heit, nicht durch gute, menschenfreundliche Gesin- nungen, nicht durch Tugend und Gehorsam ehre.
Und wie sehr falle ich nicht, von dem Laster des Geizes beherrscht, meiner Familie zur Last! Wie we- nig kann ich da den Gatten beglücken, der mir alles aufopferte! Wie wenig in seine Gesinnungen und Em- pfindungen einstimmen und das Versprechen erfüllen, welches ich ihm that! Welchen Kummer, welche Kränkungen, welche Schande muß ihm nicht mein niedriger Charakter und meine Habsucht verursachen! Wie sehr werde ich ihm nicht die Ausübung der Wohl- thätigkeit zu erschweren suchen! Und wenn ich Mutter bin und Erzieherin meiner Kinder seyn soll, welche Bildung werde ich ihren jungen Herzen geben! welche Empfindungen werde ich ihnen eindrücken! welche Grundsätze einprägen! Wie leicht ist es da, daß der Mangel des vernünftigen Unterrichts und mein mäch- tig wirkendes Beyspiel ihre Seelen schon frühzeitig vergiften und den Saamen zu eben dem Laster darein legen, welchem ich selbst ergeben bin!
Ja, der Geiz, o Gott, ist ein Jnbegriff aller Laster und Thorheiten, eine Quelle der Unzufrieden- heit und des Elendes. Jch mache mich selbst und an- dere, ich mache mich itzt und künftig dadurch unglück- lich. Jch handle meiner Vernunft und dem Christen- thume entgegen, ich empöre mich wider meine Natur und wider deine Gebote, wenn ich mich zur Sclavin meines Reichthums machen lasse. Nein, ich mag viel oder wenig besitzen, so will ich mein Herz dem
Geize
O 2
Wider den Geiz.
heit, nicht durch gute, menſchenfreundliche Geſin- nungen, nicht durch Tugend und Gehorſam ehre.
Und wie ſehr falle ich nicht, von dem Laſter des Geizes beherrſcht, meiner Familie zur Laſt! Wie we- nig kann ich da den Gatten beglücken, der mir alles aufopferte! Wie wenig in ſeine Geſinnungen und Em- pfindungen einſtimmen und das Verſprechen erfüllen, welches ich ihm that! Welchen Kummer, welche Kränkungen, welche Schande muß ihm nicht mein niedriger Charakter und meine Habſucht verurſachen! Wie ſehr werde ich ihm nicht die Ausübung der Wohl- thätigkeit zu erſchweren ſuchen! Und wenn ich Mutter bin und Erzieherin meiner Kinder ſeyn ſoll, welche Bildung werde ich ihren jungen Herzen geben! welche Empfindungen werde ich ihnen eindrücken! welche Grundſätze einprägen! Wie leicht iſt es da, daß der Mangel des vernünftigen Unterrichts und mein mäch- tig wirkendes Beyſpiel ihre Seelen ſchon frühzeitig vergiften und den Saamen zu eben dem Laſter darein legen, welchem ich ſelbſt ergeben bin!
Ja, der Geiz, o Gott, iſt ein Jnbegriff aller Laſter und Thorheiten, eine Quelle der Unzufrieden- heit und des Elendes. Jch mache mich ſelbſt und an- dere, ich mache mich itzt und künftig dadurch unglück- lich. Jch handle meiner Vernunft und dem Chriſten- thume entgegen, ich empöre mich wider meine Natur und wider deine Gebote, wenn ich mich zur Sclavin meines Reichthums machen laſſe. Nein, ich mag viel oder wenig beſitzen, ſo will ich mein Herz dem
Geize
O 2
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Wider den Geiz.
heit, nicht durch gute, menſchenfreundliche Geſin-
nungen, nicht durch Tugend und Gehorſam ehre.
Und wie ſehr falle ich nicht, von dem Laſter des
Geizes beherrſcht, meiner Familie zur Laſt! Wie we-
nig kann ich da den Gatten beglücken, der mir alles
aufopferte! Wie wenig in ſeine Geſinnungen und Em-
pfindungen einſtimmen und das Verſprechen erfüllen,
welches ich ihm that! Welchen Kummer, welche
Kränkungen, welche Schande muß ihm nicht mein
niedriger Charakter und meine Habſucht verurſachen!
Wie ſehr werde ich ihm nicht die Ausübung der Wohl-
thätigkeit zu erſchweren ſuchen! Und wenn ich Mutter
bin und Erzieherin meiner Kinder ſeyn ſoll, welche
Bildung werde ich ihren jungen Herzen geben! welche
Empfindungen werde ich ihnen eindrücken! welche
Grundſätze einprägen! Wie leicht iſt es da, daß der
Mangel des vernünftigen Unterrichts und mein mäch-
tig wirkendes Beyſpiel ihre Seelen ſchon frühzeitig
vergiften und den Saamen zu eben dem Laſter darein
legen, welchem ich ſelbſt ergeben bin!
Ja, der Geiz, o Gott, iſt ein Jnbegriff aller
Laſter und Thorheiten, eine Quelle der Unzufrieden-
heit und des Elendes. Jch mache mich ſelbſt und an-
dere, ich mache mich itzt und künftig dadurch unglück-
lich. Jch handle meiner Vernunft und dem Chriſten-
thume entgegen, ich empöre mich wider meine Natur
und wider deine Gebote, wenn ich mich zur Sclavin
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/223>, abgerufen am 23.06.2024.
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