Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.Die Entwickelung der Principien der Dynamik. 7. Betreffend den Begriff "Masse" bemerken wir zu- 8. Zahlreiche Erfahrungen, von welchen eine hin- seiner Masse und umgekehrt unser Meer gegen den Mond
schwer; hat man ferner durch Versuche und astronomische Beobachtungen erkannt, dass alle Planeten wechselseitig gegeneinander und die Cometen gegen die Sonne schwer sind; so muss man nach dieser Regel behaupten, dass alle Körper gegeneinander schwer sind. "4. Regel. In der Experimentalphysik muss man die, aus den Erscheinungen durch Induction geschlossenen Sätze, wenn nicht entgegengesetzte Voraussetzungen vorhanden sind, entweder genau oder sehr nahe für wahr halten, bis andere Erscheinungen eintreten, durch welche sie entweder grössere Genauigkeit erlangen, oder Ausnahmen unterworfen werden. "Dies muss geschehen, damit nicht das Argument der In- duction durch Hypothesen aufgehoben werde." Die Entwickelung der Principien der Dynamik. 7. Betreffend den Begriff „Masse‟ bemerken wir zu- 8. Zahlreiche Erfahrungen, von welchen eine hin- seiner Masse und umgekehrt unser Meer gegen den Mond
schwer; hat man ferner durch Versuche und astronomische Beobachtungen erkannt, dass alle Planeten wechselseitig gegeneinander und die Cometen gegen die Sonne schwer sind; so muss man nach dieser Regel behaupten, dass alle Körper gegeneinander schwer sind. „4. Regel. In der Experimentalphysik muss man die, aus den Erscheinungen durch Induction geschlossenen Sätze, wenn nicht entgegengesetzte Voraussetzungen vorhanden sind, entweder genau oder sehr nahe für wahr halten, bis andere Erscheinungen eintreten, durch welche sie entweder grössere Genauigkeit erlangen, oder Ausnahmen unterworfen werden. „Dies muss geschehen, damit nicht das Argument der In- duction durch Hypothesen aufgehoben werde.‟ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0193" n="181"/> <fw place="top" type="header">Die Entwickelung der Principien der Dynamik.</fw><lb/> <p>7. Betreffend den Begriff „<hi rendition="#g">Masse</hi>‟ bemerken wir zu-<lb/> nächst, dass die von Newton gegebene Formulirung,<lb/> welche die Masse als die durch das Product des Volu-<lb/> mens und der Dichte bestimmte <hi rendition="#g">Quantität der Materie</hi><lb/> eines Körpers bezeichnet, unglücklich ist. Da wir die<lb/> Dichte doch nur definiren können, als die Masse der<lb/> Volumseinheit, so ist der Cirkel offenbar. Newton hat<lb/> deutlich gefühlt, dass jedem Körper ein quantitatives<lb/> von seinem Gewicht verschiedenes bewegungsbestimmen-<lb/> des Merkmal anhaftet, welches wir mit ihm Masse<lb/> nennen, es ist ihm aber nicht gelungen diese Erkenntniss<lb/> in correcter Weise auszusprechen. Wir kommen noch-<lb/> mals auf diesen Punkt zurück, und wollen hier vor-<lb/> läufig nur Folgendes bemerken.</p><lb/> <p>8. Zahlreiche Erfahrungen, von welchen eine hin-<lb/> reichende Menge Newton zur Verfügung stand, lehren<lb/> deutlich die Existenz eines vom Gewichte verschiedenen<lb/><hi rendition="#g">bewegungsbestimmenden Merkmals</hi>. Bindet man<lb/> ein Schwungrad an ein Seil, und versucht es über eine<lb/> Rolle in die Höhe zu ziehen, so empfindet man das<lb/><hi rendition="#g">Gewicht</hi> des Schwungrades. Wird aber das Schwung-<lb/> rad auf eine möglichst cylindrische und glatte Axe ge-<lb/> gesetzt, und möglichst gut äquilibrirt, so nimmt es ver-<lb/><note xml:id="b192" prev="#a192" place="foot" n="1">seiner Masse und umgekehrt unser Meer gegen den Mond<lb/> schwer; hat man ferner durch Versuche und astronomische<lb/> Beobachtungen erkannt, dass alle Planeten wechselseitig<lb/> gegeneinander und die Cometen gegen die Sonne schwer sind;<lb/> so muss man nach dieser Regel behaupten, dass alle Körper<lb/> gegeneinander schwer sind.<lb/> „4. <hi rendition="#g">Regel.</hi> In der Experimentalphysik muss man die,<lb/> aus den Erscheinungen durch Induction geschlossenen Sätze,<lb/> wenn nicht entgegengesetzte Voraussetzungen vorhanden<lb/> sind, entweder genau oder sehr nahe für wahr halten, bis<lb/> andere Erscheinungen eintreten, durch welche sie entweder<lb/> grössere Genauigkeit erlangen, oder Ausnahmen unterworfen<lb/> werden.<lb/> „Dies muss geschehen, damit nicht das Argument der In-<lb/> duction durch Hypothesen aufgehoben werde.‟</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0193]
Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
7. Betreffend den Begriff „Masse‟ bemerken wir zu-
nächst, dass die von Newton gegebene Formulirung,
welche die Masse als die durch das Product des Volu-
mens und der Dichte bestimmte Quantität der Materie
eines Körpers bezeichnet, unglücklich ist. Da wir die
Dichte doch nur definiren können, als die Masse der
Volumseinheit, so ist der Cirkel offenbar. Newton hat
deutlich gefühlt, dass jedem Körper ein quantitatives
von seinem Gewicht verschiedenes bewegungsbestimmen-
des Merkmal anhaftet, welches wir mit ihm Masse
nennen, es ist ihm aber nicht gelungen diese Erkenntniss
in correcter Weise auszusprechen. Wir kommen noch-
mals auf diesen Punkt zurück, und wollen hier vor-
läufig nur Folgendes bemerken.
8. Zahlreiche Erfahrungen, von welchen eine hin-
reichende Menge Newton zur Verfügung stand, lehren
deutlich die Existenz eines vom Gewichte verschiedenen
bewegungsbestimmenden Merkmals. Bindet man
ein Schwungrad an ein Seil, und versucht es über eine
Rolle in die Höhe zu ziehen, so empfindet man das
Gewicht des Schwungrades. Wird aber das Schwung-
rad auf eine möglichst cylindrische und glatte Axe ge-
gesetzt, und möglichst gut äquilibrirt, so nimmt es ver-
1
1 seiner Masse und umgekehrt unser Meer gegen den Mond
schwer; hat man ferner durch Versuche und astronomische
Beobachtungen erkannt, dass alle Planeten wechselseitig
gegeneinander und die Cometen gegen die Sonne schwer sind;
so muss man nach dieser Regel behaupten, dass alle Körper
gegeneinander schwer sind.
„4. Regel. In der Experimentalphysik muss man die,
aus den Erscheinungen durch Induction geschlossenen Sätze,
wenn nicht entgegengesetzte Voraussetzungen vorhanden
sind, entweder genau oder sehr nahe für wahr halten, bis
andere Erscheinungen eintreten, durch welche sie entweder
grössere Genauigkeit erlangen, oder Ausnahmen unterworfen
werden.
„Dies muss geschehen, damit nicht das Argument der In-
duction durch Hypothesen aufgehoben werde.‟
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |