Oekonomie des Zählens. Zahlen sind Ordnungszeichen, die aus Rücksichten der Uebersicht und Ersparung selbst in ein einfaches System gebracht sind. Die Zähloperationen werden als von der Art der Objecte unabhängig erkannt, und ein für allemal eingeübt. Wenn ich zu 5 gleichartigen Objecten 7 hinzufüge, so zähle ich zur Bestimmung der Summe zuerst noch einmal alle durch, dann bemerke ich, dass ich von 5 gleich weiter zählen kann, und bei mehrmaliger Wieder- holung solcher Fälle erspare ich mir das Zählen ganz, und anticipire das bereits bekannte Resultat des Zählens.
Alle Rechnungsoperationen haben den Zweck, das directe Zählen zu ersparen, und durch die Resultate schon vorher vorgenommener Zählprocesse zu ersetzen. Wir wollen dieselbe Zähloperation nicht öfter wieder- holen, als es nöthig ist. Schon die vier Species ent- halten reichliche Belege für die Richtigkeit dieser Auf- fassung. Dieselbe Tendenz führt aber auch zur Algebra, welche die formgleichen Zähloperationen, soweit sie sich unabhängig von dem Werthe der Zahlen ausführen lassen, ein für allemal darstellt. Aus der Gleichung
[Formel 1]
lernen wir z. B., dass die complicirtere Zähloperation links, sich stets durch die einfachere rechts ersetzen lässt, was auch x und y für Zahlen sein mögen. Wir ersparen uns dadurch die complicirtere Operation in jedem künftigen Fall auszuführen. Mathematik ist die Methode, neue Zähloperationen soweit als möglich, und in der sparsamsten Weise durch bereits früher ausgeführte, also nicht zu wiederholende, zu ersetzen. Es kann hierbei vorkommen, dass die Resultate von Operationen verwendet werden, welche vor Jahrhunder- ten wirklich ausgeführt worden sind.
Anstrengendere Kopfoperationen können oft durch
Viertes Kapitel.
Oekonomie des Zählens. Zahlen sind Ordnungszeichen, die aus Rücksichten der Uebersicht und Ersparung selbst in ein einfaches System gebracht sind. Die Zähloperationen werden als von der Art der Objecte unabhängig erkannt, und ein für allemal eingeübt. Wenn ich zu 5 gleichartigen Objecten 7 hinzufüge, so zähle ich zur Bestimmung der Summe zuerst noch einmal alle durch, dann bemerke ich, dass ich von 5 gleich weiter zählen kann, und bei mehrmaliger Wieder- holung solcher Fälle erspare ich mir das Zählen ganz, und anticipire das bereits bekannte Resultat des Zählens.
Alle Rechnungsoperationen haben den Zweck, das directe Zählen zu ersparen, und durch die Resultate schon vorher vorgenommener Zählprocesse zu ersetzen. Wir wollen dieselbe Zähloperation nicht öfter wieder- holen, als es nöthig ist. Schon die vier Species ent- halten reichliche Belege für die Richtigkeit dieser Auf- fassung. Dieselbe Tendenz führt aber auch zur Algebra, welche die formgleichen Zähloperationen, soweit sie sich unabhängig von dem Werthe der Zahlen ausführen lassen, ein für allemal darstellt. Aus der Gleichung
[Formel 1]
lernen wir z. B., dass die complicirtere Zähloperation links, sich stets durch die einfachere rechts ersetzen lässt, was auch x und y für Zahlen sein mögen. Wir ersparen uns dadurch die complicirtere Operation in jedem künftigen Fall auszuführen. Mathematik ist die Methode, neue Zähloperationen soweit als möglich, und in der sparsamsten Weise durch bereits früher ausgeführte, also nicht zu wiederholende, zu ersetzen. Es kann hierbei vorkommen, dass die Resultate von Operationen verwendet werden, welche vor Jahrhunder- ten wirklich ausgeführt worden sind.
Anstrengendere Kopfoperationen können oft durch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0470"n="458"/><fwplace="top"type="header">Viertes Kapitel.</fw><lb/>
Oekonomie des Zählens. Zahlen sind Ordnungszeichen,<lb/>
die aus Rücksichten der Uebersicht und Ersparung<lb/>
selbst in ein einfaches System gebracht sind. Die<lb/>
Zähloperationen werden als von der Art der Objecte<lb/>
unabhängig erkannt, und ein für allemal eingeübt.<lb/>
Wenn ich zu 5 gleichartigen Objecten 7 hinzufüge,<lb/>
so zähle ich zur Bestimmung der Summe zuerst noch<lb/>
einmal alle durch, dann bemerke ich, dass ich von 5<lb/>
gleich weiter zählen kann, und bei mehrmaliger Wieder-<lb/>
holung solcher Fälle erspare ich mir das Zählen ganz,<lb/>
und anticipire das bereits bekannte <hirendition="#g">Resultat</hi> des<lb/>
Zählens.</p><lb/><p>Alle Rechnungsoperationen haben den Zweck, das<lb/>
directe Zählen zu <hirendition="#g">ersparen</hi>, und durch die Resultate<lb/>
schon vorher vorgenommener Zählprocesse zu ersetzen.<lb/>
Wir wollen dieselbe Zähloperation nicht öfter wieder-<lb/>
holen, als es nöthig ist. Schon die vier Species ent-<lb/>
halten reichliche Belege für die Richtigkeit dieser Auf-<lb/>
fassung. Dieselbe Tendenz führt aber auch zur Algebra,<lb/>
welche die <hirendition="#g">formgleichen</hi> Zähloperationen, soweit sie<lb/>
sich unabhängig von dem Werthe der Zahlen ausführen<lb/>
lassen, ein für allemal darstellt. Aus der Gleichung<lb/><formula/> lernen wir z. B., dass die complicirtere Zähloperation<lb/>
links, sich stets durch die einfachere rechts ersetzen<lb/>
lässt, was auch <hirendition="#i">x</hi> und <hirendition="#i">y</hi> für Zahlen sein mögen. Wir<lb/>
ersparen uns dadurch die complicirtere Operation in<lb/>
jedem künftigen Fall auszuführen. Mathematik ist die<lb/>
Methode, <hirendition="#g">neue</hi> Zähloperationen soweit als möglich,<lb/>
und in der <hirendition="#g">sparsamsten</hi> Weise durch bereits früher<lb/>
ausgeführte, also nicht zu wiederholende, zu ersetzen.<lb/>
Es kann hierbei vorkommen, dass die Resultate von<lb/>
Operationen verwendet werden, welche vor Jahrhunder-<lb/>
ten wirklich ausgeführt worden sind.</p><lb/><p>Anstrengendere Kopfoperationen können oft durch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[458/0470]
Viertes Kapitel.
Oekonomie des Zählens. Zahlen sind Ordnungszeichen,
die aus Rücksichten der Uebersicht und Ersparung
selbst in ein einfaches System gebracht sind. Die
Zähloperationen werden als von der Art der Objecte
unabhängig erkannt, und ein für allemal eingeübt.
Wenn ich zu 5 gleichartigen Objecten 7 hinzufüge,
so zähle ich zur Bestimmung der Summe zuerst noch
einmal alle durch, dann bemerke ich, dass ich von 5
gleich weiter zählen kann, und bei mehrmaliger Wieder-
holung solcher Fälle erspare ich mir das Zählen ganz,
und anticipire das bereits bekannte Resultat des
Zählens.
Alle Rechnungsoperationen haben den Zweck, das
directe Zählen zu ersparen, und durch die Resultate
schon vorher vorgenommener Zählprocesse zu ersetzen.
Wir wollen dieselbe Zähloperation nicht öfter wieder-
holen, als es nöthig ist. Schon die vier Species ent-
halten reichliche Belege für die Richtigkeit dieser Auf-
fassung. Dieselbe Tendenz führt aber auch zur Algebra,
welche die formgleichen Zähloperationen, soweit sie
sich unabhängig von dem Werthe der Zahlen ausführen
lassen, ein für allemal darstellt. Aus der Gleichung
[FORMEL] lernen wir z. B., dass die complicirtere Zähloperation
links, sich stets durch die einfachere rechts ersetzen
lässt, was auch x und y für Zahlen sein mögen. Wir
ersparen uns dadurch die complicirtere Operation in
jedem künftigen Fall auszuführen. Mathematik ist die
Methode, neue Zähloperationen soweit als möglich,
und in der sparsamsten Weise durch bereits früher
ausgeführte, also nicht zu wiederholende, zu ersetzen.
Es kann hierbei vorkommen, dass die Resultate von
Operationen verwendet werden, welche vor Jahrhunder-
ten wirklich ausgeführt worden sind.
Anstrengendere Kopfoperationen können oft durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/470>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.