Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Andere Buch.
Das königliche hertz erzittert und erbebte/
Da er im blute lag des sohnes und kaum webte
Für odems mattigkeit. Er hielt ihn bey dem haar/
Zog aus und stieß das schwerdt ihn durch die seite gar
Bis an den hefft hinein. Diß war des königs ende;
So weit war ihm vorsehn von Göttern sein elende;
Er solte dieses noch mit seinen augen sehn/
Daß Troja in dem feur must endlich untergehn/
Und ihre schöne burg verwüstet und verheeret
Zu grunde fallen ein/ der weit und breit geehret
Und als ein könig war gefürchtet und geliebt
In gantzem Phrygien durch tugend wol geübt.
Nun aber ligt sein haupt von schultern abgerissen
Ohn nahmen/ ruhm und ehr ans ufer hin geschmissen:
Da wurd erst mein gemüht mit grimmer furcht erfüllt
Ich wurde gantz erstaunt/ da mir des vaters bild
Zu sinn und augen kam. Ich must in letzten zügen
Den alten könig sehn in seinem blute ligen.
Creuha macht mir auch bekümmert meinen sinn/
Von der ich nichts erfuhr/ wo sie war kommen hin.
Ich dencke/ wie das schloß muß seyn geplündert worden/
Und was ohn zweifel sey für wüten blut und morden
Verübet hier und da: Ich denck an weib und kind/
An meinen sohn Ascan/ und wo sie alle sind:
Ich seh mich ümb/ ob sich noch knechte bey mir finden/
Ich sehe keine mehr/ sie waren theils dahinden
Geblieben/ laß und müd/ theils waren auff die erd
gesprungen/ theils in feur umbkommen/ theils durchs schwerd.
Ich
Das Andere Buch.
Das koͤnigliche hertz erzittert und erbebte/
Da er im blute lag des ſohnes und kaum webte
Fuͤr odems mattigkeit. Er hielt ihn bey dem haar/
Zog aus und ſtieß das ſchwerdt ihn durch die ſeite gar
Bis an den hefft hinein. Diß war des koͤnigs ende;
So weit war ihm vorſehn von Goͤttern ſein elende;
Er ſolte dieſes noch mit ſeinen augen ſehn/
Daß Troja in dem feur muſt endlich untergehn/
Und ihre ſchoͤne burg verwuͤſtet und verheeret
Zu grunde fallen ein/ der weit und breit geehret
Und als ein koͤnig war gefuͤrchtet und geliebt
In gantzem Phrygien durch tugend wol geuͤbt.
Nun aber ligt ſein haupt von ſchultern abgeriſſen
Ohn nahmen/ ruhm und ehr ans ufer hin geſchmiſſen:
Da wurd erſt mein gemuͤht mit grimmer furcht erfuͤllt
Ich wurde gantz erſtaunt/ da mir des vaters bild
Zu ſinn und augen kam. Ich muſt in letzten zuͤgen
Den alten koͤnig ſehn in ſeinem blute ligen.
Creuha macht mir auch bekuͤmmert meinen ſinn/
Von der ich nichts erfuhr/ wo ſie war kommen hin.
Ich dencke/ wie das ſchloß muß ſeyn gepluͤndert worden/
Und was ohn zweifel ſey fuͤr wuͤten blut und morden
Veruͤbet hier und da: Ich denck an weib und kind/
An meinen ſohn Aſcan/ und wo ſie alle ſind:
Ich ſeh mich uͤmb/ ob ſich noch knechte bey mir finden/
Ich ſehe keine mehr/ ſie waren theils dahinden
Geblieben/ laß und muͤd/ theils waren auff die erd
geſprungẽ/ theils in feur umbkom̃ẽ/ theils durchs ſchweꝛd.
Ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0114" n="92"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Andere Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Das ko&#x0364;nigliche hertz erzittert und erbebte/</l><lb/>
          <l>Da er im blute lag des &#x017F;ohnes und kaum webte</l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;r odems mattigkeit. Er hielt ihn bey dem haar/</l><lb/>
          <l>Zog aus und &#x017F;tieß das &#x017F;chwerdt ihn durch die &#x017F;eite gar</l><lb/>
          <l>Bis an den hefft hinein. <hi rendition="#fr">D</hi>iß war des ko&#x0364;nigs ende;</l><lb/>
          <l>So weit war ihm vor&#x017F;ehn von Go&#x0364;ttern &#x017F;ein elende;</l><lb/>
          <l>Er &#x017F;olte die&#x017F;es noch mit &#x017F;einen augen &#x017F;ehn/</l><lb/>
          <l>Daß Troja in dem feur mu&#x017F;t endlich untergehn/</l><lb/>
          <l>Und ihre &#x017F;cho&#x0364;ne burg verwu&#x0364;&#x017F;tet und verheeret</l><lb/>
          <l>Zu grunde fallen ein/ der weit und breit geehret</l><lb/>
          <l>Und als ein ko&#x0364;nig war gefu&#x0364;rchtet und geliebt</l><lb/>
          <l>In gantzem Phrygien durch tugend wol geu&#x0364;bt.</l><lb/>
          <l>Nun aber ligt &#x017F;ein haupt von &#x017F;chultern abgeri&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
          <l>Ohn nahmen/ ruhm und ehr ans ufer hin ge&#x017F;chmi&#x017F;&#x017F;en:</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>a wurd er&#x017F;t mein gemu&#x0364;ht mit grimmer furcht erfu&#x0364;llt</l><lb/>
          <l>Ich wurde gantz er&#x017F;taunt/ da mir des vaters bild</l><lb/>
          <l>Zu &#x017F;inn und augen kam. Ich mu&#x017F;t in letzten zu&#x0364;gen</l><lb/>
          <l>Den alten ko&#x0364;nig &#x017F;ehn in &#x017F;einem blute ligen.</l><lb/>
          <l>Creuha macht mir auch beku&#x0364;mmert meinen &#x017F;inn/</l><lb/>
          <l>Von der ich nichts erfuhr/ wo &#x017F;ie war kommen hin.</l><lb/>
          <l>Ich dencke/ wie das &#x017F;chloß muß &#x017F;eyn geplu&#x0364;ndert worden/</l><lb/>
          <l>Und was ohn zweifel &#x017F;ey fu&#x0364;r wu&#x0364;ten blut und morden</l><lb/>
          <l>Veru&#x0364;bet hier und da: Ich denck an weib und kind/</l><lb/>
          <l>An meinen &#x017F;ohn A&#x017F;can/ und wo &#x017F;ie alle &#x017F;ind:</l><lb/>
          <l>Ich &#x017F;eh mich u&#x0364;mb/ ob &#x017F;ich noch knechte bey mir finden/</l><lb/>
          <l>Ich &#x017F;ehe keine mehr/ &#x017F;ie waren theils dahinden</l><lb/>
          <l>Geblieben/ laß und mu&#x0364;d/ theils waren auff die erd</l><lb/>
          <l>ge&#x017F;prunge&#x0303;/ theils in feur umbkom&#x0303;e&#x0303;/ theils durchs &#x017F;chwe&#xA75B;d.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ich</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0114] Das Andere Buch. Das koͤnigliche hertz erzittert und erbebte/ Da er im blute lag des ſohnes und kaum webte Fuͤr odems mattigkeit. Er hielt ihn bey dem haar/ Zog aus und ſtieß das ſchwerdt ihn durch die ſeite gar Bis an den hefft hinein. Diß war des koͤnigs ende; So weit war ihm vorſehn von Goͤttern ſein elende; Er ſolte dieſes noch mit ſeinen augen ſehn/ Daß Troja in dem feur muſt endlich untergehn/ Und ihre ſchoͤne burg verwuͤſtet und verheeret Zu grunde fallen ein/ der weit und breit geehret Und als ein koͤnig war gefuͤrchtet und geliebt In gantzem Phrygien durch tugend wol geuͤbt. Nun aber ligt ſein haupt von ſchultern abgeriſſen Ohn nahmen/ ruhm und ehr ans ufer hin geſchmiſſen: Da wurd erſt mein gemuͤht mit grimmer furcht erfuͤllt Ich wurde gantz erſtaunt/ da mir des vaters bild Zu ſinn und augen kam. Ich muſt in letzten zuͤgen Den alten koͤnig ſehn in ſeinem blute ligen. Creuha macht mir auch bekuͤmmert meinen ſinn/ Von der ich nichts erfuhr/ wo ſie war kommen hin. Ich dencke/ wie das ſchloß muß ſeyn gepluͤndert worden/ Und was ohn zweifel ſey fuͤr wuͤten blut und morden Veruͤbet hier und da: Ich denck an weib und kind/ An meinen ſohn Aſcan/ und wo ſie alle ſind: Ich ſeh mich uͤmb/ ob ſich noch knechte bey mir finden/ Ich ſehe keine mehr/ ſie waren theils dahinden Geblieben/ laß und muͤd/ theils waren auff die erd geſprungẽ/ theils in feur umbkom̃ẽ/ theils durchs ſchweꝛd. Ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/114
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/114>, abgerufen am 24.11.2024.