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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Drittes Kapitel.
Die Zusammensetzung der Geschwindigkeiten v5 und
[ph]15[t], [ph]25[t], [ph]35·[t], .... ergibt die neue Anfangsge-
schwindigkeit am Ende der Zeit [t]. Wir lassen nun
ein zweites Zeittheilchen [t] verfliessen und untersuchen
die Bewegung in derselben Weise weiter, indem wir
auf die geänderten räumlichen Beziehungen der Massen
Rücksicht nehmen. Mit jeder andern Masse können wir
auf die gleiche Weise verfahren und sehen also, dass von
einer principiellen Verlegenheit nicht die Rede sein
kann, sondern nur von mathematischen Schwierigkei-
ten, wenn es sich um eine genaue Lösung der Aufgabe in
geschlossenen Ausdrücken, und nicht um eine Verfolgung
des Vorganges von Moment zu Moment handelt. Heben
sich alle Beschleunigungen der Masse m5 oder mehrerer
Massen, so sind m5 oder jene Massen im Gleichgewicht,
und bewegen sich nur gleichförmig mit ihren Anfangs-
geschwindigkeiten. Sind die betreffenden Anfangsge-
schwindigkeiten =o, so besteht für diese Massen
Gleichgewicht und Ruhe.

Wenn mehrere der Massen m1. m2, .... von grösserer
Ausdehnung sind, sodass man nicht von einer Verbin-
dungslinie zwischen je zwei Massen sprechen kann, so
wird die principielle Schwierigkeit nicht grösser. Man
theilt die Massen in genügend kleine Theile, und zieht
die Verbindungslinien zwischen je zwei solchen Theilen.
Man nimmt ferner Rücksicht auf die Wechselbeziehung
der Theile derselben grössern Masse, welche z. B. bei
starren Massen darin besteht, dass diese Theile jeder
Aenderung ihrer Entfernung widerstreben. Bei der
Aenderung der Entfernung zweier Theile beobachtet man
eine der Entfernungsänderung proportionale Beschleu-
nigung. Vergrösserte Entfernungen verkleinern, ver-
kleinerte Entfernungen vergrössern sich wieder infolge
dieser Beschleunigung. Durch die Verschiebung der
Theile gegeneinander werden die bekannten Kräfte der
Elasticität geweckt. Wenn Massen durch den Stoss
zusammentreffen, so treten ihre Elasticitätskräfte erst

Drittes Kapitel.
Die Zusammensetzung der Geschwindigkeiten v5 und
[φ]15[τ], [φ]25[τ], [φ]35·[τ], .... ergibt die neue Anfangsge-
schwindigkeit am Ende der Zeit [τ]. Wir lassen nun
ein zweites Zeittheilchen [τ] verfliessen und untersuchen
die Bewegung in derselben Weise weiter, indem wir
auf die geänderten räumlichen Beziehungen der Massen
Rücksicht nehmen. Mit jeder andern Masse können wir
auf die gleiche Weise verfahren und sehen also, dass von
einer principiellen Verlegenheit nicht die Rede sein
kann, sondern nur von mathematischen Schwierigkei-
ten, wenn es sich um eine genaue Lösung der Aufgabe in
geschlossenen Ausdrücken, und nicht um eine Verfolgung
des Vorganges von Moment zu Moment handelt. Heben
sich alle Beschleunigungen der Masse m5 oder mehrerer
Massen, so sind m5 oder jene Massen im Gleichgewicht,
und bewegen sich nur gleichförmig mit ihren Anfangs-
geschwindigkeiten. Sind die betreffenden Anfangsge-
schwindigkeiten =o, so besteht für diese Massen
Gleichgewicht und Ruhe.

Wenn mehrere der Massen m1. m2, .... von grösserer
Ausdehnung sind, sodass man nicht von einer Verbin-
dungslinie zwischen je zwei Massen sprechen kann, so
wird die principielle Schwierigkeit nicht grösser. Man
theilt die Massen in genügend kleine Theile, und zieht
die Verbindungslinien zwischen je zwei solchen Theilen.
Man nimmt ferner Rücksicht auf die Wechselbeziehung
der Theile derselben grössern Masse, welche z. B. bei
starren Massen darin besteht, dass diese Theile jeder
Aenderung ihrer Entfernung widerstreben. Bei der
Aenderung der Entfernung zweier Theile beobachtet man
eine der Entfernungsänderung proportionale Beschleu-
nigung. Vergrösserte Entfernungen verkleinern, ver-
kleinerte Entfernungen vergrössern sich wieder infolge
dieser Beschleunigung. Durch die Verschiebung der
Theile gegeneinander werden die bekannten Kräfte der
Elasticität geweckt. Wenn Massen durch den Stoss
zusammentreffen, so treten ihre Elasticitätskräfte erst

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[240/0252] Drittes Kapitel. Die Zusammensetzung der Geschwindigkeiten v5 und φ15τ, φ25τ, φ35·τ, .... ergibt die neue Anfangsge- schwindigkeit am Ende der Zeit τ. Wir lassen nun ein zweites Zeittheilchen τ verfliessen und untersuchen die Bewegung in derselben Weise weiter, indem wir auf die geänderten räumlichen Beziehungen der Massen Rücksicht nehmen. Mit jeder andern Masse können wir auf die gleiche Weise verfahren und sehen also, dass von einer principiellen Verlegenheit nicht die Rede sein kann, sondern nur von mathematischen Schwierigkei- ten, wenn es sich um eine genaue Lösung der Aufgabe in geschlossenen Ausdrücken, und nicht um eine Verfolgung des Vorganges von Moment zu Moment handelt. Heben sich alle Beschleunigungen der Masse m5 oder mehrerer Massen, so sind m5 oder jene Massen im Gleichgewicht, und bewegen sich nur gleichförmig mit ihren Anfangs- geschwindigkeiten. Sind die betreffenden Anfangsge- schwindigkeiten =o, so besteht für diese Massen Gleichgewicht und Ruhe. Wenn mehrere der Massen m1. m2, .... von grösserer Ausdehnung sind, sodass man nicht von einer Verbin- dungslinie zwischen je zwei Massen sprechen kann, so wird die principielle Schwierigkeit nicht grösser. Man theilt die Massen in genügend kleine Theile, und zieht die Verbindungslinien zwischen je zwei solchen Theilen. Man nimmt ferner Rücksicht auf die Wechselbeziehung der Theile derselben grössern Masse, welche z. B. bei starren Massen darin besteht, dass diese Theile jeder Aenderung ihrer Entfernung widerstreben. Bei der Aenderung der Entfernung zweier Theile beobachtet man eine der Entfernungsänderung proportionale Beschleu- nigung. Vergrösserte Entfernungen verkleinern, ver- kleinerte Entfernungen vergrössern sich wieder infolge dieser Beschleunigung. Durch die Verschiebung der Theile gegeneinander werden die bekannten Kräfte der Elasticität geweckt. Wenn Massen durch den Stoss zusammentreffen, so treten ihre Elasticitätskräfte erst

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/252>, abgerufen am 23.11.2024.