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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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savante) zerfallen. Zwischen den Gelehrten, welche Erfindungen
und Entdeckungen machen, und den Arbeitern, die mit der Aus-
führung beschäftigt sind, stehen ihm die Unternehmer, deren Auf-
gabe es ist, die gemachten Erfindungen und Entdeckungen anzu-
wenden. In Folge dessen liegt ihnen namentlich auch ob, jedem
Einzelnen, der zu einer Production beigetragen hat, seinen An-
theil am Ertrage zukommen zu lassen. Um diese Stellung aus-
füllen zu können, bedürfen sie sowohl einer gewissen Menge von
geistigen und moralischen Eigenschaften, als eines entsprechenden
Capitalbesitzes, und diese doppelte Nothwendigkeit, in Verbin-
dung mit der Gefahr, welche sie auf sich nehmen, muß ihren
Gewinn auf eine ansehnliche Höhe steigern, so daß er einerseits
den Antheil der Grundeigenthümer und Capitalisten, andererseits
den der wissenschaftlich Beschäftigten und der Lohnarbeiter über-
steigen wird 1). Adam Smith sagt, der Capitalgewinn sei grö-
ßer oder kleiner, je nachdem ein Geschäft mehr oder weniger
Gefahr darbiete. Hiergegen bemerkt Say, es sei klar, daß diese
Gefahr, dieser Verlust und Gewinn die industriellen Fähigkeiten
betreffe. "Die Capitalien, sagt er, haben durchaus keinen
Grund, sich gewissen Productionen eher als andern zuzuwenden,
sie haben weder Neigungen noch Willen. Zu sagen, die Capi-
tale strömten dahin, wo sie die höchsten Gewinne fänden, hat
keinen bessern Sinn, als wenn man sagen wollte: die Pferde
strömen den Unternehmungen zu, wo sie den meisten Hafer zu
fressen bekommen. Das Wahre ist, daß man den Unternehmun-

1) Wie sehr Say den Unternehmer als Arbeiter ansieht, geht nament-
lich aus der Stelle hervor, auf die wir hier Bezug nehmen und in der es
heißt: Ces trois causes tendent a elever leurs profits non seulement au
dessus de ceux des proprietaires de terre et des capitalistes, mais au des-
sus de ceux des autres travailleurs c'est-a-dire au dessus de ceux
qui cultivent les sciences ou qui recoivent un salaire.

savante) zerfallen. Zwiſchen den Gelehrten, welche Erfindungen
und Entdeckungen machen, und den Arbeitern, die mit der Aus-
fuͤhrung beſchaͤftigt ſind, ſtehen ihm die Unternehmer, deren Auf-
gabe es iſt, die gemachten Erfindungen und Entdeckungen anzu-
wenden. In Folge deſſen liegt ihnen namentlich auch ob, jedem
Einzelnen, der zu einer Production beigetragen hat, ſeinen An-
theil am Ertrage zukommen zu laſſen. Um dieſe Stellung aus-
fuͤllen zu koͤnnen, beduͤrfen ſie ſowohl einer gewiſſen Menge von
geiſtigen und moraliſchen Eigenſchaften, als eines entſprechenden
Capitalbeſitzes, und dieſe doppelte Nothwendigkeit, in Verbin-
dung mit der Gefahr, welche ſie auf ſich nehmen, muß ihren
Gewinn auf eine anſehnliche Hoͤhe ſteigern, ſo daß er einerſeits
den Antheil der Grundeigenthuͤmer und Capitaliſten, andererſeits
den der wiſſenſchaftlich Beſchaͤftigten und der Lohnarbeiter uͤber-
ſteigen wird 1). Adam Smith ſagt, der Capitalgewinn ſei groͤ-
ßer oder kleiner, je nachdem ein Geſchaͤft mehr oder weniger
Gefahr darbiete. Hiergegen bemerkt Say, es ſei klar, daß dieſe
Gefahr, dieſer Verluſt und Gewinn die induſtriellen Faͤhigkeiten
betreffe. „Die Capitalien, ſagt er, haben durchaus keinen
Grund, ſich gewiſſen Productionen eher als andern zuzuwenden,
ſie haben weder Neigungen noch Willen. Zu ſagen, die Capi-
tale ſtroͤmten dahin, wo ſie die hoͤchſten Gewinne faͤnden, hat
keinen beſſern Sinn, als wenn man ſagen wollte: die Pferde
ſtroͤmen den Unternehmungen zu, wo ſie den meiſten Hafer zu
freſſen bekommen. Das Wahre iſt, daß man den Unternehmun-

1) Wie ſehr Say den Unternehmer als Arbeiter anſieht, geht nament-
lich aus der Stelle hervor, auf die wir hier Bezug nehmen und in der es
heißt: Ces trois causes tendent à élever leurs profits non seulement au
dessus de ceux des propriétaires de terre et des capitalistes, mais au des-
sus de ceux des autres travailleurs c’est-à-dire au dessus de ceux
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[14/0026] savante) zerfallen. Zwiſchen den Gelehrten, welche Erfindungen und Entdeckungen machen, und den Arbeitern, die mit der Aus- fuͤhrung beſchaͤftigt ſind, ſtehen ihm die Unternehmer, deren Auf- gabe es iſt, die gemachten Erfindungen und Entdeckungen anzu- wenden. In Folge deſſen liegt ihnen namentlich auch ob, jedem Einzelnen, der zu einer Production beigetragen hat, ſeinen An- theil am Ertrage zukommen zu laſſen. Um dieſe Stellung aus- fuͤllen zu koͤnnen, beduͤrfen ſie ſowohl einer gewiſſen Menge von geiſtigen und moraliſchen Eigenſchaften, als eines entſprechenden Capitalbeſitzes, und dieſe doppelte Nothwendigkeit, in Verbin- dung mit der Gefahr, welche ſie auf ſich nehmen, muß ihren Gewinn auf eine anſehnliche Hoͤhe ſteigern, ſo daß er einerſeits den Antheil der Grundeigenthuͤmer und Capitaliſten, andererſeits den der wiſſenſchaftlich Beſchaͤftigten und der Lohnarbeiter uͤber- ſteigen wird 1). Adam Smith ſagt, der Capitalgewinn ſei groͤ- ßer oder kleiner, je nachdem ein Geſchaͤft mehr oder weniger Gefahr darbiete. Hiergegen bemerkt Say, es ſei klar, daß dieſe Gefahr, dieſer Verluſt und Gewinn die induſtriellen Faͤhigkeiten betreffe. „Die Capitalien, ſagt er, haben durchaus keinen Grund, ſich gewiſſen Productionen eher als andern zuzuwenden, ſie haben weder Neigungen noch Willen. Zu ſagen, die Capi- tale ſtroͤmten dahin, wo ſie die hoͤchſten Gewinne faͤnden, hat keinen beſſern Sinn, als wenn man ſagen wollte: die Pferde ſtroͤmen den Unternehmungen zu, wo ſie den meiſten Hafer zu freſſen bekommen. Das Wahre iſt, daß man den Unternehmun- 1) Wie ſehr Say den Unternehmer als Arbeiter anſieht, geht nament- lich aus der Stelle hervor, auf die wir hier Bezug nehmen und in der es heißt: Ces trois causes tendent à élever leurs profits non seulement au dessus de ceux des propriétaires de terre et des capitalistes, mais au des- sus de ceux des autres travailleurs c’est-à-dire au dessus de ceux qui cultivent les sciences ou qui reçoivent un salaire.

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/26>, abgerufen am 21.11.2024.