Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Die jüngere Wittwe.
tung mit dir neue Stärke und neues Leben und kann
mir selbst zurufen: Was betrübst du dich, mrine Seele,
und bist so unruhig in mir! Harre auf Gott; denn
ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts
Hülfe und mein Gott ist. Amen.



II.
Die ältere Wittwe.


Gott, weiser Regierer aller Dinge, du herrschest
in deinem Reiche nach ewigen, aber höchst
wohlthätigen Gesetzen, nach Gesetzen, denen sich die
ganze Schöpfung, die lebendige und leblose Welt, das
Reich der Geister und der Menschen unterwerfen muß.
Du lässest Tod und Leben so mit einander abwechseln,
wie es deinen väterlichen Absichten und der Vervoll-
kommnung und Glückseligkeit deiner Kinder gemäs ist.
Tod und Leben grenzen so nahe an einander und sind
so genau in einander geflochten, daß uns die Erschei-
nung des ersten so wenig wie der Anblick des letzten
beunruhigen und in Verwirrung setzen sollte. Aber
wir sind und bleiben Menschen und empfinden mensch-
lich. Wir sind schwache, gesellige, große Bedürfnisse
fühlende Menschen, die du in mannichfaltige Verbin-
dungen mit einander gesetzet hast, damit wir einer

den
Y 2

Die jüngere Wittwe.
tung mit dir neue Stärke und neues Leben und kann
mir ſelbſt zurufen: Was betrübſt du dich, mrine Seele,
und biſt ſo unruhig in mir! Harre auf Gott; denn
ich werde ihm noch danken, daß er meines Angeſichts
Hülfe und mein Gott iſt. Amen.



II.
Die ältere Wittwe.


Gott, weiſer Regierer aller Dinge, du herrſcheſt
in deinem Reiche nach ewigen, aber höchſt
wohlthätigen Geſetzen, nach Geſetzen, denen ſich die
ganze Schöpfung, die lebendige und lebloſe Welt, das
Reich der Geiſter und der Menſchen unterwerfen muß.
Du läſſeſt Tod und Leben ſo mit einander abwechſeln,
wie es deinen väterlichen Abſichten und der Vervoll-
kommnung und Glückſeligkeit deiner Kinder gemäs iſt.
Tod und Leben grenzen ſo nahe an einander und ſind
ſo genau in einander geflochten, daß uns die Erſchei-
nung des erſten ſo wenig wie der Anblick des letzten
beunruhigen und in Verwirrung ſetzen ſollte. Aber
wir ſind und bleiben Menſchen und empfinden menſch-
lich. Wir ſind ſchwache, geſellige, große Bedürfniſſe
fühlende Menſchen, die du in mannichfaltige Verbin-
dungen mit einander geſetzet haſt, damit wir einer

den
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0351" n="339"/><fw place="top" type="header">Die jüngere Wittwe.</fw><lb/>
tung mit dir neue Stärke und neues Leben und kann<lb/>
mir &#x017F;elb&#x017F;t zurufen: Was betrüb&#x017F;t du dich, mrine Seele,<lb/>
und bi&#x017F;t &#x017F;o unruhig in mir! Harre auf Gott; denn<lb/>
ich werde ihm noch danken, daß er meines Ange&#x017F;ichts<lb/>
Hülfe und mein Gott i&#x017F;t. Amen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">II.</hi><lb/><hi rendition="#g">Die ältere Wittwe</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#in">G</hi>ott, wei&#x017F;er Regierer aller Dinge, du herr&#x017F;che&#x017F;t<lb/>
in deinem Reiche nach ewigen, aber höch&#x017F;t<lb/>
wohlthätigen Ge&#x017F;etzen, nach Ge&#x017F;etzen, denen &#x017F;ich die<lb/>
ganze Schöpfung, die lebendige und leblo&#x017F;e Welt, das<lb/>
Reich der Gei&#x017F;ter und der Men&#x017F;chen unterwerfen muß.<lb/>
Du lä&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t Tod und Leben &#x017F;o mit einander abwech&#x017F;eln,<lb/>
wie es deinen väterlichen Ab&#x017F;ichten und der Vervoll-<lb/>
kommnung und Glück&#x017F;eligkeit deiner Kinder gemäs i&#x017F;t.<lb/>
Tod und Leben grenzen &#x017F;o nahe an einander und &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;o genau in einander geflochten, daß uns die Er&#x017F;chei-<lb/>
nung des er&#x017F;ten &#x017F;o wenig wie der Anblick des letzten<lb/>
beunruhigen und in Verwirrung &#x017F;etzen &#x017F;ollte. Aber<lb/>
wir &#x017F;ind und bleiben Men&#x017F;chen und empfinden men&#x017F;ch-<lb/>
lich. Wir &#x017F;ind &#x017F;chwache, ge&#x017F;ellige, große Bedürfni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
fühlende Men&#x017F;chen, die du in mannichfaltige Verbin-<lb/>
dungen mit einander ge&#x017F;etzet ha&#x017F;t, damit wir einer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0351] Die jüngere Wittwe. tung mit dir neue Stärke und neues Leben und kann mir ſelbſt zurufen: Was betrübſt du dich, mrine Seele, und biſt ſo unruhig in mir! Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angeſichts Hülfe und mein Gott iſt. Amen. II. Die ältere Wittwe. Gott, weiſer Regierer aller Dinge, du herrſcheſt in deinem Reiche nach ewigen, aber höchſt wohlthätigen Geſetzen, nach Geſetzen, denen ſich die ganze Schöpfung, die lebendige und lebloſe Welt, das Reich der Geiſter und der Menſchen unterwerfen muß. Du läſſeſt Tod und Leben ſo mit einander abwechſeln, wie es deinen väterlichen Abſichten und der Vervoll- kommnung und Glückſeligkeit deiner Kinder gemäs iſt. Tod und Leben grenzen ſo nahe an einander und ſind ſo genau in einander geflochten, daß uns die Erſchei- nung des erſten ſo wenig wie der Anblick des letzten beunruhigen und in Verwirrung ſetzen ſollte. Aber wir ſind und bleiben Menſchen und empfinden menſch- lich. Wir ſind ſchwache, geſellige, große Bedürfniſſe fühlende Menſchen, die du in mannichfaltige Verbin- dungen mit einander geſetzet haſt, damit wir einer den Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/351
Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/351>, abgerufen am 24.06.2024.