Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
lassene, sich berührende Körper von ungleicher Tem-
peratur, so können nur grössere Temperaturdifferenzen
im Erinnerungsfelde, mit kleinern im Wahrnehmungs-
felde zusammentreffen, nicht umgekehrt. In allem diesem
spricht sich durchaus nur ein eigenthümlicher tiefgehen-
der Zusammenhang der Dinge aus. Hier aber jetzt
schon vollständige Aufklärung fordern, heisst nach Art
der speculativen Philosophie die Resultate aller künftigen
Specialforschung, also eine vollendete Naturwissen-
schaft, anticipiren wollen.

3. Aehnliche Ansichten, wie über die Zeit entwickelt
Newton über den Raum und die Bewegung. Wir
lassen wieder einige charakteristische Stellen folgen:

"II. Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur
und ohne Beziehung auf einen äussern Gegenstand stets
gleich und unbeweglich.

"Der relative Raum ist ein Maass oder ein beweg-
licher Theil des erstern, welcher von unsern Sinnen, durch
seine Lage gegen andere Körper bezeichnet und gewöhn-
lich für den unbeweglichen Raum genommen wird. -- --

"IV. Die absolute Bewegung ist die Uebertragung
des Körpers von einem absoluten Orte nach einem an-
dern absoluten Orte, die relative Bewegung, die Ueber-
tragung von einem relativen Orte nach einem andern
relativen Orte. -- --

-- -- "So bedienen wir uns, und nicht unpassend,
in menschlichen Dingen statt der absoluten Orte und
Bewegungen der relativen, in der Naturlehre hingegen
muss man von den Sinnen abstrahiren. Es kann
nämlich der Fall sein, dass kein wirklich ruhender
Körper existirt, auf welchen man die Orte und Be-
wegungen beziehen könnte. -- --

"Die wirkenden Ursachen, durch welche absolute und
relative Bewegungen voneinander verschieden sind, sind
die Fliehkräfte von der Axe der Bewegung. Bei einer
nur relativen Kreisbewegung existiren diese Kräfte
nicht, aber sie sind kleiner oder grösser, je nach Ver-
hältniss der Grösse der (absoluten) Bewegung.

14*

Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
lassene, sich berührende Körper von ungleicher Tem-
peratur, so können nur grössere Temperaturdifferenzen
im Erinnerungsfelde, mit kleinern im Wahrnehmungs-
felde zusammentreffen, nicht umgekehrt. In allem diesem
spricht sich durchaus nur ein eigenthümlicher tiefgehen-
der Zusammenhang der Dinge aus. Hier aber jetzt
schon vollständige Aufklärung fordern, heisst nach Art
der speculativen Philosophie die Resultate aller künftigen
Specialforschung, also eine vollendete Naturwissen-
schaft, anticipiren wollen.

3. Aehnliche Ansichten, wie über die Zeit entwickelt
Newton über den Raum und die Bewegung. Wir
lassen wieder einige charakteristische Stellen folgen:

„II. Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur
und ohne Beziehung auf einen äussern Gegenstand stets
gleich und unbeweglich.

„Der relative Raum ist ein Maass oder ein beweg-
licher Theil des erstern, welcher von unsern Sinnen, durch
seine Lage gegen andere Körper bezeichnet und gewöhn-
lich für den unbeweglichen Raum genommen wird. — —

„IV. Die absolute Bewegung ist die Uebertragung
des Körpers von einem absoluten Orte nach einem an-
dern absoluten Orte, die relative Bewegung, die Ueber-
tragung von einem relativen Orte nach einem andern
relativen Orte. — —

— — „So bedienen wir uns, und nicht unpassend,
in menschlichen Dingen statt der absoluten Orte und
Bewegungen der relativen, in der Naturlehre hingegen
muss man von den Sinnen abstrahiren. Es kann
nämlich der Fall sein, dass kein wirklich ruhender
Körper existirt, auf welchen man die Orte und Be-
wegungen beziehen könnte. — —

„Die wirkenden Ursachen, durch welche absolute und
relative Bewegungen voneinander verschieden sind, sind
die Fliehkräfte von der Axe der Bewegung. Bei einer
nur relativen Kreisbewegung existiren diese Kräfte
nicht, aber sie sind kleiner oder grösser, je nach Ver-
hältniss der Grösse der (absoluten) Bewegung.

14*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0223" n="211"/><fw place="top" type="header">Die Entwickelung der Principien der Dynamik.</fw><lb/>
lassene, sich berührende Körper von ungleicher Tem-<lb/>
peratur, so können nur grössere Temperaturdifferenzen<lb/>
im Erinnerungsfelde, mit kleinern im Wahrnehmungs-<lb/>
felde zusammentreffen, nicht umgekehrt. In allem diesem<lb/>
spricht sich durchaus nur ein eigenthümlicher tiefgehen-<lb/>
der Zusammenhang der Dinge aus. Hier aber jetzt<lb/>
schon vollständige Aufklärung fordern, heisst nach Art<lb/>
der speculativen Philosophie die Resultate aller künftigen<lb/>
Specialforschung, also eine vollendete Naturwissen-<lb/>
schaft, anticipiren wollen.</p><lb/>
          <p>3. Aehnliche Ansichten, wie über die Zeit entwickelt<lb/>
Newton über den Raum und die Bewegung. Wir<lb/>
lassen wieder einige charakteristische Stellen folgen:</p><lb/>
          <p>&#x201E;II. Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur<lb/>
und ohne Beziehung auf einen äussern Gegenstand stets<lb/>
gleich und unbeweglich.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Der relative Raum ist ein Maass oder ein beweg-<lb/>
licher Theil des erstern, welcher von unsern Sinnen, durch<lb/>
seine Lage gegen andere Körper bezeichnet und gewöhn-<lb/>
lich für den unbeweglichen Raum genommen wird. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;IV. Die absolute Bewegung ist die Uebertragung<lb/>
des Körpers von einem absoluten Orte nach einem an-<lb/>
dern absoluten Orte, die relative Bewegung, die Ueber-<lb/>
tragung von einem relativen Orte nach einem andern<lb/>
relativen Orte. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x2014; &#x2014; &#x201E;So bedienen wir uns, und nicht unpassend,<lb/>
in menschlichen Dingen statt der <hi rendition="#g">absoluten</hi> Orte und<lb/>
Bewegungen der <hi rendition="#g">relativen</hi>, in der Naturlehre hingegen<lb/>
muss man von den Sinnen abstrahiren. Es kann<lb/>
nämlich der Fall sein, dass kein wirklich ruhender<lb/>
Körper existirt, auf welchen man die Orte und Be-<lb/>
wegungen beziehen könnte. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die wirkenden Ursachen, durch welche absolute und<lb/>
relative Bewegungen voneinander verschieden sind, sind<lb/>
die Fliehkräfte von der Axe der Bewegung. Bei einer<lb/>
nur relativen Kreisbewegung existiren diese Kräfte<lb/>
nicht, aber sie sind kleiner oder grösser, je nach Ver-<lb/>
hältniss der Grösse der (absoluten) Bewegung.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">14*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0223] Die Entwickelung der Principien der Dynamik. lassene, sich berührende Körper von ungleicher Tem- peratur, so können nur grössere Temperaturdifferenzen im Erinnerungsfelde, mit kleinern im Wahrnehmungs- felde zusammentreffen, nicht umgekehrt. In allem diesem spricht sich durchaus nur ein eigenthümlicher tiefgehen- der Zusammenhang der Dinge aus. Hier aber jetzt schon vollständige Aufklärung fordern, heisst nach Art der speculativen Philosophie die Resultate aller künftigen Specialforschung, also eine vollendete Naturwissen- schaft, anticipiren wollen. 3. Aehnliche Ansichten, wie über die Zeit entwickelt Newton über den Raum und die Bewegung. Wir lassen wieder einige charakteristische Stellen folgen: „II. Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen äussern Gegenstand stets gleich und unbeweglich. „Der relative Raum ist ein Maass oder ein beweg- licher Theil des erstern, welcher von unsern Sinnen, durch seine Lage gegen andere Körper bezeichnet und gewöhn- lich für den unbeweglichen Raum genommen wird. — — „IV. Die absolute Bewegung ist die Uebertragung des Körpers von einem absoluten Orte nach einem an- dern absoluten Orte, die relative Bewegung, die Ueber- tragung von einem relativen Orte nach einem andern relativen Orte. — — — — „So bedienen wir uns, und nicht unpassend, in menschlichen Dingen statt der absoluten Orte und Bewegungen der relativen, in der Naturlehre hingegen muss man von den Sinnen abstrahiren. Es kann nämlich der Fall sein, dass kein wirklich ruhender Körper existirt, auf welchen man die Orte und Be- wegungen beziehen könnte. — — „Die wirkenden Ursachen, durch welche absolute und relative Bewegungen voneinander verschieden sind, sind die Fliehkräfte von der Axe der Bewegung. Bei einer nur relativen Kreisbewegung existiren diese Kräfte nicht, aber sie sind kleiner oder grösser, je nach Ver- hältniss der Grösse der (absoluten) Bewegung. 14*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/223
Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/223>, abgerufen am 27.11.2024.