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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Zweites Kapitel.
experimentell prüfen, und dies hat Galilei in der sofort
zu beschreibenden Art ausgeführt.

Wir müssen zuvor bemerken, dass damals alle die
Kenntnisse und Begriffe, die uns jetzt geläufig sind,
nicht vorhanden waren, sondern dass Galilei dieselben
erst für uns entwickeln musste. Demnach konnte er
nicht so verfahren, wie wir es heute thun, sondern er
musste einen andern Weg einschlagen. Er strebte zu-
erst die Fallbewegung zu verlangsamen, um sie genauer
beobachten zu können. Er beobachtete Kugeln, die auf
einer schiefen Ebene (Fallrinne) herabrollten, indem
er annahm, dass nur die Geschwindigkeit der Bewegung
hierbei verringert, die Form des Fallgesetzes aber nicht
alterirt werde. Wurden vom obern Ende der Fallrinne
an die Längen 1, 4, 9, 16 ... abgeschnitten, so sollten
die zugehörigen Fallzeiten durch die Zahlen 1, 2, 3,
4 .... dargestellt werden, was sich auch bestätigte. Die
Beobachtung dieser Zeiten hat Galilei auf eine höchst
sinnreiche Weise ausgeführt. Uhren von der heutigen
Form gab es damals nicht, diese sind erst durch die
von Galilei begründeten dynamischen Kenntnisse mög-
lich geworden. Die mechanischen Uhren, die gebraucht
wurden, waren sehr ungenau, und nur zur Messung
grösserer Zeiträume brauchbar. Ausserdem waren meist
Wasser- und Sanduhren im Gebrauch, wie sie von den
Alten überliefert worden waren. Galilei stellte nun
eine solche Uhr in der einfachsten Weise her und
richtete sie zur Messung kleiner Zeiträume besonders
ein, was damals nicht üblich war. Sie bestand aus
einem Wassergefäss von grossem Querschnitte mit einer
feinen Bodenöffnung, die durch den Finger verschlossen
wurde. Sobald die Kugel auf der schiefen Ebene ihre
Bewegung begann, öffnete er das Gefäss, und liess das
Wasser auf eine Wage ausfliessen; kam sie am Ende
der Bahn an, so schloss er es. Da sich die Druckhöhe
der Flüssigkeit wegen des grossen Querschnittes nicht
merklich änderte, so waren die ausgeflossenen Wasser-
gewichte proportional der Zeit. Es zeigte sich hierbei

Zweites Kapitel.
experimentell prüfen, und dies hat Galilei in der sofort
zu beschreibenden Art ausgeführt.

Wir müssen zuvor bemerken, dass damals alle die
Kenntnisse und Begriffe, die uns jetzt geläufig sind,
nicht vorhanden waren, sondern dass Galilei dieselben
erst für uns entwickeln musste. Demnach konnte er
nicht so verfahren, wie wir es heute thun, sondern er
musste einen andern Weg einschlagen. Er strebte zu-
erst die Fallbewegung zu verlangsamen, um sie genauer
beobachten zu können. Er beobachtete Kugeln, die auf
einer schiefen Ebene (Fallrinne) herabrollten, indem
er annahm, dass nur die Geschwindigkeit der Bewegung
hierbei verringert, die Form des Fallgesetzes aber nicht
alterirt werde. Wurden vom obern Ende der Fallrinne
an die Längen 1, 4, 9, 16 … abgeschnitten, so sollten
die zugehörigen Fallzeiten durch die Zahlen 1, 2, 3,
4 .... dargestellt werden, was sich auch bestätigte. Die
Beobachtung dieser Zeiten hat Galilei auf eine höchst
sinnreiche Weise ausgeführt. Uhren von der heutigen
Form gab es damals nicht, diese sind erst durch die
von Galilei begründeten dynamischen Kenntnisse mög-
lich geworden. Die mechanischen Uhren, die gebraucht
wurden, waren sehr ungenau, und nur zur Messung
grösserer Zeiträume brauchbar. Ausserdem waren meist
Wasser- und Sanduhren im Gebrauch, wie sie von den
Alten überliefert worden waren. Galilei stellte nun
eine solche Uhr in der einfachsten Weise her und
richtete sie zur Messung kleiner Zeiträume besonders
ein, was damals nicht üblich war. Sie bestand aus
einem Wassergefäss von grossem Querschnitte mit einer
feinen Bodenöffnung, die durch den Finger verschlossen
wurde. Sobald die Kugel auf der schiefen Ebene ihre
Bewegung begann, öffnete er das Gefäss, und liess das
Wasser auf eine Wage ausfliessen; kam sie am Ende
der Bahn an, so schloss er es. Da sich die Druckhöhe
der Flüssigkeit wegen des grossen Querschnittes nicht
merklich änderte, so waren die ausgeflossenen Wasser-
gewichte proportional der Zeit. Es zeigte sich hierbei

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[122/0134] Zweites Kapitel. experimentell prüfen, und dies hat Galilei in der sofort zu beschreibenden Art ausgeführt. Wir müssen zuvor bemerken, dass damals alle die Kenntnisse und Begriffe, die uns jetzt geläufig sind, nicht vorhanden waren, sondern dass Galilei dieselben erst für uns entwickeln musste. Demnach konnte er nicht so verfahren, wie wir es heute thun, sondern er musste einen andern Weg einschlagen. Er strebte zu- erst die Fallbewegung zu verlangsamen, um sie genauer beobachten zu können. Er beobachtete Kugeln, die auf einer schiefen Ebene (Fallrinne) herabrollten, indem er annahm, dass nur die Geschwindigkeit der Bewegung hierbei verringert, die Form des Fallgesetzes aber nicht alterirt werde. Wurden vom obern Ende der Fallrinne an die Längen 1, 4, 9, 16 … abgeschnitten, so sollten die zugehörigen Fallzeiten durch die Zahlen 1, 2, 3, 4 .... dargestellt werden, was sich auch bestätigte. Die Beobachtung dieser Zeiten hat Galilei auf eine höchst sinnreiche Weise ausgeführt. Uhren von der heutigen Form gab es damals nicht, diese sind erst durch die von Galilei begründeten dynamischen Kenntnisse mög- lich geworden. Die mechanischen Uhren, die gebraucht wurden, waren sehr ungenau, und nur zur Messung grösserer Zeiträume brauchbar. Ausserdem waren meist Wasser- und Sanduhren im Gebrauch, wie sie von den Alten überliefert worden waren. Galilei stellte nun eine solche Uhr in der einfachsten Weise her und richtete sie zur Messung kleiner Zeiträume besonders ein, was damals nicht üblich war. Sie bestand aus einem Wassergefäss von grossem Querschnitte mit einer feinen Bodenöffnung, die durch den Finger verschlossen wurde. Sobald die Kugel auf der schiefen Ebene ihre Bewegung begann, öffnete er das Gefäss, und liess das Wasser auf eine Wage ausfliessen; kam sie am Ende der Bahn an, so schloss er es. Da sich die Druckhöhe der Flüssigkeit wegen des grossen Querschnittes nicht merklich änderte, so waren die ausgeflossenen Wasser- gewichte proportional der Zeit. Es zeigte sich hierbei

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/134>, abgerufen am 24.11.2024.