Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Die kranke Mutter.
und alles schenkest, was sie froh und zufrieden machen
kann!

Aber noch lebe ich, noch haben mich meine
Kräfte nicht ganz verlassen, und deine mächtige Hand
kann alles ändern. Vielleich rufest du mich aufs
neue ins Leben und weisest mir die Stelle, die ich
bisher bekleidet habe, wieder an. O möchte ich mich
dann deiner Güte und Hülfe recht als eine Christin
freuen! Möchte ich dann diese Stelle recht würdig
behaupten und recht gemeinnützig an derselben seyn!
Möchte ich dann alle meine Pflichten und besonders
meine mütterlichen Pflichten recht genau und treu
erfüllen! -- Ja, das will ich thun, o Gott.
Erfreuest du mich wieder mit Leben und Gesundheit,
so will ich ganz meinen Kindern leben und ganz Mut-
ter für dieselben seyn. Dann war das Krankenbette
ein Wink von dir, ein wichtiger, lehrreicher Wink
in Absicht auf meine Pflichten, den ich stets befolgen
will. Dann will ich dich durch meine Tugend und
durch mein gemeinnütziges Leben für diese Wohlthat
loben und preisen, und die Mühe, die ich mir ge-
ben werde, meine Kinder gut zu erziehen und sie
zu verständigen Menschen und frommen Christen zu-
bilden, die wird dir wohlgefallen, die wird dir ein
angenehmes Dankopfer seyn.

Ruhig und getrost, o Gott, erwarte ich, was
du, der Herr über Leben und Tod, über mich erge-
hen lassen wirst. Stärke mich in der Stunde des
Scheidens und gieb mir Kraft und Muth, wie eine
Christin zu sterben, die sich unsterblich fühlet und

glau-

Die kranke Mutter.
und alles ſchenkeſt, was ſie froh und zufrieden machen
kann!

Aber noch lebe ich, noch haben mich meine
Kräfte nicht ganz verlaſſen, und deine mächtige Hand
kann alles ändern. Vielleich rufeſt du mich aufs
neue ins Leben und weiſeſt mir die Stelle, die ich
bisher bekleidet habe, wieder an. O möchte ich mich
dann deiner Güte und Hülfe recht als eine Chriſtin
freuen! Möchte ich dann dieſe Stelle recht würdig
behaupten und recht gemeinnützig an derſelben ſeyn!
Möchte ich dann alle meine Pflichten und beſonders
meine mütterlichen Pflichten recht genau und treu
erfüllen! — Ja, das will ich thun, o Gott.
Erfreueſt du mich wieder mit Leben und Geſundheit,
ſo will ich ganz meinen Kindern leben und ganz Mut-
ter für dieſelben ſeyn. Dann war das Krankenbette
ein Wink von dir, ein wichtiger, lehrreicher Wink
in Abſicht auf meine Pflichten, den ich ſtets befolgen
will. Dann will ich dich durch meine Tugend und
durch mein gemeinnütziges Leben für dieſe Wohlthat
loben und preiſen, und die Mühe, die ich mir ge-
ben werde, meine Kinder gut zu erziehen und ſie
zu verſtändigen Menſchen und frommen Chriſten zu-
bilden, die wird dir wohlgefallen, die wird dir ein
angenehmes Dankopfer ſeyn.

Ruhig und getroſt, o Gott, erwarte ich, was
du, der Herr über Leben und Tod, über mich erge-
hen laſſen wirſt. Stärke mich in der Stunde des
Scheidens und gieb mir Kraft und Muth, wie eine
Chriſtin zu ſterben, die ſich unſterblich fühlet und

glau-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0268" n="256"/><fw place="top" type="header">Die kranke Mutter.</fw><lb/>
und alles &#x017F;chenke&#x017F;t, was &#x017F;ie froh und zufrieden machen<lb/>
kann!</p><lb/>
          <p>Aber noch lebe ich, noch haben mich meine<lb/>
Kräfte nicht ganz verla&#x017F;&#x017F;en, und deine mächtige Hand<lb/>
kann alles ändern. Vielleich rufe&#x017F;t du mich aufs<lb/>
neue ins Leben und wei&#x017F;e&#x017F;t mir die Stelle, die ich<lb/>
bisher bekleidet habe, wieder an. O möchte ich mich<lb/>
dann deiner Güte und Hülfe recht als eine Chri&#x017F;tin<lb/>
freuen! Möchte ich dann die&#x017F;e Stelle recht würdig<lb/>
behaupten und recht gemeinnützig an der&#x017F;elben &#x017F;eyn!<lb/>
Möchte ich dann alle meine Pflichten und be&#x017F;onders<lb/>
meine mütterlichen Pflichten recht genau und treu<lb/>
erfüllen! &#x2014; Ja, das will ich thun, o Gott.<lb/>
Erfreue&#x017F;t du mich wieder mit Leben und Ge&#x017F;undheit,<lb/>
&#x017F;o will ich ganz meinen Kindern leben und ganz Mut-<lb/>
ter für die&#x017F;elben &#x017F;eyn. Dann war das Krankenbette<lb/>
ein Wink von dir, ein wichtiger, lehrreicher Wink<lb/>
in Ab&#x017F;icht auf meine Pflichten, den ich &#x017F;tets befolgen<lb/>
will. Dann will ich dich durch meine Tugend und<lb/>
durch mein gemeinnütziges Leben für die&#x017F;e Wohlthat<lb/>
loben und prei&#x017F;en, und die Mühe, die ich mir ge-<lb/>
ben werde, meine Kinder gut zu erziehen und &#x017F;ie<lb/>
zu ver&#x017F;tändigen Men&#x017F;chen und frommen Chri&#x017F;ten zu-<lb/>
bilden, die wird dir wohlgefallen, die wird dir ein<lb/>
angenehmes Dankopfer &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Ruhig und getro&#x017F;t, o Gott, erwarte ich, was<lb/>
du, der Herr über Leben und Tod, über mich erge-<lb/>
hen la&#x017F;&#x017F;en wir&#x017F;t. Stärke mich in der Stunde des<lb/>
Scheidens und gieb mir Kraft und Muth, wie eine<lb/>
Chri&#x017F;tin zu &#x017F;terben, die &#x017F;ich un&#x017F;terblich fühlet und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">glau-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0268] Die kranke Mutter. und alles ſchenkeſt, was ſie froh und zufrieden machen kann! Aber noch lebe ich, noch haben mich meine Kräfte nicht ganz verlaſſen, und deine mächtige Hand kann alles ändern. Vielleich rufeſt du mich aufs neue ins Leben und weiſeſt mir die Stelle, die ich bisher bekleidet habe, wieder an. O möchte ich mich dann deiner Güte und Hülfe recht als eine Chriſtin freuen! Möchte ich dann dieſe Stelle recht würdig behaupten und recht gemeinnützig an derſelben ſeyn! Möchte ich dann alle meine Pflichten und beſonders meine mütterlichen Pflichten recht genau und treu erfüllen! — Ja, das will ich thun, o Gott. Erfreueſt du mich wieder mit Leben und Geſundheit, ſo will ich ganz meinen Kindern leben und ganz Mut- ter für dieſelben ſeyn. Dann war das Krankenbette ein Wink von dir, ein wichtiger, lehrreicher Wink in Abſicht auf meine Pflichten, den ich ſtets befolgen will. Dann will ich dich durch meine Tugend und durch mein gemeinnütziges Leben für dieſe Wohlthat loben und preiſen, und die Mühe, die ich mir ge- ben werde, meine Kinder gut zu erziehen und ſie zu verſtändigen Menſchen und frommen Chriſten zu- bilden, die wird dir wohlgefallen, die wird dir ein angenehmes Dankopfer ſeyn. Ruhig und getroſt, o Gott, erwarte ich, was du, der Herr über Leben und Tod, über mich erge- hen laſſen wirſt. Stärke mich in der Stunde des Scheidens und gieb mir Kraft und Muth, wie eine Chriſtin zu ſterben, die ſich unſterblich fühlet und glau-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/268
Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/268>, abgerufen am 28.06.2024.