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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Drittes B. Drittes Hptst. Rechte d. Völker etc.
barkeiten, wie lästig sie auch immer dem Staat der sie
übernommen hat fallen, nicht als widernatürlich angefoch-
ten werden b); und wenn daher der Vertrag auf welchen
sie sich gründen die Erfordernisse eines gültigen und ver-
bindlichen Vertrags hat, so können sie nicht anders, als nur
in solchen Fällen einseitig aufgehoben werden, in denen man
von einem Vertrage abzugehn berechtiget ist.

a) So konnte das kraft des Barriere Tractats den verein. Nie-
derlanden
von Oesterreich eingeräumte Besatzungsrecht in ein-
zelnen niederländischen Festungen der Unabhängigkeit der öster-
reichischen Niederlande so wenig, als das von Frankreich so oft
an Großbritannien gegebene, jetzt erloschene Versprechen Dünkir-
chen nicht zu befestigen, der Unabhängigkeit Frankreichs schaden.
So haben mehrere teutsche Reichsstände unbeschadet ihrer Lan-
deshoheit einem benachbarten oder fremden Fürsten das Postre-
gal in ihrem Gebiet einräumen können -- als aber die Car-
thaginenser nach dem zweyten punischen Kriege den Römern
versprechen mußten, ohne ihre Einwilligung keinen Krieg zu füh-
ren, da war die Unabhängigkeit der Carthaginenser verloren;
so hörte auch Polen auf völlig unabhängig zu seyn, seit es mit
Rußland die Allianz von 1793 geschlossen s. m. Recueil T. V.
p. 222.
b) Daher konnte man von der im 14ten Artikel des münsterschen
Friedens zwischen Spanien und den vereinigten Niederlanden
stipulirten Sperrung der Schelde nicht mit Grund behaupten,
daß sie wider das Naturrecht, und daher ungültig sey. Nouv.
extraordinaires
1784. n. 101-104 suppl.



Viertes

Drittes B. Drittes Hptſt. Rechte d. Voͤlker ꝛc.
barkeiten, wie laͤſtig ſie auch immer dem Staat der ſie
uͤbernommen hat fallen, nicht als widernatuͤrlich angefoch-
ten werden b); und wenn daher der Vertrag auf welchen
ſie ſich gruͤnden die Erforderniſſe eines guͤltigen und ver-
bindlichen Vertrags hat, ſo koͤnnen ſie nicht anders, als nur
in ſolchen Faͤllen einſeitig aufgehoben werden, in denen man
von einem Vertrage abzugehn berechtiget iſt.

a) So konnte das kraft des Barriere Tractats den verein. Nie-
derlanden
von Oeſterreich eingeraͤumte Beſatzungsrecht in ein-
zelnen niederlaͤndiſchen Feſtungen der Unabhaͤngigkeit der oͤſter-
reichiſchen Niederlande ſo wenig, als das von Frankreich ſo oft
an Großbritannien gegebene, jetzt erloſchene Verſprechen Duͤnkir-
chen nicht zu befeſtigen, der Unabhaͤngigkeit Frankreichs ſchaden.
So haben mehrere teutſche Reichsſtaͤnde unbeſchadet ihrer Lan-
deshoheit einem benachbarten oder fremden Fuͤrſten das Poſtre-
gal in ihrem Gebiet einraͤumen koͤnnen — als aber die Car-
thaginenſer nach dem zweyten puniſchen Kriege den Roͤmern
verſprechen mußten, ohne ihre Einwilligung keinen Krieg zu fuͤh-
ren, da war die Unabhaͤngigkeit der Carthaginenſer verloren;
ſo hoͤrte auch Polen auf voͤllig unabhaͤngig zu ſeyn, ſeit es mit
Rußland die Allianz von 1793 geſchloſſen ſ. m. Recueil T. V.
p. 222.
b) Daher konnte man von der im 14ten Artikel des muͤnſterſchen
Friedens zwiſchen Spanien und den vereinigten Niederlanden
ſtipulirten Sperrung der Schelde nicht mit Grund behaupten,
daß ſie wider das Naturrecht, und daher unguͤltig ſey. Nouv.
extraordinaires
1784. n. 101‒104 ſuppl.



Viertes
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[136/0164] Drittes B. Drittes Hptſt. Rechte d. Voͤlker ꝛc. barkeiten, wie laͤſtig ſie auch immer dem Staat der ſie uͤbernommen hat fallen, nicht als widernatuͤrlich angefoch- ten werden b); und wenn daher der Vertrag auf welchen ſie ſich gruͤnden die Erforderniſſe eines guͤltigen und ver- bindlichen Vertrags hat, ſo koͤnnen ſie nicht anders, als nur in ſolchen Faͤllen einſeitig aufgehoben werden, in denen man von einem Vertrage abzugehn berechtiget iſt. a⁾ So konnte das kraft des Barriere Tractats den verein. Nie- derlanden von Oeſterreich eingeraͤumte Beſatzungsrecht in ein- zelnen niederlaͤndiſchen Feſtungen der Unabhaͤngigkeit der oͤſter- reichiſchen Niederlande ſo wenig, als das von Frankreich ſo oft an Großbritannien gegebene, jetzt erloſchene Verſprechen Duͤnkir- chen nicht zu befeſtigen, der Unabhaͤngigkeit Frankreichs ſchaden. So haben mehrere teutſche Reichsſtaͤnde unbeſchadet ihrer Lan- deshoheit einem benachbarten oder fremden Fuͤrſten das Poſtre- gal in ihrem Gebiet einraͤumen koͤnnen — als aber die Car- thaginenſer nach dem zweyten puniſchen Kriege den Roͤmern verſprechen mußten, ohne ihre Einwilligung keinen Krieg zu fuͤh- ren, da war die Unabhaͤngigkeit der Carthaginenſer verloren; ſo hoͤrte auch Polen auf voͤllig unabhaͤngig zu ſeyn, ſeit es mit Rußland die Allianz von 1793 geſchloſſen ſ. m. Recueil T. V. p. 222. b⁾ Daher konnte man von der im 14ten Artikel des muͤnſterſchen Friedens zwiſchen Spanien und den vereinigten Niederlanden ſtipulirten Sperrung der Schelde nicht mit Grund behaupten, daß ſie wider das Naturrecht, und daher unguͤltig ſey. Nouv. extraordinaires 1784. n. 101‒104 ſuppl. Viertes

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/164>, abgerufen am 24.11.2024.