.2024.