Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.Gleichheit Würden und Rang. mehr eingeräumt wird c), durch ganz Europa der Grundsatz,daß zwar jedes Volk seinem Regenten jeden neuen Titel den es für gut findet, beylegen könne, auswärtige Mächte aber nicht schuldig sind ihn anzuerkennen, vielmehr alles auf Verträge und Herkommen mit Auswärtigen beruhe, folg- lich die Anerkennung auch bedingt geschehn könne e). a) So erhob Kaiser Heinrich II. 906 das Herzogthum Ungarn zum Königreich; so ernannte Kaiser Heinrich IV. 1086 den Herzog Wratislaw zum König von Böhmen, und Otto IV. ernannte gar einen König von Armenien. Merkwürdig ist es, daß die Genue- ser dem Kaiser Friedrich I. 4000 Mark Silders anboten, wenn er ihre Insel Sardinien zum Königreich erheben wolle. Han- növerische gelehrte Anzeigen 1750. S. 173. I. P. Ludewig de iure reges appellandi 2tes Hauptst. §. 7. in dessen Opuscula T. I. p. 62. de Real science du Gouvernement T. V. p. 842. b) So ernannte Pabst Sylvester II. dem Kaiser zum Trotz 1005 einen König von Ungarn, Pabst Eugen erhob Alfonsus I. zum König von Portugal; Honorius II machte Rogern Grafen von Sicilien zum Herzog, und sein Gegenpabst Anaclet machte ihn zum König 1136. So gab, um sich in Besitz dieses Rechts zu erhalten der Pabst der Königinn Maria von England die uner- betene Erlaubniß den Titel Königinn von Irland zu führen, da schon Heinrich VIII. sich ohne den Pabst zu fragen zum König von Irland hatte ausrufen lassen Raynald ad. a. 1555. de Real science du Gouvernement T. V. p. 837. u. f. c) Friedrich I. erhob sich selbst zum ersten Könige von Preußen, ob- wohl in dem Krontractat den er zum voraus mit Kaiser Leo- pold desfalls 1700 errichtete, die, nicht unentgeltlich erlangte, kaiserliche Genehmigung in künstlich gewandten Ausdrücken noch Anspielungen auf das alte angemaßte kaiserliche Recht enthält. Rousset Supplements T. II. P. I. p. 461. -- Ob, falls der Kaiser noch jetzt die königliche Würde ertheilen wollte, die Stände des Reichs als solche sie anzuerkennen schuldig wären, läßt sich zweifeln. Weder Gesetz noch passender Besitzstand entscheiden die Frage; nur Analogie bleibt übrig. Moser von den kaiserli- chen Regierungsrechten S. 421. Auch dem Pabst wird kein Recht mehr eingeräumt Kronen zu vergeben. Umsonst berief er sich darauf und protestirte wider die Anerkenntniß Friedrichs I. K 4
Gleichheit Wuͤrden und Rang. mehr eingeraͤumt wird c), durch ganz Europa der Grundſatz,daß zwar jedes Volk ſeinem Regenten jeden neuen Titel den es fuͤr gut findet, beylegen koͤnne, auswaͤrtige Maͤchte aber nicht ſchuldig ſind ihn anzuerkennen, vielmehr alles auf Vertraͤge und Herkommen mit Auswaͤrtigen beruhe, folg- lich die Anerkennung auch bedingt geſchehn koͤnne e). a) So erhob Kaiſer Heinrich II. 906 das Herzogthum Ungarn zum Koͤnigreich; ſo ernannte Kaiſer Heinrich IV. 1086 den Herzog Wratislaw zum Koͤnig von Boͤhmen, und Otto IV. ernannte gar einen Koͤnig von Armenien. Merkwuͤrdig iſt es, daß die Genue- ſer dem Kaiſer Friedrich I. 4000 Mark Silders anboten, wenn er ihre Inſel Sardinien zum Koͤnigreich erheben wolle. Han- noͤveriſche gelehrte Anzeigen 1750. S. 173. I. P. Ludewig de iure reges appellandi 2tes Hauptſt. §. 7. in deſſen Opuſcula T. I. p. 62. de Real ſcience du Gouvernement T. V. p. 842. b) So ernannte Pabſt Sylveſter II. dem Kaiſer zum Trotz 1005 einen Koͤnig von Ungarn, Pabſt Eugen erhob Alfonſus I. zum Koͤnig von Portugal; Honorius II machte Rogern Grafen von Sicilien zum Herzog, und ſein Gegenpabſt Anaclet machte ihn zum Koͤnig 1136. So gab, um ſich in Beſitz dieſes Rechts zu erhalten der Pabſt der Koͤniginn Maria von England die uner- betene Erlaubniß den Titel Koͤniginn von Irland zu fuͤhren, da ſchon Heinrich VIII. ſich ohne den Pabſt zu fragen zum Koͤnig von Irland hatte ausrufen laſſen Raynald ad. a. 1555. de Real ſcience du Gouvernement T. V. p. 837. u. f. c) Friedrich I. erhob ſich ſelbſt zum erſten Koͤnige von Preußen, ob- wohl in dem Krontractat den er zum voraus mit Kaiſer Leo- pold desfalls 1700 errichtete, die, nicht unentgeltlich erlangte, kaiſerliche Genehmigung in kuͤnſtlich gewandten Ausdruͤcken noch Anſpielungen auf das alte angemaßte kaiſerliche Recht enthaͤlt. Rousset Supplements T. II. P. I. p. 461. — Ob, falls der Kaiſer noch jetzt die koͤnigliche Wuͤrde ertheilen wollte, die Staͤnde des Reichs als ſolche ſie anzuerkennen ſchuldig waͤren, laͤßt ſich zweifeln. Weder Geſetz noch paſſender Beſitzſtand entſcheiden die Frage; nur Analogie bleibt uͤbrig. Moſer von den kaiſerli- chen Regierungsrechten S. 421. Auch dem Pabſt wird kein Recht mehr eingeraͤumt Kronen zu vergeben. Umſonſt berief er ſich darauf und proteſtirte wider die Anerkenntniß Friedrichs I. K 4
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Gleichheit Wuͤrden und Rang.
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daß zwar jedes Volk ſeinem Regenten jeden neuen Titel den
es fuͤr gut findet, beylegen koͤnne, auswaͤrtige Maͤchte aber
nicht ſchuldig ſind ihn anzuerkennen, vielmehr alles auf
Vertraͤge und Herkommen mit Auswaͤrtigen beruhe, folg-
lich die Anerkennung auch bedingt geſchehn koͤnne e).
a⁾ So erhob Kaiſer Heinrich II. 906 das Herzogthum Ungarn zum
Koͤnigreich; ſo ernannte Kaiſer Heinrich IV. 1086 den Herzog
Wratislaw zum Koͤnig von Boͤhmen, und Otto IV. ernannte gar
einen Koͤnig von Armenien. Merkwuͤrdig iſt es, daß die Genue-
ſer dem Kaiſer Friedrich I. 4000 Mark Silders anboten, wenn
er ihre Inſel Sardinien zum Koͤnigreich erheben wolle. Han-
noͤveriſche gelehrte Anzeigen 1750. S. 173. I. P. Ludewig de
iure reges appellandi 2tes Hauptſt. §. 7. in deſſen Opuſcula T. I.
p. 62. de Real ſcience du Gouvernement T. V. p. 842.
b⁾ So ernannte Pabſt Sylveſter II. dem Kaiſer zum Trotz 1005
einen Koͤnig von Ungarn, Pabſt Eugen erhob Alfonſus I. zum
Koͤnig von Portugal; Honorius II machte Rogern Grafen von
Sicilien zum Herzog, und ſein Gegenpabſt Anaclet machte ihn
zum Koͤnig 1136. So gab, um ſich in Beſitz dieſes Rechts zu
erhalten der Pabſt der Koͤniginn Maria von England die uner-
betene Erlaubniß den Titel Koͤniginn von Irland zu fuͤhren, da
ſchon Heinrich VIII. ſich ohne den Pabſt zu fragen zum Koͤnig
von Irland hatte ausrufen laſſen Raynald ad. a. 1555. de Real
ſcience du Gouvernement T. V. p. 837. u. f.
c⁾ Friedrich I. erhob ſich ſelbſt zum erſten Koͤnige von Preußen, ob-
wohl in dem Krontractat den er zum voraus mit Kaiſer Leo-
pold desfalls 1700 errichtete, die, nicht unentgeltlich erlangte,
kaiſerliche Genehmigung in kuͤnſtlich gewandten Ausdruͤcken noch
Anſpielungen auf das alte angemaßte kaiſerliche Recht enthaͤlt.
Rousset Supplements T. II. P. I. p. 461. — Ob, falls der Kaiſer
noch jetzt die koͤnigliche Wuͤrde ertheilen wollte, die Staͤnde
des Reichs als ſolche ſie anzuerkennen ſchuldig waͤren, laͤßt ſich
zweifeln. Weder Geſetz noch paſſender Beſitzſtand entſcheiden die
Frage; nur Analogie bleibt uͤbrig. Moſer von den kaiſerli-
chen Regierungsrechten S. 421. Auch dem Pabſt wird kein
Recht mehr eingeraͤumt Kronen zu vergeben. Umſonſt berief er
ſich darauf und proteſtirte wider die Anerkenntniß Friedrichs I.
als
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