Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.Der unvermeidliche Generalstab der Freiheiten von 1848, persönliche Der unvermeidliche Generalſtab der Freiheiten von 1848, perſönliche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0025" n="13"/> <p>Der unvermeidliche Generalſtab der Freiheiten von 1848, perſönliche<lb/> Freiheit, Preß-, Rede-, Aſſoziations-, Verſammlungs-, Lehr- und Religions-<lb/> Freiheit u. ſ. w., erhielt eine konſtitutionelle Uniform, die ſie unverwundbar<lb/> machte. Jede dieſer Freiheiten wird nämlich als das <hi rendition="#g">unbedingte</hi> Recht<lb/> des franzöſiſchen Citoyen proklamirt, aber mit der beſtändigen Randgloſſe,<lb/> daß ſie ſchrankenlos ſei, ſo weit ſie nicht durch die „<hi rendition="#g">gleichen Rechte An¬<lb/> derer</hi> und die <hi rendition="#g">öffentliche Sicherheit</hi>“ beſchränkt werde, oder durch<lb/> „Geſetze“, die eben dieſe Harmonie der individuellen Freiheiten unter einan¬<lb/> der und mit der öffentlichen Sicherheit vermitteln ſollen. Z. B.: „die Bür¬<lb/> ger haben das Recht ſich zu aſſoziren, ſich friedlich und unbewaffnet zu ver¬<lb/> ſammeln, zu petitioniren und ihre Meinungen durch die Preſſe oder wie ſonſt<lb/> immer auszudrücken. <hi rendition="#g">Der Genuß dieſer Rechte hat keine an¬<lb/> dere Schranke</hi>, <hi rendition="#g">als die gleichen Rechte Andrer und die<lb/> öffentliche Sicherheit</hi>.“ (Kap. <hi rendition="#aq">II</hi>. der franzöſiſchen Konſtitution, §. 8.)<lb/> — „Der Unterricht iſt frei. Die Freiheit des Unterrichts ſoll <hi rendition="#g">genoſſen</hi><lb/> werden unter den vom Geſetze fixirten Bedingungen und unter der Oberauf¬<lb/> ſicht des Staats.“ (A. a. O. §. 9.) — „Die Wohnung jedes Bürgers iſt<lb/> unverletzlich <hi rendition="#g">außer</hi> in den vom Geſetz vorgeſchriebenen Formen.“ (Kap. <hi rendition="#aq">I</hi>.<lb/> §. 3.) U. ſ. w., u. ſ. w. — Die Konſtitution weiſt daher beſtändig auf<lb/> zukünftige <hi rendition="#g">organiſche</hi> Geſetze hin, die jene Randgloſſen ausführen und<lb/> den Genuß dieſer unbeſchränkten Freiheiten ſo reguliren ſollen, daß ſie weder<lb/> unter einander, noch mit der öffentlichen Sicherheit anſtoßen. Und ſpäter<lb/> ſind dieſe organiſchen Geſetze von den Ordnungsfreunden in's Leben gerufen<lb/> und alle jene Freiheiten ſo regulirt worden, daß die Bourgeoiſie in deren<lb/> Genuß an den gleichen Rechten der andern Klaſſen keinen Anſtoß findet.<lb/> Wo ſie „den Andern“ dieſe Freiheiten ganz unterſagt oder ihren Genuß un¬<lb/> ter Bedingungen erlaubt, die eben ſo viele Polizei-Fallſtricke ſind, geſchah<lb/> dies immer nur im Intereſſe der „<hi rendition="#g">öffentlichen Sicherheit</hi>,“ d. h.<lb/> der Sicherheit der Bourgeoiſie, wie die Konſtitution vorſchreibt. Beide Seiten<lb/> berufen ſich daher in der Folge mit vollem Recht auf die Konſtitution, ſowohl<lb/> die Ordnungsfreunde, die alle jene Freiheiten aufhoben, wie die Demokraten,<lb/> die ſie alle heraus verlangten. Jeder Paragraph der Konſtitution enthält<lb/> nämlich ſeine eigene Antitheſe, ſein eignes Ober- und Unterhaus in ſich, näm¬<lb/> lich in der allgemeinen Phraſe die Freiheit, in der Randgloſſe die Aufhebung<lb/> der Freiheit. So lange alſo der <hi rendition="#g">Name</hi> der Freiheit reſpektirt und nur die<lb/> wirkliche Ausführung derſelben verhindert wurde, auf geſetzlichem Wege<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0025]
Der unvermeidliche Generalſtab der Freiheiten von 1848, perſönliche
Freiheit, Preß-, Rede-, Aſſoziations-, Verſammlungs-, Lehr- und Religions-
Freiheit u. ſ. w., erhielt eine konſtitutionelle Uniform, die ſie unverwundbar
machte. Jede dieſer Freiheiten wird nämlich als das unbedingte Recht
des franzöſiſchen Citoyen proklamirt, aber mit der beſtändigen Randgloſſe,
daß ſie ſchrankenlos ſei, ſo weit ſie nicht durch die „gleichen Rechte An¬
derer und die öffentliche Sicherheit“ beſchränkt werde, oder durch
„Geſetze“, die eben dieſe Harmonie der individuellen Freiheiten unter einan¬
der und mit der öffentlichen Sicherheit vermitteln ſollen. Z. B.: „die Bür¬
ger haben das Recht ſich zu aſſoziren, ſich friedlich und unbewaffnet zu ver¬
ſammeln, zu petitioniren und ihre Meinungen durch die Preſſe oder wie ſonſt
immer auszudrücken. Der Genuß dieſer Rechte hat keine an¬
dere Schranke, als die gleichen Rechte Andrer und die
öffentliche Sicherheit.“ (Kap. II. der franzöſiſchen Konſtitution, §. 8.)
— „Der Unterricht iſt frei. Die Freiheit des Unterrichts ſoll genoſſen
werden unter den vom Geſetze fixirten Bedingungen und unter der Oberauf¬
ſicht des Staats.“ (A. a. O. §. 9.) — „Die Wohnung jedes Bürgers iſt
unverletzlich außer in den vom Geſetz vorgeſchriebenen Formen.“ (Kap. I.
§. 3.) U. ſ. w., u. ſ. w. — Die Konſtitution weiſt daher beſtändig auf
zukünftige organiſche Geſetze hin, die jene Randgloſſen ausführen und
den Genuß dieſer unbeſchränkten Freiheiten ſo reguliren ſollen, daß ſie weder
unter einander, noch mit der öffentlichen Sicherheit anſtoßen. Und ſpäter
ſind dieſe organiſchen Geſetze von den Ordnungsfreunden in's Leben gerufen
und alle jene Freiheiten ſo regulirt worden, daß die Bourgeoiſie in deren
Genuß an den gleichen Rechten der andern Klaſſen keinen Anſtoß findet.
Wo ſie „den Andern“ dieſe Freiheiten ganz unterſagt oder ihren Genuß un¬
ter Bedingungen erlaubt, die eben ſo viele Polizei-Fallſtricke ſind, geſchah
dies immer nur im Intereſſe der „öffentlichen Sicherheit,“ d. h.
der Sicherheit der Bourgeoiſie, wie die Konſtitution vorſchreibt. Beide Seiten
berufen ſich daher in der Folge mit vollem Recht auf die Konſtitution, ſowohl
die Ordnungsfreunde, die alle jene Freiheiten aufhoben, wie die Demokraten,
die ſie alle heraus verlangten. Jeder Paragraph der Konſtitution enthält
nämlich ſeine eigene Antitheſe, ſein eignes Ober- und Unterhaus in ſich, näm¬
lich in der allgemeinen Phraſe die Freiheit, in der Randgloſſe die Aufhebung
der Freiheit. So lange alſo der Name der Freiheit reſpektirt und nur die
wirkliche Ausführung derſelben verhindert wurde, auf geſetzlichem Wege
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