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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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und die Pflichten in demselben.
und Zärtlichkeit des andern hinreichende Belohnung
für alles, was es gethan, unternommen und aufge-
opfert hat. Da wird auch ein kleiner Vortheil und
ein geringes, an sich unbedeutendes Vergnügen wich-
tig und wünschenswerth, weil gemeinschaftliches In-
teresse und innige Theilnehmung allem Genusse der
Glückseligkeit mehr Werth und Gewicht geben können
und müssen.

Ja, wen du zum ehelichen Leben bestimmt hast, o
Gott, dem hast du ein großes, unübersehbares Feld an-
gewiesen, auf welchem er so wohl an seinem eigenen
Glücke, als auch an dem Wohlstande des mit ihm
vereinigten Gatten und zugleich dadurch an der Be-
förderung des allgemeinen Besten arbeiten kann; dem
hast du also schon in dieser Betrachtung gewisse Pflich-
ten aufgelegt, an deren treuen und standhaften Erfül-
lung alles gelegen ist. O möchte ich doch ernstlich
über diese Pflichten nachdenken! Möchte ich sie mit
aller nur möglichen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit be-
obachten! Möchte ich mich recht deutlich davon über-
zeugen, daß ich alles Glück und alle Freuden des ehe-
lichen Lebens nur in dem Maße genießen kann, in
welchem ich dieses Genusses durch Klugheit, Recht-
schaffenheit und Tugend fähig bin!

Ich habe meinem Gatten Liebe und Zärtlichkeit
versprochen: und wie viel habe ich ihm nicht dadurch
versprochen! Es ist also Pflicht für mich, daß ich
seinen Umgang und seine Gesellschaft allen ausserhäus-
lichen Zerstreuungen und Lustbarkeiten weit vorziehe;
daß ich es ihm bey jeder Gelegenheit zu erkennen ge-

be,
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und die Pflichten in demſelben.
und Zärtlichkeit des andern hinreichende Belohnung
für alles, was es gethan, unternommen und aufge-
opfert hat. Da wird auch ein kleiner Vortheil und
ein geringes, an ſich unbedeutendes Vergnügen wich-
tig und wünſchenswerth, weil gemeinſchaftliches In-
tereſſe und innige Theilnehmung allem Genuſſe der
Glückſeligkeit mehr Werth und Gewicht geben können
und müſſen.

Ja, wen du zum ehelichen Leben beſtimmt haſt, o
Gott, dem haſt du ein großes, unüberſehbares Feld an-
gewieſen, auf welchem er ſo wohl an ſeinem eigenen
Glücke, als auch an dem Wohlſtande des mit ihm
vereinigten Gatten und zugleich dadurch an der Be-
förderung des allgemeinen Beſten arbeiten kann; dem
haſt du alſo ſchon in dieſer Betrachtung gewiſſe Pflich-
ten aufgelegt, an deren treuen und ſtandhaften Erfül-
lung alles gelegen iſt. O möchte ich doch ernſtlich
über dieſe Pflichten nachdenken! Möchte ich ſie mit
aller nur möglichen Sorgfalt und Gewiſſenhaftigkeit be-
obachten! Möchte ich mich recht deutlich davon über-
zeugen, daß ich alles Glück und alle Freuden des ehe-
lichen Lebens nur in dem Maße genießen kann, in
welchem ich dieſes Genuſſes durch Klugheit, Recht-
ſchaffenheit und Tugend fähig bin!

Ich habe meinem Gatten Liebe und Zärtlichkeit
verſprochen: und wie viel habe ich ihm nicht dadurch
verſprochen! Es iſt alſo Pflicht für mich, daß ich
ſeinen Umgang und ſeine Geſellſchaft allen auſſerhäus-
lichen Zerſtreuungen und Luſtbarkeiten weit vorziehe;
daß ich es ihm bey jeder Gelegenheit zu erkennen ge-

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[167/0179] und die Pflichten in demſelben. und Zärtlichkeit des andern hinreichende Belohnung für alles, was es gethan, unternommen und aufge- opfert hat. Da wird auch ein kleiner Vortheil und ein geringes, an ſich unbedeutendes Vergnügen wich- tig und wünſchenswerth, weil gemeinſchaftliches In- tereſſe und innige Theilnehmung allem Genuſſe der Glückſeligkeit mehr Werth und Gewicht geben können und müſſen. Ja, wen du zum ehelichen Leben beſtimmt haſt, o Gott, dem haſt du ein großes, unüberſehbares Feld an- gewieſen, auf welchem er ſo wohl an ſeinem eigenen Glücke, als auch an dem Wohlſtande des mit ihm vereinigten Gatten und zugleich dadurch an der Be- förderung des allgemeinen Beſten arbeiten kann; dem haſt du alſo ſchon in dieſer Betrachtung gewiſſe Pflich- ten aufgelegt, an deren treuen und ſtandhaften Erfül- lung alles gelegen iſt. O möchte ich doch ernſtlich über dieſe Pflichten nachdenken! Möchte ich ſie mit aller nur möglichen Sorgfalt und Gewiſſenhaftigkeit be- obachten! Möchte ich mich recht deutlich davon über- zeugen, daß ich alles Glück und alle Freuden des ehe- lichen Lebens nur in dem Maße genießen kann, in welchem ich dieſes Genuſſes durch Klugheit, Recht- ſchaffenheit und Tugend fähig bin! Ich habe meinem Gatten Liebe und Zärtlichkeit verſprochen: und wie viel habe ich ihm nicht dadurch verſprochen! Es iſt alſo Pflicht für mich, daß ich ſeinen Umgang und ſeine Geſellſchaft allen auſſerhäus- lichen Zerſtreuungen und Luſtbarkeiten weit vorziehe; daß ich es ihm bey jeder Gelegenheit zu erkennen ge- be, L 4

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/179>, abgerufen am 26.11.2024.