Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Zehende Buch. Sind wir die jenigen/ die euer kräncklich wesenUnd zustand sind bemüht/ nach dem ihr seyd genesen/ Zu tilgen in den grund? Sind wirs/ und nicht vielmehr Der den Trojanern hat geführt der Griechen heer In ihre stadt und land? Wem ist es bey zumessen/ Das sich Europa hat und Asia für dessen Verwickelt in den krieg? Wer hat den bund und treu Zertrennet unter sie mit solcher schelmerey? Kan der Trojansche dieb und ehebrecher sagen/ Er hab auff mein getrieb und beystand weg getragen Den sieg in Spartens stadt? hab ich ihm an die hand Gegeben wehr und zeug? Hab ich sein hertz gewand Durch lieb und lust zum krieg? Da hättst du tragen sollen Für deine leute sorg ohn widersinn und grollen; Nun ists zu spat/ daß du kömmst auffgezogen her Mit unbefugter klag und machst des zancks nur mehr. Diß war der Juno red und künstlich wortgepränge/ Und führte wider sie/ die Venus nach der länge Vermeinten starcken grund: Die Götter murmelten/ Und liessen ihre stimm nach gunst und neigung gehn. Gleich wie ein wind der sich erst läßt im walde hören Mit sänffterem gesauß/ die schiffer zu belehren/ Darbey zunehmen ab/ daß in der höchsten still Sich auff dem wilden meer ein sturm erheben will. Der vater Jupiter/ der alles aller enden In dieser gantzen welt hat unter seinen händen/ Fängt an/ und da er redt/ da wurden allzumal Die Götter sanfft und still im hohen himmels saal. Die
Das Zehende Buch. Sind wir die jenigen/ die euer kraͤncklich weſenUnd zuſtand ſind bemuͤht/ nach dem ihr ſeyd geneſen/ Zu tilgen in den grund? Sind wirs/ und nicht vielmehr Der den Trojanern hat gefuͤhrt der Griechen heer In ihre ſtadt und land? Wem iſt es bey zumeſſen/ Das ſich Europa hat und Aſia fuͤr deſſen Verwickelt in den krieg? Wer hat den bund und treu Zertrennet unter ſie mit ſolcher ſchelmerey? Kan der Trojanſche dieb und ehebrecher ſagen/ Er hab auff mein getrieb und beyſtand weg getragen Den ſieg in Spartens ſtadt? hab ich ihm an die hand Gegeben wehr und zeug? Hab ich ſein hertz gewand Durch lieb und luſt zum krieg? Da haͤttſt du tragen ſollẽ Fuͤr deine leute ſorg ohn widerſinn und grollen; Nun iſts zu ſpat/ daß du koͤmmſt auffgezogen her Mit unbefugter klag und machſt des zancks nur mehr. Diß war der Juno red und kuͤnſtlich wortgepraͤnge/ Und fuͤhrte wider ſie/ die Venus nach der laͤnge Vermeinten ſtarcken grund: Die Goͤtter murmelten/ Und lieſſen ihre ſtimm nach gunſt und neigung gehn. Gleich wie ein wind der ſich erſt laͤßt im walde hoͤren Mit ſaͤnffterem geſauß/ die ſchiffer zu belehren/ Darbey zunehmen ab/ daß in der hoͤchſten ſtill Sich auff dem wilden meer ein ſturm erheben will. Der vater Jupiter/ der alles aller enden In dieſer gantzen welt hat unter ſeinen haͤnden/ Faͤngt an/ und da er redt/ da wurden allzumal Die Goͤtter ſanfft und ſtill im hohen himmels ſaal. Die
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Das Zehende Buch.
Sind wir die jenigen/ die euer kraͤncklich weſen
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Zu tilgen in den grund? Sind wirs/ und nicht vielmehr
Der den Trojanern hat gefuͤhrt der Griechen heer
In ihre ſtadt und land? Wem iſt es bey zumeſſen/
Das ſich Europa hat und Aſia fuͤr deſſen
Verwickelt in den krieg? Wer hat den bund und treu
Zertrennet unter ſie mit ſolcher ſchelmerey?
Kan der Trojanſche dieb und ehebrecher ſagen/
Er hab auff mein getrieb und beyſtand weg getragen
Den ſieg in Spartens ſtadt? hab ich ihm an die hand
Gegeben wehr und zeug? Hab ich ſein hertz gewand
Durch lieb und luſt zum krieg? Da haͤttſt du tragen ſollẽ
Fuͤr deine leute ſorg ohn widerſinn und grollen;
Nun iſts zu ſpat/ daß du koͤmmſt auffgezogen her
Mit unbefugter klag und machſt des zancks nur mehr.
Diß war der Juno red und kuͤnſtlich wortgepraͤnge/
Und fuͤhrte wider ſie/ die Venus nach der laͤnge
Vermeinten ſtarcken grund: Die Goͤtter murmelten/
Und lieſſen ihre ſtimm nach gunſt und neigung gehn.
Gleich wie ein wind der ſich erſt laͤßt im walde hoͤren
Mit ſaͤnffterem geſauß/ die ſchiffer zu belehren/
Darbey zunehmen ab/ daß in der hoͤchſten ſtill
Sich auff dem wilden meer ein ſturm erheben will.
Der vater Jupiter/ der alles aller enden
In dieſer gantzen welt hat unter ſeinen haͤnden/
Faͤngt an/ und da er redt/ da wurden allzumal
Die Goͤtter ſanfft und ſtill im hohen himmels ſaal.
Die
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