Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Neunde Buch.
Gewapnet und behertzt/ war eines kopffes grösser/
Dem flusse Ganges gleich/ in welchem sieben wässer
Gantz stille fliessen her; Und wie der wunderstrom
Der Nil/ der fruchtbahr macht das gantze land herumb/
Wenn von gefild er sich zurücke machet wieder/
Und lässet sich nunmehr in seinem strome nieder.
Da sieht das Troer heer/ daß dicker staub auffgeht/
Und gleich wie eine wolck in trüben lüfften steht.
Es wird mit finsternüß bedecket das gefilde/
daß man kaum schimmern sieht die lantzen/ helm und schilde/
Caicus rieff und schrie am ersten von dem wall
Ihr bürger/ schauet doch/ wie steigt ein dicker schwal
Vom staub auf in die höh. Kommt bald mit euren waffen/
Und dencket das geschütz in eil zur hand zu schaffen.
Laufft/ laufft zu walle stracks! der feind ist kommen an!
Der Troer volck schreit laut/ es läuffet jederman
Den Troern zu/ und wil sich auff den mauren wehren/
Gestalt der tapffre fürst Eneas sie so lehren
Bey seinem abzug wolt/ auff daß/ so irgend käm
Der feind/ sein volck alsbald zur stadt die zuflucht näm/
Und solten sich durchaus erkühnen nicht zu wagen
Ihr glück in freyem feld/ und mit den feinden schlagen:
Das lager solten sie verwahren und die stadt/
Die starcke Thürn und wäll/ pastey und mauren hat.
Ob gleich nun scham und zorn sie reitzen und ermahnen/
Zu treffen mit dem feind/ zu schwingen ihre fahnen;
Thun sie doch nach befehl/ und schliessen hinter sich
Die pforten feste zu/ und warten freudiglich
Ge-
Das Neunde Buch.
Gewapnet und behertzt/ war eines kopffes groͤſſer/
Dem fluſſe Ganges gleich/ in welchem ſieben waͤſſer
Gantz ſtille flieſſen her; Und wie der wunderſtrom
Der Nil/ der fruchtbahr macht das gantze land herumb/
Wenn von gefild er ſich zuruͤcke machet wieder/
Und laͤſſet ſich nunmehr in ſeinem ſtrome nieder.
Da ſieht das Troer heer/ daß dicker ſtaub auffgeht/
Und gleich wie eine wolck in truͤben luͤfften ſteht.
Es wird mit finſternuͤß bedecket das gefilde/
daß man kaum ſchim̃ern ſieht die lantzẽ/ helm und ſchilde/
Caicus rieff und ſchrie am erſten von dem wall
Ihr buͤrger/ ſchauet doch/ wie ſteigt ein dicker ſchwal
Vom ſtaub auf in die hoͤh. Kom̃t bald mit euren waffen/
Und dencket das geſchuͤtz in eil zur hand zu ſchaffen.
Laufft/ laufft zu walle ſtracks! der feind iſt kommen an!
Der Troer volck ſchreit laut/ es laͤuffet jederman
Den Troern zu/ und wil ſich auff den mauren wehren/
Geſtalt der tapffre fuͤrſt Eneas ſie ſo lehren
Bey ſeinem abzug wolt/ auff daß/ ſo irgend kaͤm
Der feind/ ſein volck alsbald zur ſtadt die zuflucht naͤm/
Und ſolten ſich durchaus erkuͤhnen nicht zu wagen
Ihr gluͤck in freyem feld/ und mit den feinden ſchlagen:
Das lager ſolten ſie verwahren und die ſtadt/
Die ſtarcke Thuͤrn und waͤll/ paſtey und mauren hat.
Ob gleich nun ſcham und zorn ſie reitzen und ermahnen/
Zu treffen mit dem feind/ zu ſchwingen ihre fahnen;
Thun ſie doch nach befehl/ und ſchlieſſen hinter ſich
Die pforten feſte zu/ und warten freudiglich
Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0438" n="416"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Neunde Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Gewapnet und behertzt/ war eines kopffes gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er/</l><lb/>
          <l>Dem flu&#x017F;&#x017F;e Ganges gleich/ in welchem &#x017F;ieben wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er</l><lb/>
          <l>Gantz &#x017F;tille flie&#x017F;&#x017F;en her; Und wie der wunder&#x017F;trom</l><lb/>
          <l>Der Nil/ der fruchtbahr macht das gantze land herumb/</l><lb/>
          <l>Wenn von gefild er &#x017F;ich zuru&#x0364;cke machet wieder/</l><lb/>
          <l>Und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich nunmehr in &#x017F;einem &#x017F;trome nieder.</l><lb/>
          <l>Da &#x017F;ieht das Troer heer/ daß dicker &#x017F;taub auffgeht/</l><lb/>
          <l>Und gleich wie eine wolck in tru&#x0364;ben lu&#x0364;fften &#x017F;teht.</l><lb/>
          <l>Es wird mit fin&#x017F;ternu&#x0364;ß bedecket das gefilde/</l><lb/>
          <l>daß man kaum &#x017F;chim&#x0303;ern &#x017F;ieht die lantze&#x0303;/ helm und &#x017F;childe/</l><lb/>
          <l>Caicus rieff und &#x017F;chrie am er&#x017F;ten von dem wall</l><lb/>
          <l>Ihr bu&#x0364;rger/ &#x017F;chauet doch/ wie &#x017F;teigt ein dicker &#x017F;chwal</l><lb/>
          <l>Vom &#x017F;taub auf in die ho&#x0364;h. Kom&#x0303;t bald mit euren waffen/</l><lb/>
          <l>Und dencket das ge&#x017F;chu&#x0364;tz in eil zur hand zu &#x017F;chaffen.</l><lb/>
          <l>Laufft/ laufft zu walle &#x017F;tracks! der feind i&#x017F;t kommen an!</l><lb/>
          <l>Der Troer volck &#x017F;chreit laut/ es la&#x0364;uffet jederman</l><lb/>
          <l>Den Troern zu/ und wil &#x017F;ich auff den mauren wehren/</l><lb/>
          <l>Ge&#x017F;talt der tapffre fu&#x0364;r&#x017F;t Eneas &#x017F;ie &#x017F;o lehren</l><lb/>
          <l>Bey &#x017F;einem abzug wolt/ auff daß/ &#x017F;o irgend ka&#x0364;m</l><lb/>
          <l>Der feind/ &#x017F;ein volck alsbald zur &#x017F;tadt die zuflucht na&#x0364;m/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;olten &#x017F;ich durchaus erku&#x0364;hnen nicht zu wagen</l><lb/>
          <l>Ihr glu&#x0364;ck in freyem feld/ und mit den feinden &#x017F;chlagen:</l><lb/>
          <l>Das lager &#x017F;olten &#x017F;ie verwahren und die &#x017F;tadt/</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>ie &#x017F;tarcke Thu&#x0364;rn und wa&#x0364;ll/ pa&#x017F;tey und mauren hat.</l><lb/>
          <l>Ob gleich nun &#x017F;cham und zorn &#x017F;ie reitzen und ermahnen/</l><lb/>
          <l>Zu treffen mit dem feind/ zu &#x017F;chwingen ihre fahnen<hi rendition="#i">;</hi></l><lb/>
          <l>Thun &#x017F;ie doch nach befehl/ und &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en hinter &#x017F;ich</l><lb/>
          <l>Die pforten fe&#x017F;te zu/ und warten freudiglich</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[416/0438] Das Neunde Buch. Gewapnet und behertzt/ war eines kopffes groͤſſer/ Dem fluſſe Ganges gleich/ in welchem ſieben waͤſſer Gantz ſtille flieſſen her; Und wie der wunderſtrom Der Nil/ der fruchtbahr macht das gantze land herumb/ Wenn von gefild er ſich zuruͤcke machet wieder/ Und laͤſſet ſich nunmehr in ſeinem ſtrome nieder. Da ſieht das Troer heer/ daß dicker ſtaub auffgeht/ Und gleich wie eine wolck in truͤben luͤfften ſteht. Es wird mit finſternuͤß bedecket das gefilde/ daß man kaum ſchim̃ern ſieht die lantzẽ/ helm und ſchilde/ Caicus rieff und ſchrie am erſten von dem wall Ihr buͤrger/ ſchauet doch/ wie ſteigt ein dicker ſchwal Vom ſtaub auf in die hoͤh. Kom̃t bald mit euren waffen/ Und dencket das geſchuͤtz in eil zur hand zu ſchaffen. Laufft/ laufft zu walle ſtracks! der feind iſt kommen an! Der Troer volck ſchreit laut/ es laͤuffet jederman Den Troern zu/ und wil ſich auff den mauren wehren/ Geſtalt der tapffre fuͤrſt Eneas ſie ſo lehren Bey ſeinem abzug wolt/ auff daß/ ſo irgend kaͤm Der feind/ ſein volck alsbald zur ſtadt die zuflucht naͤm/ Und ſolten ſich durchaus erkuͤhnen nicht zu wagen Ihr gluͤck in freyem feld/ und mit den feinden ſchlagen: Das lager ſolten ſie verwahren und die ſtadt/ Die ſtarcke Thuͤrn und waͤll/ paſtey und mauren hat. Ob gleich nun ſcham und zorn ſie reitzen und ermahnen/ Zu treffen mit dem feind/ zu ſchwingen ihre fahnen; Thun ſie doch nach befehl/ und ſchlieſſen hinter ſich Die pforten feſte zu/ und warten freudiglich Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/438
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/438>, abgerufen am 19.05.2024.