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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Sechste Buch.
Dann geht er einen ort demselben aus zu wehlen/
Und stößt von bäncken weg viel andre schlechte seelen/
Macht in den gängen raum/ und nimmt den grossen mann
Den tapffern Troer held zu setzen über/ an.
Da wil der hohle balck für schwere fast nicht halten/
Schöpfft wasser hauffen weis/ dieweil er ist voll spalten/
Doch endlich bringt er die priesterin und mann
Ohn bruch in dickem schlamm und schilff beim ufer an.
Der hellenhund fängt an mit dreygeschnautztem rachen
Ein schreckliches gebell/ das weit erschallt/ zu machen
Und liget ungeheur im weg und an dem loch/
Als nun Sibylle sieht/ daß er den halß hebt hoch/
Der voller schlangen starrt/ wil sie ihr heil versuchen
Und wirfft ihm stücklein für von honig süssem kuchen/
Thut drunter specerey/ auff daß er schlaffe fest:
Er/ der schon rasend war von hungers wüt und best/
Sperrt seinen rachen auf und schnappet nach den stücken/
Die man ihm warffe für; Legt sich drauff auff dem rücken
Und streckt sich auff die erd die länge lang fürs loch/
Eneas ging voran/ dieweil der hund schlieff noch/
Er kömmt ans ufer hin/ da wo kein wiederkehren
Noch wieder kommen ist: Es lassen sich stracks hören
Der stimmen mancherley/ und wo man gehet ein/
Da winseln jämmerlich der kinder seelelein;
Die von der ersten milch der grimme tod gerissen/
Und die des süssen lichts des lebens so seyn müssen
Beraubet vor der zeit. Bey diesen sahe man
Gerechte seelen stehn/ die fälschlich waren an-
Ge-
Das Sechſte Buch.
Dann geht er einen ort demſelben aus zu wehlen/
Und ſtoͤßt von baͤncken weg viel andre ſchlechte ſeelen/
Macht in den gaͤngẽ raum/ und nim̃t den groſſen mann
Den tapffern Troer held zu ſetzen uͤber/ an.
Da wil der hohle balck fuͤr ſchwere faſt nicht halten/
Schoͤpfft waſſer hauffen weiſ/ dieweil er iſt voll ſpalten/
Doch endlich bringt er die prieſterin und mann
Ohn bruch in dickem ſchlamm und ſchilff beim ufer an.
Der hellenhund faͤngt an mit dreygeſchnautztem rachen
Ein ſchreckliches gebell/ das weit erſchallt/ zu machen
Und liget ungeheur im weg und an dem loch/
Als nun Sibylle ſieht/ daß er den halß hebt hoch/
Der voller ſchlangen ſtarrt/ wil ſie ihr heil verſuchen
Und wirfft ihm ſtuͤcklein fuͤr von honig ſuͤſſem kuchen/
Thut drunter ſpecerey/ auff daß er ſchlaffe feſt:
Er/ der ſchon raſend war von hungers wuͤt und beſt/
Sperrt ſeinen rachen auf und ſchnappet nach den ſtuͤckẽ/
Die man ihm warffe fuͤr; Legt ſich drauff auff dem ruͤckẽ
Und ſtreckt ſich auff die erd die laͤnge lang fuͤrs loch/
Eneas ging voran/ dieweil der hund ſchlieff noch/
Er koͤmmt ans ufer hin/ da wo kein wiederkehren
Noch wieder kommen iſt: Es laſſen ſich ſtracks hoͤren
Der ſtimmen mancherley/ und wo man gehet ein/
Da winſeln jaͤmmerlich der kinder ſeelelein;
Die von der erſten milch der grimme tod geriſſen/
Und die des ſuͤſſen lichts des lebens ſo ſeyn muͤſſen
Beraubet vor der zeit. Bey dieſen ſahe man
Gerechte ſeelen ſtehn/ die faͤlſchlich waren an-
Ge-
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[286/0308] Das Sechſte Buch. Dann geht er einen ort demſelben aus zu wehlen/ Und ſtoͤßt von baͤncken weg viel andre ſchlechte ſeelen/ Macht in den gaͤngẽ raum/ und nim̃t den groſſen mann Den tapffern Troer held zu ſetzen uͤber/ an. Da wil der hohle balck fuͤr ſchwere faſt nicht halten/ Schoͤpfft waſſer hauffen weiſ/ dieweil er iſt voll ſpalten/ Doch endlich bringt er die prieſterin und mann Ohn bruch in dickem ſchlamm und ſchilff beim ufer an. Der hellenhund faͤngt an mit dreygeſchnautztem rachen Ein ſchreckliches gebell/ das weit erſchallt/ zu machen Und liget ungeheur im weg und an dem loch/ Als nun Sibylle ſieht/ daß er den halß hebt hoch/ Der voller ſchlangen ſtarrt/ wil ſie ihr heil verſuchen Und wirfft ihm ſtuͤcklein fuͤr von honig ſuͤſſem kuchen/ Thut drunter ſpecerey/ auff daß er ſchlaffe feſt: Er/ der ſchon raſend war von hungers wuͤt und beſt/ Sperrt ſeinen rachen auf und ſchnappet nach den ſtuͤckẽ/ Die man ihm warffe fuͤr; Legt ſich drauff auff dem ruͤckẽ Und ſtreckt ſich auff die erd die laͤnge lang fuͤrs loch/ Eneas ging voran/ dieweil der hund ſchlieff noch/ Er koͤmmt ans ufer hin/ da wo kein wiederkehren Noch wieder kommen iſt: Es laſſen ſich ſtracks hoͤren Der ſtimmen mancherley/ und wo man gehet ein/ Da winſeln jaͤmmerlich der kinder ſeelelein; Die von der erſten milch der grimme tod geriſſen/ Und die des ſuͤſſen lichts des lebens ſo ſeyn muͤſſen Beraubet vor der zeit. Bey dieſen ſahe man Gerechte ſeelen ſtehn/ die faͤlſchlich waren an- Ge-

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/308>, abgerufen am 22.11.2024.