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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Entwickelung der Principien der Statik.
ersetzt. Gesetzt, es könnte sich jeder Punkt des Sy-
stems nur auf einer bestimmten Curve bewegen, und
zwar so, dass, wenn ein Punkt auf seiner Curve eine
bestimmte Lage hat, alle übrigen Punkte auf ihren zu-
gehörigen Curven ebenfalls eindeutig bestimmte Lagen
einnehmen. Die Maschinen sind in der Regel solche
Systeme. Wir können dann, während wir das System
verschieben, an dem mit einem Schreibstift versehenen,
vertical auf- und abgehenden Gewicht , ein Blatt
Papier horizontal vorbeiführen, wobei der Stift eine
Curve schreibt. Befindet sich der Stift in den Punkten
a, c, d der Curve, so gibt es Nachbarlagen der System-
punkte, für welche das Gewicht höher oder tiefer
steht, als bei der gegebenen Conformation. Das Ge-
wicht wird dann auch, wenn das System sich selbst
überlassen wird, in diese tiefere Lage übergehen, und
das System mit verschieben. Demnach besteht in
solchen Fällen kein Gleichgewicht. Steht der Stift
bei e, so gibt es nur Nachbarconformationen, für welche
das Gewicht höher steht. In diese Conformationen
wird aber das System nicht von selbst übergehen. Es
wird im Gegentheil jede Verschiebung dahin, durch die
Eigenschaft des Gewichtes, sich abwärts zu bewegen,
wieder rückgängig gemacht. Einer tiefsten Lage
des Gewichtes, oder einem Maximum von ge-
leisteter Arbeit im System, entspricht also
stabiles Gleichgewicht
. Steht der Stift bei b, so
sehen wir, dass jede merkliche Verschiebung das Ge-
wicht tiefer bringt, dass also das Gewicht diese Ver-
schiebung fortsetzen wird. Bei unendlich kleinen Ver-
schiebungen bewegt sich aber der Stift in der horizon-
talen Tangente an b, wobei also das Gewicht nicht
sinken kann. Einem höchsten Stand des Ge-

Mach. 5

Entwickelung der Principien der Statik.
ersetzt. Gesetzt, es könnte sich jeder Punkt des Sy-
stems nur auf einer bestimmten Curve bewegen, und
zwar so, dass, wenn ein Punkt auf seiner Curve eine
bestimmte Lage hat, alle übrigen Punkte auf ihren zu-
gehörigen Curven ebenfalls eindeutig bestimmte Lagen
einnehmen. Die Maschinen sind in der Regel solche
Systeme. Wir können dann, während wir das System
verschieben, an dem mit einem Schreibstift versehenen,
vertical auf- und abgehenden Gewicht , ein Blatt
Papier horizontal vorbeiführen, wobei der Stift eine
Curve schreibt. Befindet sich der Stift in den Punkten
a, c, d der Curve, so gibt es Nachbarlagen der System-
punkte, für welche das Gewicht höher oder tiefer
steht, als bei der gegebenen Conformation. Das Ge-
wicht wird dann auch, wenn das System sich selbst
überlassen wird, in diese tiefere Lage übergehen, und
das System mit verschieben. Demnach besteht in
solchen Fällen kein Gleichgewicht. Steht der Stift
bei e, so gibt es nur Nachbarconformationen, für welche
das Gewicht höher steht. In diese Conformationen
wird aber das System nicht von selbst übergehen. Es
wird im Gegentheil jede Verschiebung dahin, durch die
Eigenschaft des Gewichtes, sich abwärts zu bewegen,
wieder rückgängig gemacht. Einer tiefsten Lage
des Gewichtes, oder einem Maximum von ge-
leisteter Arbeit im System, entspricht also
stabiles Gleichgewicht
. Steht der Stift bei b, so
sehen wir, dass jede merkliche Verschiebung das Ge-
wicht tiefer bringt, dass also das Gewicht diese Ver-
schiebung fortsetzen wird. Bei unendlich kleinen Ver-
schiebungen bewegt sich aber der Stift in der horizon-
talen Tangente an b, wobei also das Gewicht nicht
sinken kann. Einem höchsten Stand des Ge-

Mach. 5
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[65/0077] Entwickelung der Principien der Statik. ersetzt. Gesetzt, es könnte sich jeder Punkt des Sy- stems nur auf einer bestimmten Curve bewegen, und zwar so, dass, wenn ein Punkt auf seiner Curve eine bestimmte Lage hat, alle übrigen Punkte auf ihren zu- gehörigen Curven ebenfalls eindeutig bestimmte Lagen einnehmen. Die Maschinen sind in der Regel solche Systeme. Wir können dann, während wir das System verschieben, an dem mit einem Schreibstift versehenen, vertical auf- und abgehenden Gewicht [FORMEL], ein Blatt Papier horizontal vorbeiführen, wobei der Stift eine Curve schreibt. Befindet sich der Stift in den Punkten a, c, d der Curve, so gibt es Nachbarlagen der System- punkte, für welche das Gewicht [FORMEL] höher oder tiefer steht, als bei der gegebenen Conformation. Das Ge- wicht wird dann auch, wenn das System sich selbst überlassen wird, in diese tiefere Lage übergehen, und das System mit verschieben. Demnach besteht in solchen Fällen kein Gleichgewicht. Steht der Stift bei e, so gibt es nur Nachbarconformationen, für welche das Gewicht [FORMEL] höher steht. In diese Conformationen wird aber das System nicht von selbst übergehen. Es wird im Gegentheil jede Verschiebung dahin, durch die Eigenschaft des Gewichtes, sich abwärts zu bewegen, wieder rückgängig gemacht. Einer tiefsten Lage des Gewichtes, oder einem Maximum von ge- leisteter Arbeit im System, entspricht also stabiles Gleichgewicht. Steht der Stift bei b, so sehen wir, dass jede merkliche Verschiebung das Ge- wicht [FORMEL] tiefer bringt, dass also das Gewicht diese Ver- schiebung fortsetzen wird. Bei unendlich kleinen Ver- schiebungen bewegt sich aber der Stift in der horizon- talen Tangente an b, wobei also das Gewicht nicht sinken kann. Einem höchsten Stand des Ge- Mach. 5

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/77>, abgerufen am 22.11.2024.