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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Das Verh. einer Mutter geg. ein Kind etc.
aufrichtig zu lieben, dir kindlich zu vertrauen, dir
und deinen Geboten willig zu gehorchen und dich durch
Gehorsam und Tugend zu ehren, alle Menschen als
seine Brüder und Schwestern zu lieben und hoch zu
schätzen, ihnen allen Gutes zu wünschen und zu gön-
nen, ihnen, wo es möglich ist, beyzustehen und Hülfe zu
leisten, keinen zu beleidigen und zu kränken, empfan-
gene Beleidigungen großmüthig zu übersehen und un-
geahndet zu vergeben, andern das zu thun, was wir
wünschen, daß sie uns thun mögen, dieß erfordert
keinen ausnehmenden Verstand, keinen großen Scharf-
sinn, keine ausgezeichneten Kenntnisse; dieß kann je-
der Mensch, so gering auch seine Geistesfähigkeiten
seyn mögen, fassen und begreifen; so kann jeder han-
deln, dessen Herz nicht vernachlässiget und verwahrlo-
set worden ist.

Diese Absicht an meinem Kinde zu erreichen
und mich in allen Stücken so gegen dasselbe zu verhal-
ten, wie ich es itzt als meine Pflicht erkannt habe,
dieß, o Gott, müsse mein täglicher Wunsch und mein
unablässiges Bestreben seyn! Amen.



VII.

Das Verh. einer Mutter geg. ein Kind ꝛc.
aufrichtig zu lieben, dir kindlich zu vertrauen, dir
und deinen Geboten willig zu gehorchen und dich durch
Gehorſam und Tugend zu ehren, alle Menſchen als
ſeine Brüder und Schweſtern zu lieben und hoch zu
ſchätzen, ihnen allen Gutes zu wünſchen und zu gön-
nen, ihnen, wo es möglich iſt, beyzuſtehen und Hülfe zu
leiſten, keinen zu beleidigen und zu kränken, empfan-
gene Beleidigungen großmüthig zu überſehen und un-
geahndet zu vergeben, andern das zu thun, was wir
wünſchen, daß ſie uns thun mögen, dieß erfordert
keinen ausnehmenden Verſtand, keinen großen Scharf-
ſinn, keine ausgezeichneten Kenntniſſe; dieß kann je-
der Menſch, ſo gering auch ſeine Geiſtesfähigkeiten
ſeyn mögen, faſſen und begreifen; ſo kann jeder han-
deln, deſſen Herz nicht vernachläſſiget und verwahrlo-
ſet worden iſt.

Dieſe Abſicht an meinem Kinde zu erreichen
und mich in allen Stücken ſo gegen daſſelbe zu verhal-
ten, wie ich es itzt als meine Pflicht erkannt habe,
dieß, o Gott, müſſe mein täglicher Wunſch und mein
unabläſſiges Beſtreben ſeyn! Amen.



VII.
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[268/0280] Das Verh. einer Mutter geg. ein Kind ꝛc. aufrichtig zu lieben, dir kindlich zu vertrauen, dir und deinen Geboten willig zu gehorchen und dich durch Gehorſam und Tugend zu ehren, alle Menſchen als ſeine Brüder und Schweſtern zu lieben und hoch zu ſchätzen, ihnen allen Gutes zu wünſchen und zu gön- nen, ihnen, wo es möglich iſt, beyzuſtehen und Hülfe zu leiſten, keinen zu beleidigen und zu kränken, empfan- gene Beleidigungen großmüthig zu überſehen und un- geahndet zu vergeben, andern das zu thun, was wir wünſchen, daß ſie uns thun mögen, dieß erfordert keinen ausnehmenden Verſtand, keinen großen Scharf- ſinn, keine ausgezeichneten Kenntniſſe; dieß kann je- der Menſch, ſo gering auch ſeine Geiſtesfähigkeiten ſeyn mögen, faſſen und begreifen; ſo kann jeder han- deln, deſſen Herz nicht vernachläſſiget und verwahrlo- ſet worden iſt. Dieſe Abſicht an meinem Kinde zu erreichen und mich in allen Stücken ſo gegen daſſelbe zu verhal- ten, wie ich es itzt als meine Pflicht erkannt habe, dieß, o Gott, müſſe mein täglicher Wunſch und mein unabläſſiges Beſtreben ſeyn! Amen. VII.

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/280>, abgerufen am 28.06.2024.