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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Zweites Kapitel.
ab, so finden wir einen Punkt, der in der Verbindung
mit den übrigen dieselbe Schwingungsdauer beibehält, die
er für sich allein hätte. Dieser Punkt ist der Schwingungs-
mittelpunkt. Mersenne hat zuerst die Aufgabe gestellt, den
Schwingungsmittelpunkt zu bestimmen. Descartes' Auf-
lösung derselben war aber überstürzt und unzureichend.

17. Huyghens hat zuerst eine allgemeine Lösung ge-
geben. Ausser Huyghens haben sich fast alle bedeu-
tenden Naturforscher der damaligen Zeit mit dieser
Aufgabe beschäftigt, und man kann sagen, dass sich
die wichtigsten Principien der modernen Mechanik an
derselben entwickelt haben.

Der neue Gedanke, von welchem Huyghens ausgeht,
und der weitaus wichtiger ist als die ganze Aufgabe,
ist folgender. In welcher Weise auch die Massen eines
Pendels ihre Bewegung gegenseitig abändern mögen,
auf jeden Fall werden die bei der Abwärtsbewegung
des Pendels erlangten Geschwindigkeiten nur solche
sein können, durch welche der Schwerpunkt der Massen,
ob sie verbunden bleiben, oder ihre Verbindungen auf-
gelöst werden, gerade nur so hoch steigen kann, als er
herabgefallen ist. Durch die Zweifel der Zeitgenossen
an der Richtigkeit dieses Princips sah sich Huyghens
veranlasst zu bemerken, dass damit nur angenommen sei,
dass die schweren Körper sich nicht von selbst auf-
wärts bewegen. Könnte der Schwerpunkt in Verbindung
fallender Massen nach der Auflösung der Verbindungen
höher steigen, als er gesunken ist, so liessen sich schwere
Körper durch Wiederholung des Processes durch ihr
eigenes Gewicht beliebig hoch erheben. Würde der
Schwerpunkt nach Auflösung der Verbindungen sich
nur zu einer geringern Höhe erheben, als er herabge-
fallen ist, so brauchte man den Sinn des Processes nur
umzukehren, um abermals die schweren Körper durch
ihr eigenes Gewicht beliebig zu erheben. Was also
Huyghens behauptet, hat eigentlich nie jemand bezwei-
felt, im Gegentheil jeder instinctiv erkannt. Huyghens
hat aber diese instinctive Erkenntniss begrifflich ver-

Zweites Kapitel.
ab, so finden wir einen Punkt, der in der Verbindung
mit den übrigen dieselbe Schwingungsdauer beibehält, die
er für sich allein hätte. Dieser Punkt ist der Schwingungs-
mittelpunkt. Mersenne hat zuerst die Aufgabe gestellt, den
Schwingungsmittelpunkt zu bestimmen. Descartes’ Auf-
lösung derselben war aber überstürzt und unzureichend.

17. Huyghens hat zuerst eine allgemeine Lösung ge-
geben. Ausser Huyghens haben sich fast alle bedeu-
tenden Naturforscher der damaligen Zeit mit dieser
Aufgabe beschäftigt, und man kann sagen, dass sich
die wichtigsten Principien der modernen Mechanik an
derselben entwickelt haben.

Der neue Gedanke, von welchem Huyghens ausgeht,
und der weitaus wichtiger ist als die ganze Aufgabe,
ist folgender. In welcher Weise auch die Massen eines
Pendels ihre Bewegung gegenseitig abändern mögen,
auf jeden Fall werden die bei der Abwärtsbewegung
des Pendels erlangten Geschwindigkeiten nur solche
sein können, durch welche der Schwerpunkt der Massen,
ob sie verbunden bleiben, oder ihre Verbindungen auf-
gelöst werden, gerade nur so hoch steigen kann, als er
herabgefallen ist. Durch die Zweifel der Zeitgenossen
an der Richtigkeit dieses Princips sah sich Huyghens
veranlasst zu bemerken, dass damit nur angenommen sei,
dass die schweren Körper sich nicht von selbst auf-
wärts bewegen. Könnte der Schwerpunkt in Verbindung
fallender Massen nach der Auflösung der Verbindungen
höher steigen, als er gesunken ist, so liessen sich schwere
Körper durch Wiederholung des Processes durch ihr
eigenes Gewicht beliebig hoch erheben. Würde der
Schwerpunkt nach Auflösung der Verbindungen sich
nur zu einer geringern Höhe erheben, als er herabge-
fallen ist, so brauchte man den Sinn des Processes nur
umzukehren, um abermals die schweren Körper durch
ihr eigenes Gewicht beliebig zu erheben. Was also
Huyghens behauptet, hat eigentlich nie jemand bezwei-
felt, im Gegentheil jeder instinctiv erkannt. Huyghens
hat aber diese instinctive Erkenntniss begrifflich ver-

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[162/0174] Zweites Kapitel. ab, so finden wir einen Punkt, der in der Verbindung mit den übrigen dieselbe Schwingungsdauer beibehält, die er für sich allein hätte. Dieser Punkt ist der Schwingungs- mittelpunkt. Mersenne hat zuerst die Aufgabe gestellt, den Schwingungsmittelpunkt zu bestimmen. Descartes’ Auf- lösung derselben war aber überstürzt und unzureichend. 17. Huyghens hat zuerst eine allgemeine Lösung ge- geben. Ausser Huyghens haben sich fast alle bedeu- tenden Naturforscher der damaligen Zeit mit dieser Aufgabe beschäftigt, und man kann sagen, dass sich die wichtigsten Principien der modernen Mechanik an derselben entwickelt haben. Der neue Gedanke, von welchem Huyghens ausgeht, und der weitaus wichtiger ist als die ganze Aufgabe, ist folgender. In welcher Weise auch die Massen eines Pendels ihre Bewegung gegenseitig abändern mögen, auf jeden Fall werden die bei der Abwärtsbewegung des Pendels erlangten Geschwindigkeiten nur solche sein können, durch welche der Schwerpunkt der Massen, ob sie verbunden bleiben, oder ihre Verbindungen auf- gelöst werden, gerade nur so hoch steigen kann, als er herabgefallen ist. Durch die Zweifel der Zeitgenossen an der Richtigkeit dieses Princips sah sich Huyghens veranlasst zu bemerken, dass damit nur angenommen sei, dass die schweren Körper sich nicht von selbst auf- wärts bewegen. Könnte der Schwerpunkt in Verbindung fallender Massen nach der Auflösung der Verbindungen höher steigen, als er gesunken ist, so liessen sich schwere Körper durch Wiederholung des Processes durch ihr eigenes Gewicht beliebig hoch erheben. Würde der Schwerpunkt nach Auflösung der Verbindungen sich nur zu einer geringern Höhe erheben, als er herabge- fallen ist, so brauchte man den Sinn des Processes nur umzukehren, um abermals die schweren Körper durch ihr eigenes Gewicht beliebig zu erheben. Was also Huyghens behauptet, hat eigentlich nie jemand bezwei- felt, im Gegentheil jeder instinctiv erkannt. Huyghens hat aber diese instinctive Erkenntniss begrifflich ver-

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/174>, abgerufen am 26.11.2024.