Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.Rechte d. Völker in Ansehung d. Staatsverf. überh. sten Streitigkeiten über die Erbfolge in Europa mehr nachdem Willen auswärtiger Mächte und durch Verträge, als durch freyen Willen des Staats, um dessen Beherrschung es galt, beendiget, und oft der letztere gar nicht darum be- fragt worden c). Nur der Einfluß den ehemahls die Päbste sich in Entscheidung solcher Streitigkeiten und in Verge- bung der Kronen anmaaßten d) wird ihnen jetzt, selbst von catholischen Staaten, nicht mehr eingeräumt. a) Dieß Recht haben die Stände in Portugal sich ausdrücklich vor- behalten. S. die Schlüsse des Reichstags von Lamego; in Schmauss Corp. iur. gent. acad. p. 4. und das Manifest der Stände von 1641 in du Mont Corps dipl. T. VI. P. I. p. 202. Auch das Parlement in Großbritannien hat sich das Recht in solchen zwei- felhaften Fällen zu entscheiden, und selbst die Successionsordnung abzuändern vorbehalten s. 6 Anna cap. 7. in m. Sammlung von Reichs-Grundgesetzen Th. I. S. 941. b) I. H. Böhmer principia iuris publici vniuersalis L. III. c. 4. §. 20. Daß wenn einer der Prätendenten schon in Besitz des Throns ist, die Nation diesen vor andern anerkenne, kann der Klugheit ge- mäß seyn; aber schuldig ist sie dieß nicht immer s. Barbeyrac in s. Noten über Puffendorf L. VII. c. 7. §. 15. und über Gro- tius L. II. c. 7. §. 27. not. 4. c) So ward zu Anfang dieses Jahrhunderts, die spanische Erb- folge anfangs durch Partage Tractate, endlich durch die Frie- densschlüsse von 1713. 1714; nachmahls wieder die Erbfolge in Sicilien und Sardinien durch die Verträge von 1718. 1735, die österreichische Erbfolge nach Carls VI. Tode durch den Aache- ner Frieden 1748, die Bairische nach 1777 durch den Teschner Frieden 1779 theils festgesetzt, theils bestädtiget. d) Vattel L. I. ch. V. §. 67. §. 69. Besetzung des Throns in Wahlreichen. Eben so steht im Wahlreichen dem Volk, oder denen will, F 2
Rechte d. Voͤlker in Anſehung d. Staatsverf. uͤberh. ſten Streitigkeiten uͤber die Erbfolge in Europa mehr nachdem Willen auswaͤrtiger Maͤchte und durch Vertraͤge, als durch freyen Willen des Staats, um deſſen Beherrſchung es galt, beendiget, und oft der letztere gar nicht darum be- fragt worden c). Nur der Einfluß den ehemahls die Paͤbſte ſich in Entſcheidung ſolcher Streitigkeiten und in Verge- bung der Kronen anmaaßten d) wird ihnen jetzt, ſelbſt von catholiſchen Staaten, nicht mehr eingeraͤumt. a) Dieß Recht haben die Staͤnde in Portugal ſich ausdruͤcklich vor- behalten. S. die Schluͤſſe des Reichstags von Lamego; in Schmauss Corp. iur. gent. acad. p. 4. und das Manifeſt der Staͤnde von 1641 in du Mont Corps dipl. T. VI. P. I. p. 202. Auch das Parlement in Großbritannien hat ſich das Recht in ſolchen zwei- felhaften Faͤllen zu entſcheiden, und ſelbſt die Succeſſionsordnung abzuaͤndern vorbehalten ſ. 6 Anna cap. 7. in m. Sammlung von Reichs-Grundgeſetzen Th. I. S. 941. b) I. H. Boͤhmer principia iuris publici vniuerſalis L. III. c. 4. §. 20. Daß wenn einer der Praͤtendenten ſchon in Beſitz des Throns iſt, die Nation dieſen vor andern anerkenne, kann der Klugheit ge- maͤß ſeyn; aber ſchuldig iſt ſie dieß nicht immer ſ. Barbeyrac in ſ. Noten uͤber Puffendorf L. VII. c. 7. §. 15. und uͤber Gro- tius L. II. c. 7. §. 27. not. 4. c) So ward zu Anfang dieſes Jahrhunderts, die ſpaniſche Erb- folge anfangs durch Partage Tractate, endlich durch die Frie- densſchluͤſſe von 1713. 1714; nachmahls wieder die Erbfolge in Sicilien und Sardinien durch die Vertraͤge von 1718. 1735, die oͤſterreichiſche Erbfolge nach Carls VI. Tode durch den Aache- ner Frieden 1748, die Bairiſche nach 1777 durch den Teſchner Frieden 1779 theils feſtgeſetzt, theils beſtaͤdtiget. d) Vattel L. I. ch. V. §. 67. §. 69. Beſetzung des Throns in Wahlreichen. Eben ſo ſteht im Wahlreichen dem Volk, oder denen will, F 2
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Rechte d. Voͤlker in Anſehung d. Staatsverf. uͤberh.
ſten Streitigkeiten uͤber die Erbfolge in Europa mehr nach
dem Willen auswaͤrtiger Maͤchte und durch Vertraͤge, als
durch freyen Willen des Staats, um deſſen Beherrſchung
es galt, beendiget, und oft der letztere gar nicht darum be-
fragt worden c). Nur der Einfluß den ehemahls die Paͤbſte
ſich in Entſcheidung ſolcher Streitigkeiten und in Verge-
bung der Kronen anmaaßten d) wird ihnen jetzt, ſelbſt von
catholiſchen Staaten, nicht mehr eingeraͤumt.
a⁾ Dieß Recht haben die Staͤnde in Portugal ſich ausdruͤcklich vor-
behalten. S. die Schluͤſſe des Reichstags von Lamego; in
Schmauss Corp. iur. gent. acad. p. 4. und das Manifeſt der Staͤnde
von 1641 in du Mont Corps dipl. T. VI. P. I. p. 202. Auch das
Parlement in Großbritannien hat ſich das Recht in ſolchen zwei-
felhaften Faͤllen zu entſcheiden, und ſelbſt die Succeſſionsordnung
abzuaͤndern vorbehalten ſ. 6 Anna cap. 7. in m. Sammlung
von Reichs-Grundgeſetzen Th. I. S. 941.
b⁾ I. H. Boͤhmer principia iuris publici vniuerſalis L. III. c. 4. §. 20.
Daß wenn einer der Praͤtendenten ſchon in Beſitz des Throns iſt,
die Nation dieſen vor andern anerkenne, kann der Klugheit ge-
maͤß ſeyn; aber ſchuldig iſt ſie dieß nicht immer ſ. Barbeyrac
in ſ. Noten uͤber Puffendorf L. VII. c. 7. §. 15. und uͤber Gro-
tius L. II. c. 7. §. 27. not. 4.
c⁾ So ward zu Anfang dieſes Jahrhunderts, die ſpaniſche Erb-
folge anfangs durch Partage Tractate, endlich durch die Frie-
densſchluͤſſe von 1713. 1714; nachmahls wieder die Erbfolge in
Sicilien und Sardinien durch die Vertraͤge von 1718. 1735,
die oͤſterreichiſche Erbfolge nach Carls VI. Tode durch den Aache-
ner Frieden 1748, die Bairiſche nach 1777 durch den Teſchner
Frieden 1779 theils feſtgeſetzt, theils beſtaͤdtiget.
d⁾ Vattel L. I. ch. V. §. 67.
§. 69.
Beſetzung des Throns in Wahlreichen.
Eben ſo ſteht im Wahlreichen dem Volk, oder denen
unter ſeinen Mitgliedern, welchen es dieſes Recht uͤbertra-
gen hat, das Befugniß zu, einen Regenten zu waͤhlen, und
eine fremde Nation hat ſo wenig das Recht ihm einen Be-
herrſcher aufzudringen, als den welchen das Volk erwaͤhlen
will,
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