Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.der Instinkt, daß die Republik zwar ihre politische Herrschaft vollen¬ Der koalisirten Bourgeoisie gegenüber hatte sich eine Koalition zwischen der Inſtinkt, daß die Republik zwar ihre politiſche Herrſchaft vollen¬ Der koaliſirten Bourgeoiſie gegenüber hatte ſich eine Koalition zwiſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0040" n="28"/> der Inſtinkt, daß die Republik zwar ihre politiſche Herrſchaft vollen¬<lb/> det, aber zugleich deren geſellſchaftliche Grundlage unterwühlt, indem ſie<lb/> nun ohne Vermittlung, ohne den Verſteck der Krone, ohne das nationale In¬<lb/> tereſſe durch ihre untergeordneten Kämpfe unter einander und mit dem König¬<lb/> thum ableiten zu können, den unterjochten Klaſſen gegenüberſtehn und mit<lb/> ihnen ringen müſſen. Es war Gefühl der Schwäche, das ſie vor den reinen<lb/> Bedingungen ihrer eignen Klaſſenherrſchaft zurückbeben und ſich nach den<lb/> unvollſtändigern, unentwickelteren und eben darum gefahrloſeren Formen<lb/> derſelben zurückſehnen ließ. So oft die koaliſirten Royaliſten dagegen in<lb/> Konflikt mit dem Prätendenten gerathen, der ihnen gegenüberſteht, mit<lb/> Bonaparte, ſo oft ſie ihre parlamentariſche Allmacht von der Exekutivgewalt<lb/> gefährdet glauben, ſo oft ſie alſo den politiſchen Titel ihrer Herrſchaft heraus¬<lb/> kehren müſſen, treten ſie als <hi rendition="#g">Republikaner</hi> auf und nicht als <hi rendition="#g">Roya¬<lb/> liſten</hi>, von dem Orleaniſten Thiers, der die Nationalverſammlung warnt,<lb/> daß die Republik ſie am wenigſten trenne, bis auf den Legitimiſten Berryer,<lb/> der am <hi rendition="#aq">2</hi>. Dezember <hi rendition="#aq">1851</hi> die dreifarbige Schärpe umgewunden, das vor<lb/> dem Mairiegebäude des zehnten Arrondiſſements verſammelte Volk als Tribun<lb/> im Namen der Republik haranguirt. Allerdings ruft ihm das Echo ſpottend<lb/> zurück: <hi rendition="#aq">Henri V</hi>.! <hi rendition="#aq">Henri V</hi>.!</p><lb/> <p>Der koaliſirten Bourgeoiſie gegenüber hatte ſich eine Koalition zwiſchen<lb/> Kleinbürgern und Arbeitern gebildet, die ſogenannte <hi rendition="#g">ſozial-demokra¬<lb/> tiſche</hi> Partei. Die Kleinbürger ſahen ſich nach den Junitagen <hi rendition="#aq">1848</hi> ſchlecht<lb/> belohnt, ihre materiellen Intereſſen gefährdet und die demokratiſchen Garan¬<lb/> tien, die ihnen die Geltendmachung dieſer Intereſſen ſichern ſollten, von der<lb/> Kontrerevolution in Frage geſtellt. Sie näherten ſich daher den Arbeitern.<lb/> Ihre parlamentariſche Repräſentation andrerſeits die <hi rendition="#g">Montagne</hi>, wäh¬<lb/> rend der Diktatur der Bourgeois–Republikaner bei Seite geſchoben, hatte in<lb/> der letzten Lebenshälfte der Konſtituante durch den Kampf mit Bonaparte<lb/> und den royaliſtiſchen Miniſtern ihre verlorene Popularität wiedererobert.<lb/> Sie hatte mit den ſozialiſtiſchen Führern eine Allianz geſchloſſen. Februar<lb/><hi rendition="#aq">1849</hi> wurden Verſöhnungs–Bankette gefeiert. Ein gemeinſchaftliches<lb/> Programm wurde entworfen, gemeinſchaftliche Wahlkomit<hi rendition="#aq">é</hi>s wurden geſtiftet<lb/> und gemeinſchaftliche Kandidaten aufgeſtellt. Den ſozialen Forderungen des<lb/> Proletariats ward die revolutionäre Pointe abgebrochen und eine demokra¬<lb/> tiſche Wendung gegeben, den demokratiſchen Anſprüchen des Kleinbürger¬<lb/> thums die blos politiſche Form abgeſtreift und ihre ſozialiſtiſche Pointe<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0040]
der Inſtinkt, daß die Republik zwar ihre politiſche Herrſchaft vollen¬
det, aber zugleich deren geſellſchaftliche Grundlage unterwühlt, indem ſie
nun ohne Vermittlung, ohne den Verſteck der Krone, ohne das nationale In¬
tereſſe durch ihre untergeordneten Kämpfe unter einander und mit dem König¬
thum ableiten zu können, den unterjochten Klaſſen gegenüberſtehn und mit
ihnen ringen müſſen. Es war Gefühl der Schwäche, das ſie vor den reinen
Bedingungen ihrer eignen Klaſſenherrſchaft zurückbeben und ſich nach den
unvollſtändigern, unentwickelteren und eben darum gefahrloſeren Formen
derſelben zurückſehnen ließ. So oft die koaliſirten Royaliſten dagegen in
Konflikt mit dem Prätendenten gerathen, der ihnen gegenüberſteht, mit
Bonaparte, ſo oft ſie ihre parlamentariſche Allmacht von der Exekutivgewalt
gefährdet glauben, ſo oft ſie alſo den politiſchen Titel ihrer Herrſchaft heraus¬
kehren müſſen, treten ſie als Republikaner auf und nicht als Roya¬
liſten, von dem Orleaniſten Thiers, der die Nationalverſammlung warnt,
daß die Republik ſie am wenigſten trenne, bis auf den Legitimiſten Berryer,
der am 2. Dezember 1851 die dreifarbige Schärpe umgewunden, das vor
dem Mairiegebäude des zehnten Arrondiſſements verſammelte Volk als Tribun
im Namen der Republik haranguirt. Allerdings ruft ihm das Echo ſpottend
zurück: Henri V.! Henri V.!
Der koaliſirten Bourgeoiſie gegenüber hatte ſich eine Koalition zwiſchen
Kleinbürgern und Arbeitern gebildet, die ſogenannte ſozial-demokra¬
tiſche Partei. Die Kleinbürger ſahen ſich nach den Junitagen 1848 ſchlecht
belohnt, ihre materiellen Intereſſen gefährdet und die demokratiſchen Garan¬
tien, die ihnen die Geltendmachung dieſer Intereſſen ſichern ſollten, von der
Kontrerevolution in Frage geſtellt. Sie näherten ſich daher den Arbeitern.
Ihre parlamentariſche Repräſentation andrerſeits die Montagne, wäh¬
rend der Diktatur der Bourgeois–Republikaner bei Seite geſchoben, hatte in
der letzten Lebenshälfte der Konſtituante durch den Kampf mit Bonaparte
und den royaliſtiſchen Miniſtern ihre verlorene Popularität wiedererobert.
Sie hatte mit den ſozialiſtiſchen Führern eine Allianz geſchloſſen. Februar
1849 wurden Verſöhnungs–Bankette gefeiert. Ein gemeinſchaftliches
Programm wurde entworfen, gemeinſchaftliche Wahlkomités wurden geſtiftet
und gemeinſchaftliche Kandidaten aufgeſtellt. Den ſozialen Forderungen des
Proletariats ward die revolutionäre Pointe abgebrochen und eine demokra¬
tiſche Wendung gegeben, den demokratiſchen Anſprüchen des Kleinbürger¬
thums die blos politiſche Form abgeſtreift und ihre ſozialiſtiſche Pointe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDiese zweite, von Marx überarbeitete Fassung des … [mehr] Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |