Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Zehende Buch.
Des lebens nießgebrauch? Nun aber muß er dulden
Den bitterschweren tod ohn mißthun und verschulden/
Es wehre dann/ daß ich mich irrt in meinem wahn:
Ja lieber wolt ich/ daß mir falsche furcht leg an/
Und triege mich mein sinn/ und möchte werden innen/
Daß du verendertest/ wie du kanst/ dein beginnen.
Als sie diß aus geredt/ fuhr sie von hoher bahn
Der sternen also bald bekleidt und angethan
Mit einer wolcken deck/ und trieb in hohen lüfften
Ein ungewitter auff mit düstern nebeldüfften
Und fügt sich an den ort/ wo beyde heere sich
Im felde jagten umb/ und stritten grimmiglich.
Da kunt/ als Göttin/ sie aus einer wolcken machen
Ein nichtiges gespenst (o wunderseltne sachen!)
Das sah Eneen gleich/ und gab ihm solch gewehr/
Wie er gebräuchlich führt in zügen schlacht und heer.
Es schien der schild und helm auch eben so polieret/
Und mit gemählden außgestochen und gezieret/
Wie des Eneens war/ den er gewöhnlich trug
Auff seinem ehrenhaupt/ im fall er zu dem zug
Und streit sich rüstete: Sie kunt ihm hier beneben
Wort ohne krafft mit schall und ohn verstande geben/
Und macht auch seinen gang/ wie des Eneens war/
So gleich und eigentlich/ und allerdinges zwar/
Gestalt man giebet für/ daß auch des leibes leben/
Die seelen/ in gestalt der leiber umbher schweben;
Und wie die träume/ die den schlaffenden mit schein
Betrieglich kommen für und scheinen menschen seyn.
Das-
K k 2
Das Zehende Buch.
Des lebens nießgebrauch? Nun aber muß er dulden
Den bitterſchweren tod ohn mißthun und verſchulden/
Es wehre dann/ daß ich mich irrt in meinem wahn:
Ja lieber wolt ich/ daß mir falſche furcht leg an/
Und triege mich mein ſinn/ und moͤchte werden innen/
Daß du verenderteſt/ wie du kanſt/ dein beginnen.
Als ſie diß aus geredt/ fuhr ſie von hoher bahn
Der ſternen alſo bald bekleidt und angethan
Mit einer wolcken deck/ und trieb in hohen luͤfften
Ein ungewitter auff mit duͤſtern nebelduͤfften
Und fuͤgt ſich an den ort/ wo beyde heere ſich
Im felde jagten umb/ und ſtritten grimmiglich.
Da kunt/ als Goͤttin/ ſie aus einer wolcken machen
Ein nichtiges geſpenſt (o wunderſeltne ſachen!)
Das ſah Eneen gleich/ und gab ihm ſolch gewehr/
Wie er gebraͤuchlich fuͤhrt in zuͤgen ſchlacht und heer.
Es ſchien der ſchild und helm auch eben ſo polieret/
Und mit gemaͤhlden außgeſtochen und gezieret/
Wie des Eneens war/ den er gewoͤhnlich trug
Auff ſeinem ehrenhaupt/ im fall er zu dem zug
Und ſtreit ſich ruͤſtete: Sie kunt ihm hier beneben
Wort ohne krafft mit ſchall und ohn verſtande geben/
Und macht auch ſeinen gang/ wie des Eneens war/
So gleich und eigentlich/ und allerdinges zwar/
Geſtalt man giebet fuͤr/ daß auch des leibes leben/
Die ſeelen/ in geſtalt der leiber umbher ſchweben;
Und wie die traͤume/ die den ſchlaffenden mit ſchein
Betrieglich kommen fuͤr und ſcheinen menſchen ſeyn.
Daſ-
K k 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0537" n="515"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Zehende Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Des lebens nießgebrauch? Nun aber muß er dulden</l><lb/>
          <l>Den bitter&#x017F;chweren tod ohn mißthun und ver&#x017F;chulden/</l><lb/>
          <l>Es wehre dann/ daß ich mich irrt in meinem wahn:</l><lb/>
          <l>Ja lieber wolt ich/ daß mir fal&#x017F;che furcht leg an/</l><lb/>
          <l>Und triege mich mein &#x017F;inn/ und mo&#x0364;chte werden innen/</l><lb/>
          <l>Daß du verenderte&#x017F;t/ wie du kan&#x017F;t/ dein beginnen.</l><lb/>
          <l>Als &#x017F;ie diß aus geredt/ fuhr &#x017F;ie von hoher bahn</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;ternen al&#x017F;o bald bekleidt und angethan</l><lb/>
          <l>Mit einer wolcken deck/ und trieb in hohen lu&#x0364;fften</l><lb/>
          <l>Ein ungewitter auff mit du&#x0364;&#x017F;tern nebeldu&#x0364;fften</l><lb/>
          <l>Und fu&#x0364;gt &#x017F;ich an den ort/ wo beyde heere &#x017F;ich</l><lb/>
          <l>Im felde jagten umb/ und &#x017F;tritten grimmiglich.</l><lb/>
          <l>Da kunt/ als Go&#x0364;ttin/ &#x017F;ie aus einer wolcken machen</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">E</hi>in nichtiges ge&#x017F;pen&#x017F;t (o wunder&#x017F;eltne &#x017F;achen!)</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>as &#x017F;ah <hi rendition="#fr">E</hi>neen gleich/ und gab ihm &#x017F;olch gewehr/</l><lb/>
          <l>Wie er gebra&#x0364;uchlich fu&#x0364;hrt in zu&#x0364;gen &#x017F;chlacht und heer.</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">E</hi>s &#x017F;chien der &#x017F;child und helm auch eben &#x017F;o polieret/</l><lb/>
          <l>Und mit gema&#x0364;hlden außge&#x017F;tochen und gezieret/</l><lb/>
          <l>Wie des Eneens war/ den er gewo&#x0364;hnlich trug</l><lb/>
          <l>Auff &#x017F;einem ehrenhaupt/ im fall er zu dem zug</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;treit &#x017F;ich ru&#x0364;&#x017F;tete: Sie kunt ihm hier beneben</l><lb/>
          <l>Wort ohne krafft mit &#x017F;chall und ohn ver&#x017F;tande geben/</l><lb/>
          <l>Und macht auch &#x017F;einen gang/ wie des Eneens war/</l><lb/>
          <l>So gleich und eigentlich/ und allerdinges zwar/</l><lb/>
          <l>Ge&#x017F;talt man giebet fu&#x0364;r/ daß auch des leibes leben/</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;eelen/ in ge&#x017F;talt der leiber umbher &#x017F;chweben<hi rendition="#i">;</hi></l><lb/>
          <l>Und wie die tra&#x0364;ume/ die den &#x017F;chlaffenden mit &#x017F;chein</l><lb/>
          <l>Betrieglich kommen fu&#x0364;r und &#x017F;cheinen men&#x017F;chen &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">K k 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">D</hi>a&#x017F;-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[515/0537] Das Zehende Buch. Des lebens nießgebrauch? Nun aber muß er dulden Den bitterſchweren tod ohn mißthun und verſchulden/ Es wehre dann/ daß ich mich irrt in meinem wahn: Ja lieber wolt ich/ daß mir falſche furcht leg an/ Und triege mich mein ſinn/ und moͤchte werden innen/ Daß du verenderteſt/ wie du kanſt/ dein beginnen. Als ſie diß aus geredt/ fuhr ſie von hoher bahn Der ſternen alſo bald bekleidt und angethan Mit einer wolcken deck/ und trieb in hohen luͤfften Ein ungewitter auff mit duͤſtern nebelduͤfften Und fuͤgt ſich an den ort/ wo beyde heere ſich Im felde jagten umb/ und ſtritten grimmiglich. Da kunt/ als Goͤttin/ ſie aus einer wolcken machen Ein nichtiges geſpenſt (o wunderſeltne ſachen!) Das ſah Eneen gleich/ und gab ihm ſolch gewehr/ Wie er gebraͤuchlich fuͤhrt in zuͤgen ſchlacht und heer. Es ſchien der ſchild und helm auch eben ſo polieret/ Und mit gemaͤhlden außgeſtochen und gezieret/ Wie des Eneens war/ den er gewoͤhnlich trug Auff ſeinem ehrenhaupt/ im fall er zu dem zug Und ſtreit ſich ruͤſtete: Sie kunt ihm hier beneben Wort ohne krafft mit ſchall und ohn verſtande geben/ Und macht auch ſeinen gang/ wie des Eneens war/ So gleich und eigentlich/ und allerdinges zwar/ Geſtalt man giebet fuͤr/ daß auch des leibes leben/ Die ſeelen/ in geſtalt der leiber umbher ſchweben; Und wie die traͤume/ die den ſchlaffenden mit ſchein Betrieglich kommen fuͤr und ſcheinen menſchen ſeyn. Daſ- K k 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/537
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/537>, abgerufen am 17.05.2024.