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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Dritte Buch.
Der greuliche Cyclop/ in dessen höhl ich lage
Mit sorgen voller müh und tausend facher plage.
Das raubnest ist befleckt mit eiter und gebein/
Man siehet/ wie das blut gesprützet an die stein.
Die klufft ist weit und groß/ die weder mond noch sonne
Beleuchtet/ daß ich schweig von einer freud und wonne;
Er aber der Cyclop als ungeheurer mann
Ist schrecklich dick und hoch/ und stösset oben an.
(Ihr Götter tilget doch den scheusaal von der erde/
Damit von seinem schlund kein mensch gefressen werde)
Man kan ihn unbesturtzt nicht sehn noch reden an/
Dieweil er menschen würgt und ihr fleisch fressen kan.
Ich hab es selbst gesehn/ nach dem er außgestrecket
In seiner höhle lag/ und beyde hände recket
Nach ihrer zweenen aus/ die fasset er in grimm/
Und schlug sie an dem felß mit grossem ungestümm;
Daß blut und eiter floß und blieb an steinen kleben.
Ich habe/ was noch mehr (wer solte drob nicht beben?)
Gesehen/ wie er fraß das rohe fleisch hinein/
Das troffe noch von blut. Die zarten äderlein/
Wenn sie noch waren warm/ noch bebten zwischen zeenen/
Mit welchen er das fleisch kunt zerren und zerdehnen/
Bis ers in rachen steckt: Bekam ihm aber nicht:
Denn als Ulysses sieht/ daß er wil solch gericht/
Und menschen fressen auff/ kan er nicht länger dauren
Noch von dem wüterich sich lassen so vermauren/
Gedenckt an seine list in solcher grossen noth/
Und wie er selbst entgeh der fährligkeit und todt.
Als
Das Dritte Buch.
Der greuliche Cyclop/ in deſſen hoͤhl ich lage
Mit ſorgen voller muͤh und tauſend facher plage.
Das raubneſt iſt befleckt mit eiter und gebein/
Man ſiehet/ wie das blut geſpruͤtzet an die ſtein.
Die klufft iſt weit und groß/ die weder mond noch ſonne
Beleuchtet/ daß ich ſchweig von einer freud und wonne;
Er aber der Cyclop als ungeheurer mann
Iſt ſchrecklich dick und hoch/ und ſtoͤſſet oben an.
(Ihr Goͤtter tilget doch den ſcheuſaal von der erde/
Damit von ſeinem ſchlund kein menſch gefreſſen werde)
Man kan ihn unbeſturtzt nicht ſehn noch reden an/
Dieweil er menſchen wuͤrgt und ihr fleiſch freſſen kan.
Ich hab es ſelbſt geſehn/ nach dem er außgeſtrecket
In ſeiner hoͤhle lag/ und beyde haͤnde recket
Nach ihrer zweenen aus/ die faſſet er in grimm/
Und ſchlug ſie an dem felß mit groſſem ungeſtuͤmm;
Daß blut und eiter floß und blieb an ſteinen kleben.
Ich habe/ was noch mehr (wer ſolte drob nicht beben?)
Geſehen/ wie er fraß das rohe fleiſch hinein/
Das troffe noch von blut. Die zarten aͤderlein/
Wenn ſie noch waren warm/ noch bebten zwiſchen zeenẽ/
Mit welchen er das fleiſch kunt zerren und zerdehnen/
Bis ers in rachen ſteckt: Bekam ihm aber nicht:
Denn als Ulyſſes ſieht/ daß er wil ſolch gericht/
Und menſchen freſſen auff/ kan er nicht laͤnger dauren
Noch von dem wuͤterich ſich laſſen ſo vermauren/
Gedenckt an ſeine liſt in ſolcher groſſen noth/
Und wie er ſelbſt entgeh der faͤhrligkeit und todt.
Als
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[148/0170] Das Dritte Buch. Der greuliche Cyclop/ in deſſen hoͤhl ich lage Mit ſorgen voller muͤh und tauſend facher plage. Das raubneſt iſt befleckt mit eiter und gebein/ Man ſiehet/ wie das blut geſpruͤtzet an die ſtein. Die klufft iſt weit und groß/ die weder mond noch ſonne Beleuchtet/ daß ich ſchweig von einer freud und wonne; Er aber der Cyclop als ungeheurer mann Iſt ſchrecklich dick und hoch/ und ſtoͤſſet oben an. (Ihr Goͤtter tilget doch den ſcheuſaal von der erde/ Damit von ſeinem ſchlund kein menſch gefreſſen werde) Man kan ihn unbeſturtzt nicht ſehn noch reden an/ Dieweil er menſchen wuͤrgt und ihr fleiſch freſſen kan. Ich hab es ſelbſt geſehn/ nach dem er außgeſtrecket In ſeiner hoͤhle lag/ und beyde haͤnde recket Nach ihrer zweenen aus/ die faſſet er in grimm/ Und ſchlug ſie an dem felß mit groſſem ungeſtuͤmm; Daß blut und eiter floß und blieb an ſteinen kleben. Ich habe/ was noch mehr (wer ſolte drob nicht beben?) Geſehen/ wie er fraß das rohe fleiſch hinein/ Das troffe noch von blut. Die zarten aͤderlein/ Wenn ſie noch waren warm/ noch bebten zwiſchen zeenẽ/ Mit welchen er das fleiſch kunt zerren und zerdehnen/ Bis ers in rachen ſteckt: Bekam ihm aber nicht: Denn als Ulyſſes ſieht/ daß er wil ſolch gericht/ Und menſchen freſſen auff/ kan er nicht laͤnger dauren Noch von dem wuͤterich ſich laſſen ſo vermauren/ Gedenckt an ſeine liſt in ſolcher groſſen noth/ Und wie er ſelbſt entgeh der faͤhrligkeit und todt. Als

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/170>, abgerufen am 05.12.2024.