Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Fünffte Buch. Eneas (saget er) und ihr o lieben leuteVon Troja/ sehet doch/ wie ich gekämpffet heute/ Bedencket auch hiernebst bey diesem harten streit/ Was ich für kräffte hab gehabt in junger zeit/ Und wie ihr Daren habt durch eures fürsten güte Von meiner hand erlöst/ der ich von zorn und wüte Entgegen ihn entflammt durch sein verschulden war/ So saget er/ und stellt sich gegen ochsen dar/ Der als gewinst stund da: Er hohlet aus mit kräfften/ Und sahe gnaw/ wie er ihm eines möchte hefften/ Schlug zwischen hörnern ihm den schweren kolben ein Und traff ihn/ daß der streich gieng durchs gehirn und bein. Der ochse fället auf die erde tod und bebet: Entellus sieht ihn an und über ihn so hebet Zu reden an? Was ich dir an gelobet hab/ O Eryx/ sey dir hie getragen völlig ab. Nimm diese seele hin für Dares blut und sterben; Viel besser ists gethan/ daß ochsen so verderben. Hiemit sey dieser streit mit gutem danck vollbracht/ Und gebe meiner kunst zu fechten gute nacht. Dann stellt Eneas an ein wettespiel mit pfeilen Und setzet auf gewinst/ dieselben außzutheilen/ Dem kunst und glück wol wil: Er ladet darzu ein/ Wer lust und liebe trägt/ und sich kan schicken drein. Er eilt mit grosser schaar in Sergests schiff zu gehen/ Und lässet einen mast mit grosser müh erhöhen Und oben auf dem baum mit einem starcken seil Den vogel binden an und setzen aus zum pfeil/ Und
Das Fuͤnffte Buch. Eneas (ſaget er) und ihr o lieben leuteVon Troja/ ſehet doch/ wie ich gekaͤmpffet heute/ Bedencket auch hiernebſt bey dieſem harten ſtreit/ Was ich fuͤr kraͤffte hab gehabt in junger zeit/ Und wie ihr Daren habt durch eures fuͤrſten guͤte Von meiner hand erloͤſt/ der ich von zorn und wuͤte Entgegen ihn entflammt durch ſein verſchulden war/ So ſaget er/ und ſtellt ſich gegen ochſen dar/ Der als gewinſt ſtund da: Er hohlet aus mit kraͤfften/ Und ſahe gnaw/ wie er ihm eines moͤchte hefften/ Schlug zwiſchen hoͤrnern ihm den ſchweren kolben ein Und traff ihn/ daß der ſtreich gieng durchs gehirn uñ bein. Der ochſe faͤllet auf die erde tod und bebet: Entellus ſieht ihn an und uͤber ihn ſo hebet Zu reden an? Was ich dir an gelobet hab/ O Eryx/ ſey dir hie getragen voͤllig ab. Nimm dieſe ſeele hin fuͤr Dares blut und ſterben; Viel beſſer iſts gethan/ daß ochſen ſo verderben. Hiemit ſey dieſer ſtreit mit gutem danck vollbracht/ Und gebe meiner kunſt zu fechten gute nacht. Dann ſtellt Eneas an ein wetteſpiel mit pfeilen Und ſetzet auf gewinſt/ dieſelben außzutheilen/ Dem kunſt und gluͤck wol wil: Er ladet darzu ein/ Wer luſt und liebe traͤgt/ und ſich kan ſchicken drein. Er eilt mit groſſer ſchaar in Sergeſts ſchiff zu gehen/ Und laͤſſet einen maſt mit groſſer muͤh erhoͤhen Und oben auf dem baum mit einem ſtarcken ſeil Den vogel binden an und ſetzen aus zum pfeil/ Und
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Das Fuͤnffte Buch.
Eneas (ſaget er) und ihr o lieben leute
Von Troja/ ſehet doch/ wie ich gekaͤmpffet heute/
Bedencket auch hiernebſt bey dieſem harten ſtreit/
Was ich fuͤr kraͤffte hab gehabt in junger zeit/
Und wie ihr Daren habt durch eures fuͤrſten guͤte
Von meiner hand erloͤſt/ der ich von zorn und wuͤte
Entgegen ihn entflammt durch ſein verſchulden war/
So ſaget er/ und ſtellt ſich gegen ochſen dar/
Der als gewinſt ſtund da: Er hohlet aus mit kraͤfften/
Und ſahe gnaw/ wie er ihm eines moͤchte hefften/
Schlug zwiſchen hoͤrnern ihm den ſchweren kolben ein
Und traff ihn/ daß der ſtreich gieng durchs gehirn uñ bein.
Der ochſe faͤllet auf die erde tod und bebet:
Entellus ſieht ihn an und uͤber ihn ſo hebet
Zu reden an? Was ich dir an gelobet hab/
O Eryx/ ſey dir hie getragen voͤllig ab.
Nimm dieſe ſeele hin fuͤr Dares blut und ſterben;
Viel beſſer iſts gethan/ daß ochſen ſo verderben.
Hiemit ſey dieſer ſtreit mit gutem danck vollbracht/
Und gebe meiner kunſt zu fechten gute nacht.
Dann ſtellt Eneas an ein wetteſpiel mit pfeilen
Und ſetzet auf gewinſt/ dieſelben außzutheilen/
Dem kunſt und gluͤck wol wil: Er ladet darzu ein/
Wer luſt und liebe traͤgt/ und ſich kan ſchicken drein.
Er eilt mit groſſer ſchaar in Sergeſts ſchiff zu gehen/
Und laͤſſet einen maſt mit groſſer muͤh erhoͤhen
Und oben auf dem baum mit einem ſtarcken ſeil
Den vogel binden an und ſetzen aus zum pfeil/
Und
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/256>, abgerufen am 31.07.2024. |