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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Die Verlobte.

Habe ich frey gewählt; habe ich meinem zukünf-
tigen Gatten blos aus Neigung und nach eigener Em-
pfindung Hand und Herz versprochen: o welchen glück-
lichen Jahren kann ich da an seiner Seite entgegen sehen,
wenn ich meinem Versprechen in jedem Stücke nach-
komme! Freylich hat er ein Recht, viel von mir zu
erwarten, da ich ihm mein ganzes Herz und meine
völligste, ungetheilteste Liebe versprochen habe. Je
mehr er es meinem Willen und meiner Freyheit über-
ließ, das Band zwischen mir und ihm zu knüpfen,
desto fester ist er nun überzeugt, daß meine Gesin-
nungen, Empfindungen, Wünsche und Absichten mit
den seinigen übereinstimmen, daß sich unsre Zwecke
und Mittel freundschaftlich vereinigen, daß sich unsre
Herzen überall suchen und sinden werden. Habe ich
den Gefährten meines Lebens frey und nach eigener
Empfindung gewählt, so darf er sich schmeicheln, daß
mich seine Verdienste, sein Verstand und seine Tu-
gend, nicht aber sein Vermögen oder seine Ehrenstel-
len zu diesem Schritte bewogen haben. Seine Liebe
und sein Zutrauen zu mir bezeugen es, daß er mich
dieser edlen, uneigennützigen Denkungsart für fähig
hält. Er ist berechtiget, von mir zu hoffen, daß ich
ihn ganz und immer beglücken werde, weil dieß die
Absicht einer solchen freywillig eingegangenen Verbin-
dung ist. So wenig er meine Zusage mit Gewalt
von mir erzwingen konnte und wollte, so fest verläße
er sich nun darauf, daß ich dieselbe unberbrüchlich hal-
ten und ihm alles Versprochene willig leisten werde.
Habe ich meinen zukünftigen Gatten frey und unge-

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K 3
Die Verlobte.

Habe ich frey gewählt; habe ich meinem zukünf-
tigen Gatten blos aus Neigung und nach eigener Em-
pfindung Hand und Herz verſprochen: o welchen glück-
lichen Jahren kann ich da an ſeiner Seite entgegen ſehen,
wenn ich meinem Verſprechen in jedem Stücke nach-
komme! Freylich hat er ein Recht, viel von mir zu
erwarten, da ich ihm mein ganzes Herz und meine
völligſte, ungetheilteſte Liebe verſprochen habe. Je
mehr er es meinem Willen und meiner Freyheit über-
ließ, das Band zwiſchen mir und ihm zu knüpfen,
deſto feſter iſt er nun überzeugt, daß meine Geſin-
nungen, Empfindungen, Wünſche und Abſichten mit
den ſeinigen übereinſtimmen, daß ſich unſre Zwecke
und Mittel freundſchaftlich vereinigen, daß ſich unſre
Herzen überall ſuchen und ſinden werden. Habe ich
den Gefährten meines Lebens frey und nach eigener
Empfindung gewählt, ſo darf er ſich ſchmeicheln, daß
mich ſeine Verdienſte, ſein Verſtand und ſeine Tu-
gend, nicht aber ſein Vermögen oder ſeine Ehrenſtel-
len zu dieſem Schritte bewogen haben. Seine Liebe
und ſein Zutrauen zu mir bezeugen es, daß er mich
dieſer edlen, uneigennützigen Denkungsart für fähig
hält. Er iſt berechtiget, von mir zu hoffen, daß ich
ihn ganz und immer beglücken werde, weil dieß die
Abſicht einer ſolchen freywillig eingegangenen Verbin-
dung iſt. So wenig er meine Zuſage mit Gewalt
von mir erzwingen konnte und wollte, ſo feſt verläße
er ſich nun darauf, daß ich dieſelbe unberbrüchlich hal-
ten und ihm alles Verſprochene willig leiſten werde.
Habe ich meinen zukünftigen Gatten frey und unge-

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[149/0161] Die Verlobte. Habe ich frey gewählt; habe ich meinem zukünf- tigen Gatten blos aus Neigung und nach eigener Em- pfindung Hand und Herz verſprochen: o welchen glück- lichen Jahren kann ich da an ſeiner Seite entgegen ſehen, wenn ich meinem Verſprechen in jedem Stücke nach- komme! Freylich hat er ein Recht, viel von mir zu erwarten, da ich ihm mein ganzes Herz und meine völligſte, ungetheilteſte Liebe verſprochen habe. Je mehr er es meinem Willen und meiner Freyheit über- ließ, das Band zwiſchen mir und ihm zu knüpfen, deſto feſter iſt er nun überzeugt, daß meine Geſin- nungen, Empfindungen, Wünſche und Abſichten mit den ſeinigen übereinſtimmen, daß ſich unſre Zwecke und Mittel freundſchaftlich vereinigen, daß ſich unſre Herzen überall ſuchen und ſinden werden. Habe ich den Gefährten meines Lebens frey und nach eigener Empfindung gewählt, ſo darf er ſich ſchmeicheln, daß mich ſeine Verdienſte, ſein Verſtand und ſeine Tu- gend, nicht aber ſein Vermögen oder ſeine Ehrenſtel- len zu dieſem Schritte bewogen haben. Seine Liebe und ſein Zutrauen zu mir bezeugen es, daß er mich dieſer edlen, uneigennützigen Denkungsart für fähig hält. Er iſt berechtiget, von mir zu hoffen, daß ich ihn ganz und immer beglücken werde, weil dieß die Abſicht einer ſolchen freywillig eingegangenen Verbin- dung iſt. So wenig er meine Zuſage mit Gewalt von mir erzwingen konnte und wollte, ſo feſt verläße er ſich nun darauf, daß ich dieſelbe unberbrüchlich hal- ten und ihm alles Verſprochene willig leiſten werde. Habe ich meinen zukünftigen Gatten frey und unge- zwun- K 3

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/161>, abgerufen am 25.11.2024.