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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Dritte Buch.
Für ihrem ehegemahl/ der ander ihrem sohne
Und hebt zuruffen an mit jammerlichen thone
Des Hectors geist herbey; Damit sie also hab
Zu weinen satten fug umb ihren mann und grab.
Als sie mich kommen sieht und unsre waffen kennet/
Da stützet sie darob/ sie siehet starr und sinnet/
Entsetzet sich so gar ob dieser dinge lauff/
Daß sie in ohnmacht fällt/ dann steht sie wieder anff
Nach langer weile kaum/ und hebt so anzufragen?
Eneas/ bist dus selbst? Ach/ was sol ich doch sagen?
Lebst oder bist du tod? Im fall du bist ein schein
Und irrest ümm/ sag mir/ wo mag doch Hector seyn?
Hiemit vergoß sie viel gesaltzne jammerthränen/
Erfüllte mit geschrey/ mit seufftzen/ winseln/ stähnen
Den gantzen ort herumb. Als sie so schrecklich thut/
Verlier ich selber fast zu reden lust und muth;
Ich mache wenig wort/ die halb gebrochen waren/
Ich sag: ich lebe zwar/ muß aber viel erfahren;
Durch euserst ungelück führ ich mein leben hier:
Trag keinen zweifel nur/ denn ich Eneas bin/
Wie du auch selber siehst: Ey doch/ wie ist dirs gangen
Als einer wittbe noch? Wie hast du dein verlangen
Gestillet/ da dir so dein eheherr bliebe tod?
Was für ein würdig glück schien dir nach dieser noth?
Ey doch Andromache! Die du den Hector hattest:
Ists dem also/ daß du mit Pyrrhen dich begattest?
Da schluge sie zur erd ihr angesicht aus scham/
Und redte leise/ daß man sie kaum recht vernahm.
Wie
Das Dritte Buch.
Fuͤr ihrem ehegemahl/ der ander ihrem ſohne
Und hebt zuruffen an mit jammerlichen thone
Des Hectors geiſt herbey; Damit ſie alſo hab
Zu weinen ſatten fug umb ihren mann und grab.
Als ſie mich kommen ſieht und unſre waffen kennet/
Da ſtuͤtzet ſie darob/ ſie ſiehet ſtarr und ſinnet/
Entſetzet ſich ſo gar ob dieſer dinge lauff/
Daß ſie in ohnmacht faͤllt/ dann ſteht ſie wieder anff
Nach langer weile kaum/ und hebt ſo anzufragen?
Eneas/ biſt dus ſelbſt? Ach/ was ſol ich doch ſagen?
Lebſt oder biſt du tod? Im fall du biſt ein ſchein
Und irreſt uͤmm/ ſag mir/ wo mag doch Hector ſeyn?
Hiemit vergoß ſie viel geſaltzne jammerthraͤnen/
Erfuͤllte mit geſchrey/ mit ſeufftzen/ winſeln/ ſtaͤhnen
Den gantzen ort herumb. Als ſie ſo ſchrecklich thut/
Verlier ich ſelber faſt zu reden luſt und muth;
Ich mache wenig wort/ die halb gebrochen waren/
Ich ſag: ich lebe zwar/ muß aber viel erfahren;
Durch euſerſt ungeluͤck fuͤhr ich mein leben hier:
Trag keinen zweifel nur/ denn ich Eneas bin/
Wie du auch ſelber ſiehſt: Ey doch/ wie iſt dirs gangen
Als einer wittbe noch? Wie haſt du dein verlangen
Geſtillet/ da dir ſo dein eheherr bliebe tod?
Was fuͤr ein wuͤrdig gluͤck ſchien dir nach dieſer noth?
Ey doch Andromache! Die du den Hector hatteſt:
Iſts dem alſo/ daß du mit Pyrrhen dich begatteſt?
Da ſchluge ſie zur erd ihr angeſicht aus ſcham/
Und redte leiſe/ daß man ſie kaum recht vernahm.
Wie
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[128/0150] Das Dritte Buch. Fuͤr ihrem ehegemahl/ der ander ihrem ſohne Und hebt zuruffen an mit jammerlichen thone Des Hectors geiſt herbey; Damit ſie alſo hab Zu weinen ſatten fug umb ihren mann und grab. Als ſie mich kommen ſieht und unſre waffen kennet/ Da ſtuͤtzet ſie darob/ ſie ſiehet ſtarr und ſinnet/ Entſetzet ſich ſo gar ob dieſer dinge lauff/ Daß ſie in ohnmacht faͤllt/ dann ſteht ſie wieder anff Nach langer weile kaum/ und hebt ſo anzufragen? Eneas/ biſt dus ſelbſt? Ach/ was ſol ich doch ſagen? Lebſt oder biſt du tod? Im fall du biſt ein ſchein Und irreſt uͤmm/ ſag mir/ wo mag doch Hector ſeyn? Hiemit vergoß ſie viel geſaltzne jammerthraͤnen/ Erfuͤllte mit geſchrey/ mit ſeufftzen/ winſeln/ ſtaͤhnen Den gantzen ort herumb. Als ſie ſo ſchrecklich thut/ Verlier ich ſelber faſt zu reden luſt und muth; Ich mache wenig wort/ die halb gebrochen waren/ Ich ſag: ich lebe zwar/ muß aber viel erfahren; Durch euſerſt ungeluͤck fuͤhr ich mein leben hier: Trag keinen zweifel nur/ denn ich Eneas bin/ Wie du auch ſelber ſiehſt: Ey doch/ wie iſt dirs gangen Als einer wittbe noch? Wie haſt du dein verlangen Geſtillet/ da dir ſo dein eheherr bliebe tod? Was fuͤr ein wuͤrdig gluͤck ſchien dir nach dieſer noth? Ey doch Andromache! Die du den Hector hatteſt: Iſts dem alſo/ daß du mit Pyrrhen dich begatteſt? Da ſchluge ſie zur erd ihr angeſicht aus ſcham/ Und redte leiſe/ daß man ſie kaum recht vernahm. Wie

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/150>, abgerufen am 10.05.2024.