Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
noch unter gewissen Umständen die Masse eines Körpers
nach dem Gewicht geschätzt werden kann. Denken wir
uns einen Körper auf einer Unterlage ruhend, auf
welche er durch sein Gewicht einen Druck ausübt. Es
liegt die Bemerkung nahe, dass 2, 3 solche Körper oder
die Hälfte, ein Drittheil derselben auch den 2-, 3-, 1/2-,
1/3 fachen Druck hervorbringen. Denken wir uns die Fall-
beschleunigung vergrössert, verkleinert oder verschwun-
den, so werden wir erwarten, dass auch der Druck sich
vergrössert, verkleinert oder verschwindet. Wir sehen
also, dass der Gewichtsdruck mit der "Menge der
Materie" und mit der Grösse der Fallbeschleunigung
wächst, abnimmt und verschwindet. Wir fassen den
Druck p in der einfachsten Weise als quantitativ dar-
stellbar durch das Product aus
der Menge der Materie m und der
Fallbeschleunigung g auf, p=mg.
Nehmen wir nun zwei Körper an,
welche beziehungsweise den Ge-
wichtsdruck p, p' ausüben, denen
wir die "Mengen der Materie" m, m'
zuschreiben, und welche den Fall-
[Abbildung] Fig. 127.
beschleunigungen g, g' unterliegen, so ist p=mg und
p'=m'g'. Könnten wir nun nachweisen, dass unab-
hängig von der materiellen (chemischen) Beschaffenheit
an demselben Ort der Erde g=g', so wäre ,
es könnte also die Masse an demselben Orte der Erde
durch das Gewicht gemessen werden.

Die Unabhängigkeit des g von der chemischen Be-
schaffenheit hat Newton durch gleich lange Pendel von
verschiedenem Material constatirt, welche trotzdem
gleiche Schwingungsdauer zeigten. Hierbei hat er
die Störungen durch den Luftwiderstand eingehend be-
rücksichtigt. Man beseitigt den Einfluss desselben, in-
dem man aus verschiedenem Material gleich grosse Pen-
delkugeln anfertigt, deren Gewicht durch Aushöhlen aus-
geglichen ist. Alle Körper können demnach als mit

Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
noch unter gewissen Umständen die Masse eines Körpers
nach dem Gewicht geschätzt werden kann. Denken wir
uns einen Körper auf einer Unterlage ruhend, auf
welche er durch sein Gewicht einen Druck ausübt. Es
liegt die Bemerkung nahe, dass 2, 3 solche Körper oder
die Hälfte, ein Drittheil derselben auch den 2-, 3-, ½-,
⅓fachen Druck hervorbringen. Denken wir uns die Fall-
beschleunigung vergrössert, verkleinert oder verschwun-
den, so werden wir erwarten, dass auch der Druck sich
vergrössert, verkleinert oder verschwindet. Wir sehen
also, dass der Gewichtsdruck mit der „Menge der
Materie‟ und mit der Grösse der Fallbeschleunigung
wächst, abnimmt und verschwindet. Wir fassen den
Druck p in der einfachsten Weise als quantitativ dar-
stellbar durch das Product aus
der Menge der Materie m und der
Fallbeschleunigung g auf, p=mg.
Nehmen wir nun zwei Körper an,
welche beziehungsweise den Ge-
wichtsdruck p, p′ ausüben, denen
wir die „Mengen der Materie‟ m, m′
zuschreiben, und welche den Fall-
[Abbildung] Fig. 127.
beschleunigungen g, g′ unterliegen, so ist p=mg und
p′=m′g′. Könnten wir nun nachweisen, dass unab-
hängig von der materiellen (chemischen) Beschaffenheit
an demselben Ort der Erde g=g′, so wäre ,
es könnte also die Masse an demselben Orte der Erde
durch das Gewicht gemessen werden.

Die Unabhängigkeit des g von der chemischen Be-
schaffenheit hat Newton durch gleich lange Pendel von
verschiedenem Material constatirt, welche trotzdem
gleiche Schwingungsdauer zeigten. Hierbei hat er
die Störungen durch den Luftwiderstand eingehend be-
rücksichtigt. Man beseitigt den Einfluss desselben, in-
dem man aus verschiedenem Material gleich grosse Pen-
delkugeln anfertigt, deren Gewicht durch Aushöhlen aus-
geglichen ist. Alle Körper können demnach als mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0195" n="183"/><fw place="top" type="header">Die Entwickelung der Principien der Dynamik.</fw><lb/>
noch unter gewissen Umständen die Masse eines Körpers<lb/>
nach dem Gewicht geschätzt werden kann. Denken wir<lb/>
uns einen Körper auf einer Unterlage ruhend, auf<lb/>
welche er durch sein Gewicht einen Druck ausübt. Es<lb/>
liegt die Bemerkung nahe, dass 2, 3 solche Körper oder<lb/>
die Hälfte, ein Drittheil derselben auch den 2-, 3-, ½-,<lb/>
&#x2153;fachen Druck hervorbringen. Denken wir uns die Fall-<lb/>
beschleunigung vergrössert, verkleinert oder verschwun-<lb/>
den, so werden wir erwarten, dass auch der Druck sich<lb/>
vergrössert, verkleinert oder verschwindet. Wir <hi rendition="#g">sehen</hi><lb/>
also, dass der Gewichtsdruck mit der &#x201E;Menge der<lb/>
Materie&#x201F; und mit der Grösse der Fallbeschleunigung<lb/>
wächst, abnimmt und verschwindet. Wir fassen den<lb/>
Druck <hi rendition="#i">p</hi> in der einfachsten Weise als quantitativ dar-<lb/>
stellbar durch das Product aus<lb/>
der Menge der Materie <hi rendition="#i">m</hi> und der<lb/>
Fallbeschleunigung <hi rendition="#i">g</hi> auf, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">p=mg</hi></hi>.<lb/>
Nehmen wir nun zwei Körper an,<lb/>
welche beziehungsweise den Ge-<lb/>
wichtsdruck <hi rendition="#i">p, p&#x2032;</hi> ausüben, denen<lb/>
wir die &#x201E;Mengen der Materie&#x201F; <hi rendition="#i">m, m&#x2032;</hi><lb/>
zuschreiben, und welche den Fall-<lb/><figure><head><hi rendition="#i">Fig. 127.</hi></head></figure><lb/>
beschleunigungen <hi rendition="#i">g, g&#x2032;</hi> unterliegen, so ist <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">p=mg</hi></hi> und<lb/><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">p&#x2032;=m&#x2032;g&#x2032;</hi></hi>. Könnten wir nun nachweisen, dass unab-<lb/>
hängig von der materiellen (chemischen) Beschaffenheit<lb/>
an demselben Ort der Erde <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">g=g&#x2032;</hi></hi>, so wäre <formula notation="TeX">\frac{m}{m^\prime}=\frac {p}{p^\prime}</formula>,<lb/>
es könnte also die <hi rendition="#g">Masse</hi> an demselben Orte der Erde<lb/>
durch das <hi rendition="#g">Gewicht gemessen</hi> werden.</p><lb/>
          <p>Die Unabhängigkeit des <hi rendition="#i">g</hi> von der chemischen Be-<lb/>
schaffenheit hat Newton durch gleich lange Pendel von<lb/><hi rendition="#g">verschiedenem</hi> Material constatirt, welche trotzdem<lb/><hi rendition="#g">gleiche</hi> Schwingungsdauer zeigten. Hierbei hat er<lb/>
die Störungen durch den Luftwiderstand eingehend be-<lb/>
rücksichtigt. Man beseitigt den Einfluss desselben, in-<lb/>
dem man aus verschiedenem Material gleich grosse Pen-<lb/>
delkugeln anfertigt, deren Gewicht durch Aushöhlen aus-<lb/>
geglichen ist. Alle Körper können demnach als mit<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0195] Die Entwickelung der Principien der Dynamik. noch unter gewissen Umständen die Masse eines Körpers nach dem Gewicht geschätzt werden kann. Denken wir uns einen Körper auf einer Unterlage ruhend, auf welche er durch sein Gewicht einen Druck ausübt. Es liegt die Bemerkung nahe, dass 2, 3 solche Körper oder die Hälfte, ein Drittheil derselben auch den 2-, 3-, ½-, ⅓fachen Druck hervorbringen. Denken wir uns die Fall- beschleunigung vergrössert, verkleinert oder verschwun- den, so werden wir erwarten, dass auch der Druck sich vergrössert, verkleinert oder verschwindet. Wir sehen also, dass der Gewichtsdruck mit der „Menge der Materie‟ und mit der Grösse der Fallbeschleunigung wächst, abnimmt und verschwindet. Wir fassen den Druck p in der einfachsten Weise als quantitativ dar- stellbar durch das Product aus der Menge der Materie m und der Fallbeschleunigung g auf, p=mg. Nehmen wir nun zwei Körper an, welche beziehungsweise den Ge- wichtsdruck p, p′ ausüben, denen wir die „Mengen der Materie‟ m, m′ zuschreiben, und welche den Fall- [Abbildung Fig. 127.] beschleunigungen g, g′ unterliegen, so ist p=mg und p′=m′g′. Könnten wir nun nachweisen, dass unab- hängig von der materiellen (chemischen) Beschaffenheit an demselben Ort der Erde g=g′, so wäre [FORMEL], es könnte also die Masse an demselben Orte der Erde durch das Gewicht gemessen werden. Die Unabhängigkeit des g von der chemischen Be- schaffenheit hat Newton durch gleich lange Pendel von verschiedenem Material constatirt, welche trotzdem gleiche Schwingungsdauer zeigten. Hierbei hat er die Störungen durch den Luftwiderstand eingehend be- rücksichtigt. Man beseitigt den Einfluss desselben, in- dem man aus verschiedenem Material gleich grosse Pen- delkugeln anfertigt, deren Gewicht durch Aushöhlen aus- geglichen ist. Alle Körper können demnach als mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/195
Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/195>, abgerufen am 03.05.2024.