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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Entwickelung der Principien der Statik.

Die Diagonale des über p und q construirten Recht-
ecks stellt also die Grösse der Resultirenden vor.

Für alle Rhomben ist nun die Richtung, für alle
Rechtecke die Grösse der Resultirenden, für das Qua-
drat die Grösse und Richtung bestimmt. Bernoulli löst
dann die Aufgabe, zwei unter einem Winkel wirkende
gleiche Kräfte durch andere gleiche, unter einem an-
dern Winkel wirkende äquivalente Kräfte zu ersetzen,
und gelangt schliesslich durch umständliche und auch
mathematisch nicht ganz einwurfsfreie Betrachtungen,
die Poisson später verbessert hat, zu dem allgemeinen
Satz.

8. Betrachten wir nun die physikalische Seite der
Sache. Der Satz des Kräftenparallelogramms war Ber-
noulli als ein Erfahrungssatz bereits bekannt. Was
Bernoulli thut, besteht also darin, dass er sich vor
sich selbst unwissend stellt und den Satz aus möglichst
wenigen Voraussetzungen herauszuphilosophiren sucht.
Diese Arbeit ist keineswegs sinnlos und zwecklos. Im
Gegentheil, man findet durch dieses Verfahren, wie
wenige und wie unscheinbare Erfahrungen den Satz
schon geben. Nur darf man nicht wie Bernoulli sich
selbst täuschen, man muss sich alle Voraussetzungen
gegenwärtig halten, und darf keine Erfahrung über-
sehen, die man unwillkürlich verwendet. Welche Voraus-
setzungen liegen nun in Bernoulli's Ableitung?

9. Die Statik kennt die Kraft zunächst nur als einen
Zug oder Druck, der stets, woher er auch stammen
mag, durch den Zug oder Druck eines Gewichtes er-
setzt werden kann. Alle Kräfte können als gleich-
artige
Grössen betrachtet und durch Gewichte ge-
messen werden. Die Erfahrung lehrt ferner, dass das
Gleichgewichts- oder Bewegungsbestimmende einer Kraft
nicht nur in deren Grösse, sondern auch in deren
Richtung liegt, welche durch die Richtung der ein-
tretenden Bewegung, durch die Richtung einer ge-
spannten Schnur u. s. w. kenntlich wird. Andern eben-
falls durch die physikalische Erfahrung gegebenen

Entwickelung der Principien der Statik.

Die Diagonale des über p und q construirten Recht-
ecks stellt also die Grösse der Resultirenden vor.

Für alle Rhomben ist nun die Richtung, für alle
Rechtecke die Grösse der Resultirenden, für das Qua-
drat die Grösse und Richtung bestimmt. Bernoulli löst
dann die Aufgabe, zwei unter einem Winkel wirkende
gleiche Kräfte durch andere gleiche, unter einem an-
dern Winkel wirkende äquivalente Kräfte zu ersetzen,
und gelangt schliesslich durch umständliche und auch
mathematisch nicht ganz einwurfsfreie Betrachtungen,
die Poisson später verbessert hat, zu dem allgemeinen
Satz.

8. Betrachten wir nun die physikalische Seite der
Sache. Der Satz des Kräftenparallelogramms war Ber-
noulli als ein Erfahrungssatz bereits bekannt. Was
Bernoulli thut, besteht also darin, dass er sich vor
sich selbst unwissend stellt und den Satz aus möglichst
wenigen Voraussetzungen herauszuphilosophiren sucht.
Diese Arbeit ist keineswegs sinnlos und zwecklos. Im
Gegentheil, man findet durch dieses Verfahren, wie
wenige und wie unscheinbare Erfahrungen den Satz
schon geben. Nur darf man nicht wie Bernoulli sich
selbst täuschen, man muss sich alle Voraussetzungen
gegenwärtig halten, und darf keine Erfahrung über-
sehen, die man unwillkürlich verwendet. Welche Voraus-
setzungen liegen nun in Bernoulli’s Ableitung?

9. Die Statik kennt die Kraft zunächst nur als einen
Zug oder Druck, der stets, woher er auch stammen
mag, durch den Zug oder Druck eines Gewichtes er-
setzt werden kann. Alle Kräfte können als gleich-
artige
Grössen betrachtet und durch Gewichte ge-
messen werden. Die Erfahrung lehrt ferner, dass das
Gleichgewichts- oder Bewegungsbestimmende einer Kraft
nicht nur in deren Grösse, sondern auch in deren
Richtung liegt, welche durch die Richtung der ein-
tretenden Bewegung, durch die Richtung einer ge-
spannten Schnur u. s. w. kenntlich wird. Andern eben-
falls durch die physikalische Erfahrung gegebenen

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[39/0051] Entwickelung der Principien der Statik. Die Diagonale des über p und q construirten Recht- ecks stellt also die Grösse der Resultirenden vor. Für alle Rhomben ist nun die Richtung, für alle Rechtecke die Grösse der Resultirenden, für das Qua- drat die Grösse und Richtung bestimmt. Bernoulli löst dann die Aufgabe, zwei unter einem Winkel wirkende gleiche Kräfte durch andere gleiche, unter einem an- dern Winkel wirkende äquivalente Kräfte zu ersetzen, und gelangt schliesslich durch umständliche und auch mathematisch nicht ganz einwurfsfreie Betrachtungen, die Poisson später verbessert hat, zu dem allgemeinen Satz. 8. Betrachten wir nun die physikalische Seite der Sache. Der Satz des Kräftenparallelogramms war Ber- noulli als ein Erfahrungssatz bereits bekannt. Was Bernoulli thut, besteht also darin, dass er sich vor sich selbst unwissend stellt und den Satz aus möglichst wenigen Voraussetzungen herauszuphilosophiren sucht. Diese Arbeit ist keineswegs sinnlos und zwecklos. Im Gegentheil, man findet durch dieses Verfahren, wie wenige und wie unscheinbare Erfahrungen den Satz schon geben. Nur darf man nicht wie Bernoulli sich selbst täuschen, man muss sich alle Voraussetzungen gegenwärtig halten, und darf keine Erfahrung über- sehen, die man unwillkürlich verwendet. Welche Voraus- setzungen liegen nun in Bernoulli’s Ableitung? 9. Die Statik kennt die Kraft zunächst nur als einen Zug oder Druck, der stets, woher er auch stammen mag, durch den Zug oder Druck eines Gewichtes er- setzt werden kann. Alle Kräfte können als gleich- artige Grössen betrachtet und durch Gewichte ge- messen werden. Die Erfahrung lehrt ferner, dass das Gleichgewichts- oder Bewegungsbestimmende einer Kraft nicht nur in deren Grösse, sondern auch in deren Richtung liegt, welche durch die Richtung der ein- tretenden Bewegung, durch die Richtung einer ge- spannten Schnur u. s. w. kenntlich wird. Andern eben- falls durch die physikalische Erfahrung gegebenen

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/51>, abgerufen am 27.11.2024.