Die bloßen Geschäftsträger, Charges d'affaires, der- gleichen zuweilen während der Abwesenheit des ordentlichem Gesandten, oft aber auch an Höfen an welchen man keine characterisirte Gesandte halten kann oder will ernannt wer- den, haben zwar nicht den Character als Minister, sie legi- timiren sich auch gemeiniglich b) nicht durch eigene Beglau- bigungsschreiben an den Staat sondern werden nur münd- lich von dem abreisenden Gesandten dem Hofe in der Ei- genschaft vorgestellt, oder bekommen nur ein Schreiben an den Staatssecretair mit, das Ceremoniel dessen sie genießen ist auch weder hinreichend noch gleichförmig an den mehresten Höfen bestimmt, gleichwohl stehn ihnen alle wesentlichen Rechte der Gesandten der dritten Klasse zu, daher sie auch diesen nicht mit Unrecht beygezählt werden können.
a) Zwischen diesen wird an einigen Höfen gar kein Unterschied ge- macht, wie er denn überhaupt nirgend sehr erheblich ist.
b) Doch machen hierin die Agenten der Hanseestädte an einigen Hö- fen eine Ausnahme.
§. 192. Präcedenz der Gesandten der verschiedenen Klassen.
Unter den Gesandten der verschiedenen Klassen haben: I. die Gesandten der ersten Klasse kraft des ihnen zuste- henden Repräsentativ-Characters: 1) unstreitig den Rang über alle Gesandten der unteren Klassen ohne Rücksicht auf die Präcedenz ihrer Höfe, 2) untereinander geben oder for- dern sie den Rang nachdem ihre Höfe ihn einräumen, be- sitzen oder behaupten a), so daß dabey weder die Verschieden- heit der Benennung ihrer gesandschaftlichen Würde, noch der Unterschied zwischen den außerordentlichen und ordentli- chen Bothschaftern b) u. s. f. noch auch auf irgend eine Weise ihre Geburt oder irgend eine Würde oder Amt die sie neben dem bekleiden, sondern allein ihr Representativ-Character in Betrachtung gezogen werden kann c).
II. Unter den Gesandten der zweyten und dritten Klasse wird zwar an einigen Höfen selbst in Ansehung der Präce-
denz
Siebentes Buch. Zweytes Hauptſtuͤck.
Die bloßen Geſchaͤftstraͤger, Chargés d’affaires, der- gleichen zuweilen waͤhrend der Abweſenheit des ordentlichem Geſandten, oft aber auch an Hoͤfen an welchen man keine characteriſirte Geſandte halten kann oder will ernannt wer- den, haben zwar nicht den Character als Miniſter, ſie legi- timiren ſich auch gemeiniglich b) nicht durch eigene Beglau- bigungsſchreiben an den Staat ſondern werden nur muͤnd- lich von dem abreiſenden Geſandten dem Hofe in der Ei- genſchaft vorgeſtellt, oder bekommen nur ein Schreiben an den Staatsſecretair mit, das Ceremoniel deſſen ſie genießen iſt auch weder hinreichend noch gleichfoͤrmig an den mehreſten Hoͤfen beſtimmt, gleichwohl ſtehn ihnen alle weſentlichen Rechte der Geſandten der dritten Klaſſe zu, daher ſie auch dieſen nicht mit Unrecht beygezaͤhlt werden koͤnnen.
a) Zwiſchen dieſen wird an einigen Hoͤfen gar kein Unterſchied ge- macht, wie er denn uͤberhaupt nirgend ſehr erheblich iſt.
b) Doch machen hierin die Agenten der Hanſeeſtaͤdte an einigen Hoͤ- fen eine Ausnahme.
§. 192. Praͤcedenz der Geſandten der verſchiedenen Klaſſen.
Unter den Geſandten der verſchiedenen Klaſſen haben: I. die Geſandten der erſten Klaſſe kraft des ihnen zuſte- henden Repraͤſentativ-Characters: 1) unſtreitig den Rang uͤber alle Geſandten der unteren Klaſſen ohne Ruͤckſicht auf die Praͤcedenz ihrer Hoͤfe, 2) untereinander geben oder for- dern ſie den Rang nachdem ihre Hoͤfe ihn einraͤumen, be- ſitzen oder behaupten a), ſo daß dabey weder die Verſchieden- heit der Benennung ihrer geſandſchaftlichen Wuͤrde, noch der Unterſchied zwiſchen den außerordentlichen und ordentli- chen Bothſchaftern b) u. ſ. f. noch auch auf irgend eine Weiſe ihre Geburt oder irgend eine Wuͤrde oder Amt die ſie neben dem bekleiden, ſondern allein ihr Repreſentativ-Character in Betrachtung gezogen werden kann c).
II. Unter den Geſandten der zweyten und dritten Klaſſe wird zwar an einigen Hoͤfen ſelbſt in Anſehung der Praͤce-
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Siebentes Buch. Zweytes Hauptſtuͤck.
Die bloßen Geſchaͤftstraͤger, Chargés d’affaires, der-
gleichen zuweilen waͤhrend der Abweſenheit des ordentlichem
Geſandten, oft aber auch an Hoͤfen an welchen man keine
characteriſirte Geſandte halten kann oder will ernannt wer-
den, haben zwar nicht den Character als Miniſter, ſie legi-
timiren ſich auch gemeiniglich b) nicht durch eigene Beglau-
bigungsſchreiben an den Staat ſondern werden nur muͤnd-
lich von dem abreiſenden Geſandten dem Hofe in der Ei-
genſchaft vorgeſtellt, oder bekommen nur ein Schreiben an
den Staatsſecretair mit, das Ceremoniel deſſen ſie genießen
iſt auch weder hinreichend noch gleichfoͤrmig an den mehreſten
Hoͤfen beſtimmt, gleichwohl ſtehn ihnen alle weſentlichen
Rechte der Geſandten der dritten Klaſſe zu, daher ſie auch
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a⁾ Zwiſchen dieſen wird an einigen Hoͤfen gar kein Unterſchied ge-
macht, wie er denn uͤberhaupt nirgend ſehr erheblich iſt.
b⁾ Doch machen hierin die Agenten der Hanſeeſtaͤdte an einigen Hoͤ-
fen eine Ausnahme.
§. 192.
Praͤcedenz der Geſandten der verſchiedenen Klaſſen.
Unter den Geſandten der verſchiedenen Klaſſen haben:
I. die Geſandten der erſten Klaſſe kraft des ihnen zuſte-
henden Repraͤſentativ-Characters: 1) unſtreitig den Rang
uͤber alle Geſandten der unteren Klaſſen ohne Ruͤckſicht auf
die Praͤcedenz ihrer Hoͤfe, 2) untereinander geben oder for-
dern ſie den Rang nachdem ihre Hoͤfe ihn einraͤumen, be-
ſitzen oder behaupten a), ſo daß dabey weder die Verſchieden-
heit der Benennung ihrer geſandſchaftlichen Wuͤrde, noch
der Unterſchied zwiſchen den außerordentlichen und ordentli-
chen Bothſchaftern b) u. ſ. f. noch auch auf irgend eine Weiſe
ihre Geburt oder irgend eine Wuͤrde oder Amt die ſie neben
dem bekleiden, ſondern allein ihr Repreſentativ-Character in
Betrachtung gezogen werden kann c).
II. Unter den Geſandten der zweyten und dritten Klaſſe
wird zwar an einigen Hoͤfen ſelbſt in Anſehung der Praͤce-
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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/256>, abgerufen am 03.07.2024.
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