Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717.Benachrichtigungs-Schreiben. kluger Reflexion nach auch unter Kauffleuten bösemit guten vermenget/ und vieler Zweck nicht ist sich ehr- lich zu ernehren/ sondern durch anderer Leute Schweiß und Blut Geld zu ihrem dissoluten Leben zu acquiri- ren; Welches gottlose Beginnen unter andern bö- sen Nachfolgen auch diese Inconvenientz in Hand- lung nach sich ziehet/ daß ehrlichen Kauffleuten aller Credit verschlossen/ und fast dem einen nicht weiter von dem andern/ als so weit die Augen sehen können/ getrauet wird. Was ist aber die Kauffmannschafft/ so Treu und Glauben von derselben ausgebannet ist? durch welche bis anhero Teutschland in Jtalien/ re- ciproce dieses in jenes/ versetzet/ den Europäern Ost- und West-Jndien/ ja der gantze Welt-Kreiß/ zu einem einheimischen Vaterlande gemachet wor- den. Wie könte ein Land dem andern seine Schätze communiciren/ offtmahls etlicher Tonnen Goldes permutationes, durch die in Wechseln so gebräuch- liche Tratten und Remisen, in ihrem Valeur bleiben/ die menschliche Societät unter einander durch die Handlung verbunden werden/ wann nicht Treu und Glauben unter den Menschen gültig seyn solte? Daß man aber bey solchem Trauen zusehe/ wem man trauet/ ist allerdings der Klugheit gemäß/ und die Grund- Regul eines vorsichtigen Kauffmanns. Es mögen die Juristen immerhin für einen Lehr-Satz halten/ daß/ so lange einer für einen ehrlichen Mann zu schä- tzen sey/ bis ihm das Gegentheil bewiesen werde; So hat solches Axioma zwar statt/ so weit man mit einan- der nicht mehrern Umgang/ als nur in guter Opinion hat: Einen jeden aber/ dem man eben manifeste nichts böses nachzusagen weiß/ würcklich seine Gü- ter anzuvertrauen/ läst sich aus obigem Juristischen Grund-
Benachrichtigungs-Schreiben. kluger Reflexion nach auch unter Kauffleuten boͤſemit gutẽ vermenget/ und vieler Zweck nicht iſt ſich ehr- lich zu ernehren/ ſondern durch anderer Leute Schweiß und Blut Geld zu ihrem diſſoluten Leben zu acquiri- ren; Welches gottloſe Beginnen unter andern boͤ- ſen Nachfolgen auch dieſe Inconvenientz in Hand- lung nach ſich ziehet/ daß ehrlichen Kauffleuten aller Credit verſchloſſen/ und faſt dem einen nicht weiter von dem andern/ als ſo weit die Augen ſehen koͤnnen/ getrauet wird. Was iſt aber die Kauffmannſchafft/ ſo Treu und Glauben von derſelben ausgebannet iſt? durch welche bis anhero Teutſchland in Jtalien/ re- ciprocè dieſes in jenes/ verſetzet/ den Europaͤern Oſt- und Weſt-Jndien/ ja der gantze Welt-Kreiß/ zu einem einheimiſchen Vaterlande gemachet wor- den. Wie koͤnte ein Land dem andern ſeine Schaͤtze communiciren/ offtmahls etlicher Tonnen Goldes permutationes, durch die in Wechſeln ſo gebraͤuch- liche Tratten und Remiſen, in ihrem Valeur bleiben/ die menſchliche Societaͤt unter einander durch die Handlung verbunden werden/ wann nicht Treu und Glauben unter den Menſchen guͤltig ſeyn ſolte? Daß man aber bey ſolchem Trauen zuſehe/ wem man trauet/ iſt allerdings der Klugheit gemaͤß/ und die Grund- Regul eines vorſichtigen Kauffmanns. Es moͤgen die Juriſten immerhin fuͤr einen Lehr-Satz halten/ daß/ ſo lange einer fuͤr einen ehrlichen Mann zu ſchaͤ- tzen ſey/ bis ihm das Gegentheil bewieſen werde; So hat ſolches Axioma zwar ſtatt/ ſo weit man mit einan- der nicht mehrern Umgang/ als nur in guter Opinion hat: Einen jeden aber/ dem man eben manifeſtè nichts boͤſes nachzuſagen weiß/ wuͤrcklich ſeine Guͤ- ter anzuvertrauen/ laͤſt ſich aus obigem Juriſtiſchen Grund-
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Benachrichtigungs-Schreiben.
kluger Reflexion nach auch unter Kauffleuten boͤſe
mit gutẽ vermenget/ und vieler Zweck nicht iſt ſich ehr-
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und Blut Geld zu ihrem diſſoluten Leben zu acquiri-
ren; Welches gottloſe Beginnen unter andern boͤ-
ſen Nachfolgen auch dieſe Inconvenientz in Hand-
lung nach ſich ziehet/ daß ehrlichen Kauffleuten aller
Credit verſchloſſen/ und faſt dem einen nicht weiter
von dem andern/ als ſo weit die Augen ſehen koͤnnen/
getrauet wird. Was iſt aber die Kauffmannſchafft/
ſo Treu und Glauben von derſelben ausgebannet iſt?
durch welche bis anhero Teutſchland in Jtalien/ re-
ciprocè dieſes in jenes/ verſetzet/ den Europaͤern
Oſt- und Weſt-Jndien/ ja der gantze Welt-Kreiß/
zu einem einheimiſchen Vaterlande gemachet wor-
den. Wie koͤnte ein Land dem andern ſeine Schaͤtze
communiciren/ offtmahls etlicher Tonnen Goldes
permutationes, durch die in Wechſeln ſo gebraͤuch-
liche Tratten und Remiſen, in ihrem Valeur bleiben/
die menſchliche Societaͤt unter einander durch die
Handlung verbunden werden/ wann nicht Treu und
Glauben unter den Menſchen guͤltig ſeyn ſolte? Daß
man aber bey ſolchem Trauen zuſehe/ wem man trauet/
iſt allerdings der Klugheit gemaͤß/ und die Grund-
Regul eines vorſichtigen Kauffmanns. Es moͤgen
die Juriſten immerhin fuͤr einen Lehr-Satz halten/
daß/ ſo lange einer fuͤr einen ehrlichen Mann zu ſchaͤ-
tzen ſey/ bis ihm das Gegentheil bewieſen werde; So
hat ſolches Axioma zwar ſtatt/ ſo weit man mit einan-
der nicht mehrern Umgang/ als nur in guter Opinion
hat: Einen jeden aber/ dem man eben manifeſtè
nichts boͤſes nachzuſagen weiß/ wuͤrcklich ſeine Guͤ-
ter anzuvertrauen/ laͤſt ſich aus obigem Juriſtiſchen
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